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Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Titel: Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
Autoren: Kendra Leigh Castle
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Duft, den Lilys Haut verströmte, seinen ewigen Hunger rasch wieder entfachte. Dass er sich satt getrunken hatte, änderte nichts an der seltsamen Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte.
    Allmählich wünschte er sich, er hätte sie nicht so schnell gefunden, hier in dem kleinen, alten viktorianischen Haus in der Nähe des College, an dem sie unterrichtete. Aber sie war ganz leicht aufzuspüren gewesen. Einen Moment lang tat sie ihm leid, weil er ihr Leben bald komplett auf den Kopf stellen würde – unabhängig davon, wie lange dieses Leben noch dauern würde.
    Lily bewegte sich im Schlaf und seufzte tief, als wolle sie ihm zustimmen. Sie lag auf der Seite und hatte die Knie unter der Steppdecke hochgezogen, sodass ihr Körper ein S formte. Die zarten Hände hatte sie unter das Kinn gestemmt, und ihr dichtes, glänzendes Haar, das er im Mondlicht so sehr bewundert hatte, hob sich blutrot von ihrem weißen Kissen ab. Ihre langen Wimpern ruhten übereinander, und ihre Lippen, die er die ganze Nacht vergeblich zu vergessen versucht hatte, waren leicht geöffnet.
    Wie schön sie ist , dachte Tynan mit einem ihm bisher unbekannten Gefühl, das immer stärker wurde. Und er musste eine Möglichkeit finden, sie so schnell wie möglich mitzunehmen. Dass er sie verraten würde, ihr vermutlich auch wehtun würde, war unvermeidlich. Dagegen würde er sich nicht groß auflehnen. Wenn er nicht tat, was man ihm befahl, würde er sterben, und dazu war er nicht bereit.
    Bevor ihm bewusst wurde, was er da tat, hatte er schon mit einem seiner langen, schlanken Finger über Lilys nackte Schulter gestrichen. Ihre helle Haut war genauso weich, wie sie aussah. Die sanfte Berührung ging ihm durch und durch und weckte etwas in ihm, das ihm nur hinderlich sein konnte. Auch Lily durchlief ein Schauder, als würde sie spüren, welche Wendung seine Gedanken nahmen.
    Er wollte sie. Aber Lily war ihm – wie so vieles andere – jetzt verboten.
    Vorsichtig strich Ty die Haare von ihrem Schlüsselbein weg und beugte sich so nah zu ihr hinunter, wie das möglich war, ohne sie aufzuwecken. Eigentlich wollte er es gar nicht sehen – es war, als wüsste ein Teil von ihm, dass er sich vorhin nicht getäuscht hatte.
    Ein hellgrünes Pentagramm, um das sich eine einzelne Schlange wand, glitzerte schwach in der Dunkelheit.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, rieb Ty über sein eigenes Mal, das schwarze keltische Knäuel aus Katzen, verwoben mit dem Anch, dem ägyptischen Kreuz der Ptolemy. Als die Königin ihn ausgewählt hatte, hatte sie ihn eigenhändig gebrandmarkt, indem sie ihm einen einzigen Tropfen ihres Bluts auf die Zunge geträufelt hatte. Sie war so alt und so mächtig, dass ein Tropfen ausgereicht hatte, damit sich das Anch der Ptolemy in sein ursprüngliches Mal mit hineinmischte und ihn für immer als Diener und Sklaven kennzeichnete.
    Jetzt war er die glücklichste und bemitleidenswerteste aller Katzen.
    Blut ist gleich Schicksal , dachte Ty. Das Glaubensbekenntnis der Vampire. Von dem Moment an, in dem man gezeugt wurde, bestimmte das Mal den Weg: das Leben, das man führte, die Kreise, in denen man sich bewegte. Der Platz, den man im Reich der Nacht einnahm, war so festgelegt und starr wie der der Sonne, die er niemals wiedersehen würde.
    Er hatte nicht mehr den geringsten Zweifel. Lily Quinn trug solch ein Mal. Aber wieso und warum und was es bedeutete, musste er unbedingt herausfinden, bevor er sie in die Höhle der Löwin schleppte. Er würde nicht riskieren, sich Arsinöes Zorn zuzuziehen – nicht jetzt, wo er wusste, wie viel auf dem Spiel stand.
    Ich werde nicht zulassen, dass diese Frau in Stücke gerissen wird, nur weil ich einen Fehler gemacht habe.
    Das war ein dummer Gedanke, der sich da ungebeten in seinen Kopf schlich, und den er – ein wenig peinlich berührt – sofort beiseiteschob. Dass Lily Quinn von einer wütenden Königin in Stücke gerissen wurde, war im Moment die geringste seiner Sorgen. Und er würde weiß Gott nie wieder versuchen, einen Menschen zu beschützen. Das war beim letzten Mal nicht gerade gut ausgegangen.
    Ty legte Lilys Haar wieder über das Mal und warf rasch einen Blick aus dem Fenster hinter ihm. Er spürte nichts, aber solange er nicht wusste, was das Mal bedeutete, würde er kein Risiko eingehen. Er kannte die Male der Dynastien und die der Unterschichten, die ihnen dienten, genauso wie die Male, mit denen die elenden Nachtkriecher gekennzeichnet waren, die sich am Rand der Gesellschaft
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