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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Kitty Sewell
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der Größe meines Penis habe.«
    Madeleine fand schließlich eine Literflasche mit Lagerbier im Gemüsefach. Sie hatte vor ein paar Tagen die Hälfte davon getrunken, aber egal, der Verschluss war schließlich fest zugedreht. Mit leichter Schadenfreude, aber auch mit dem Bangen, ertappt zu werden, das man empfindet, wenn ein argloser Gast in der Bettwäsche seines Vorgängers schläft, goss sie das schale Bier in ein hohes Glas und brachte es ihm.
    »Ich habe dich nicht verstanden«, meinte sie, als sie das Bier vor ihn auf den Tisch stellte. »Was ist mit der Größe deines Penis?«
    »Du Miststück«, knurrte er und wollte sie am Arm packen. »Komm her, dann kannst du ihn begutachten.«
    Sie entzog sich seinem Griff und setzte sich in den gegenüberliegenden Sessel. Gordons Augen funkelten verführerisch. Sie lachte und fragte sich, ob sie mit ihm oder über ihn lachte. Obwohl sie seit fast achtzehn Monaten mit diesem Mann schlief, konnte sie ihn nicht hundertprozentig ernst nehmen. Der Begriff »Lustknabe« kam ihr häufiger in den Sinn als normal zu sein schien. War das ihm gegenüber wirklich fair?
    Sie beobachtete, wie seine Hand nach dem Glas griff. Er hob es hoch und warf einen anerkennenden Blick auf die dunkelgoldene Flüssigkeit. Mit gespitzten Lippen trank er einen ersten testenden Schluck. Eine Sekunde verstrich, dann brüllte er angewidert auf. Gordon hielt sich für einen Feinschmecker in Sachen Bier, und sie hatte ihn bewusst empörend behandelt. Stets zu einer kleinen Selbstanalyse bereit, fragte sie sich: Und was hat dich nun daran befriedigt?
    Trotz des eiskalten Regens gingen sie zu Fuß und schlenderten am schwarzen, unbewegten Wasser des Kanals entlang. An der Stelle, wo er in den Fluss mündete, stand eine majestätisch ausladende Trauerweide am Ufer, deren Äste bis ins Wasser hingen. Gordon nahm Madeleine wie schon so oft unter ihrem Blätterdach in den Arm und küsste sie leidenschaftlich.
    »Du Gewohnheitstier«, flüsterte sie. Aber als sie sah, wie sich seine Mundwinkel senkten, bereute sie, ihn geneckt zu haben. Gordon konnte impulsiv sein und hatte einen sarkastischen Humor – allerdings nicht, wenn er selbst die Zielscheibe eines Scherzes war.
    »So viel zum Thema Romantik«, gab er zurück, hakte sich bei ihr ein, zog sie energisch über die eiserne Fußgängerbrücke, die den Fluss überspannte, und führte sie dann durch die Steinbögen, hinter denen sich die Innenstadt ausbreitete.
    Sie hatte sich für das neue Fischrestaurant neben der Poulteney Bridge entschieden. Das alte Gebäude neigte sich gefährlich dem Fluss zu und wirkte durch die Menschenmenge, die sich im Restaurant des oberen Stockwerks drängte, noch kopflastiger. Man führte Gordon und Madeleine zum letzten freien Tisch. Er lag alles andere als abgeschieden, nämlich dort, wo sich der Durchgang zur Herrentoilette mit dem Weg in die Küche kreuzte. Als sie erst einmal saßen, schien es zu spät zu sein, sich noch einmal anders zu entscheiden. Gordon stellte normalerweise hohe Ansprüche an die Speisen, die er essen, und an das Umfeld, in dem er sie zu sich nehmen wollte, aber heute Abend schien ihm all das gleichgültig zu sein. Außerdem blickte er immer wieder auf seine Uhr.
    »Hast du's eilig?«, fragte sie und versuchte, fröhlich zu klingen.
    Seine Augen verengten sich. »Natürlich nicht.«
    Sie vermieden es, sich anzusehen.
    »Was hast du gemacht?«, fragte sie nach einer Pause.
    Er drehte sich, ein wenig zu hastig, zu ihr hin. »Was meinst du damit?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Die Frage muss wohl kaum erläutert werden, Gordon. Ich habe dich neun Tage lang nicht gesehen.«
    Sein Gesicht entspannte sich, und er lächelte reumütig. »Im Augenblick bin ich vor allem im Labor. Ich sehe mir an, was wir bei der Ausgrabung am Southgate gefunden haben. Du kennst mich. Ich bin lieber bei einer Grabung im Freien und auf allen vieren. Wie letztes Jahr um diese Zeit.«
    Sie nickte und erinnerte sich an seine Aufregung, als er einen Schusterladen und in ihm eine große Auswahl zweitausend Jahre alter römischer Schuhe gefunden hatte; außerdem die Werkzeuge zu ihrer Herstellung sowie andere Bekleidungsstücke aus Leder. All das hatte sich in einer mit Wasser vollgelaufenen Grube er halten, die im undurchlässigen blaugrauen Liaston direkt in der Stadtmitte ausgehoben worden war. Gordon hatte einen brillanten Artikel über römisches Schuhwerk geschrieben und war für mehrere Vorlesungen in die Vereinigten Staaten
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