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Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Titel: Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
Autoren: Kendra Leigh Castle
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hätte. Bis zu einem gewissen Grad würde sich die Königin Widerspruch von ihm gefallen lassen, aber er durfte nicht zu weit gehen – und er war sich plötzlich nicht mehr sicher, wo für ihn die Grenze lag.
    »Ich habe einen Jäger losgeschickt«, fuhr sie ihn an. »Und Monate später – unzählige wertvolle Leben später – stehe ich noch immer mit leeren Händen da. Für manche Aufgaben sind Blaublütige einfach besser geeignet, Tynan. Und allmählich glaube ich, in diesem Fall trifft das auch zu.«
    Seine Kehle schmerzte von all den Worten, die er ihr am liebsten an den Kopf geworfen und für die man ihn sofort umgebracht hätte, wenn ein Blaublütler anwesend gewesen wäre – egal, wer dieser Blaublütler war. Aber er hatte diese Welt nicht geschaffen, rief er sich ins Gedächtnis. Er konnte nur zusehen, dass er in ihr überlebte. Und das würde er auch weiterhin, egal was für unsägliche Dämpfer dies für die Überreste seines Stolzes bedeuten würde.
    »Wie lange gebt Ihr mir noch, Hoheit?«, fragte er mit rauer Stimme. Diese offizielle Anrede, die er schon seit vielen Jahren nicht mehr benutzt hatte, schien sie endlich zu berühren.
    »Eine Woche, Tynan«, sagte sie leise, um dann mit einer Wärme, die er während des gesamten Gesprächs vermisst hatte, hinzuzufügen: »Eine Woche, dann gebe ich Nero den Auftrag. Aber ich weiß, dass du mich nicht enttäuschen wirst. Das hast du noch nie.«
    Tynan gab sich zufrieden mit dem, was man als liebevoll gemeinte Worte durchgehen lassen konnte, und machte sich wieder auf den Weg Richtung Stadtzentrum. Doch seine Wut war noch nicht verflogen, und er wusste nicht, wohin mit ihr. Er hatte wissen wollen, was in seiner Abwesenheit passiert war, aber jetzt, wo er es wusste, fühlte er sich auch nicht gerade besser. An einem großen Hof voll gelangweiltem Vampirhochadel, der genauso durchschaubar wie gewalttätig war, konnte man sich auf eins immer verlassen: auf den ständigen Machtkampf unter den blaublütigen Hofschranzen, die als Höflinge, Ratgeber und gelegentlich auch als Liebhaber dienten.
    Wie es aussah, hatte Nero es endlich an die Spitze geschafft. Ty hatte nicht die geringste Ahnung, wie er den Schaden wiedergutmachen sollte, den der clevere Ptolemy mit Sicherheit bereits angerichtet hatte.
    Verdammte Blaublütler.
    Am Rand der weitgehend menschenleeren Straße entdeckte Tynan einen erstklassigen Ort für ein Abendessen, eine zwielichtige kleine Kneipe namens Jasper’s , aus der gelegentlich ein Gast in die kalte Nacht hinauswankte. Jedes Mal, wenn die Schwingtür aufgestoßen wurde, dröhnte mittelmäßiger 80er-Jahre-Rock aus dem dunklen Innenraum heraus. Tys Jagdinstinkt nahm all dies wahr, aber seine Gedanken waren noch immer bei Nero. Wie der ehrgeizige Ptolemy vorging, war ihm durchaus bekannt. Und was er über Vampire der unteren Klasse und ihre Rolle auf Erden dachte, wusste er ebenfalls nur zu gut.
    Schnapp dir das Mädchen und fahr nach Hause , sagte er sich. Lily Quinn würde entweder mit den Ptolemy zurechtkommen oder eben nicht. Ihn ging das nichts an. Ihn hatte lediglich zu interessieren, dass die wenigen seiner Rasse, die noch unter dem Kommando der Ptolemy-Dynastie lebten, nicht endeten wie der Rest: tot, oder so gut wie.
    Als er die Kneipe betrat, schlugen ihm ein Schwall warmer Luft und der Geruch nach schalem Bier und billigem Parfüm entgegen. Einen Moment lang – nur einen einzigen Moment – erlaubte er es sich, seine ganze Existenz zu verachten und sich zu wünschen, er wäre in jener lange zurückliegenden Nacht gestorben. Er wünschte sich, seine Königin hätte ihn nicht bemerkt, sondern ihn einfach seinem Schicksal überlassen.
    Aber das hatte sie nicht getan. Er war noch am Leben, und seinem Schicksal konnte er nicht entfliehen.
    Und er war schon viel zu lange unterwegs.
    Stunden später, um die Zeit, wenn die Welt in Erwartung der Morgendämmerung den Atem anzuhalten scheint, sah Tynan auf die Frau hinab, die ihm schon so viel Schwierigkeiten bereitet hatte und ihm, wie er fürchtete, auch noch einige mehr bereiten würde.
    Seinen Hunger hatte er längst gestillt, an einer unattraktiven kleinen Wasserstoffblondine, die so betrunken gewesen war, dass sie kaum mitbekommen hatte, wie er sie gebissen, ausgesaugt und anschließend in ein Taxi nach Hause gesetzt hatte. Das mit reichlich Alkohol angereicherte Blut hatte ihm einen angenehmen Kick gegeben. Dennoch musste er ganz zu seinem Missfallen feststellen, dass der liebliche
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