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ePub: Juniper Berry

ePub: Juniper Berry

Titel: ePub: Juniper Berry
Autoren: M.P. Kozlowsky
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aus weiter Ferne zu kommen.
    »Juniper, was tust du hier? Was habe ich dir gesagt? Das ist mein Zimmer. Mein privater Rückzugsraum.«
    Juniper zuckte zusammen und ging einen Schritt zurück. Ihre Hand griff nach der Tür. »Ich wollte nur nachsehen, was du machst. Ich dachte, wir könnten vielleicht gemeinsam einen Text durchgehen oder so was. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht. Ich habe wieder etwas geschrieben.«
    Obwohl ihre Stücke nicht mehr aufgeführt wurden,schrieb sie jeden Tag etwas Neues. Sie verfasste auch Kurzgeschichten, meistens über die Tiere, die sie durch ihr Fernglas beobachtete und in ihren Texten zu den Freunden werden ließ, die sie gerne gehabt hätte. Oder Fantastereien über die Sterne am Himmel und die Regionen, die jenseits ihres erweiterten Blickes lagen, Unterwasser-Welten mit großen Luftblasen, in denen man atmen und leben, mit Fischen sprechen und Meerjungfrauen besuchen konnte.
    Mr. Berry schnaubte. »Denkst du etwa, das ist alles nur ein Spiel? Ich habe keine Zeit für so was!«
    Er sprach schneller, als sie ihn jemals hatte sprechen hören. Die Worte sprudelten nur so aus seinem Mund.
    »Ich … Ich …«
    »Hast du nichts zu tun? Such dir doch irgendein Fernrohr, durch das du schauen kannst!« Mr. Berry fuhr herum und schlug mit der Faust gegen die Wand. »Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?«
    Er schickte sie mit einem Fuchteln seiner schmerzenden Hand fort und begann, wieder im Raum auf und ab zu gehen. Juniper blieb nichts anderes übrig, als das Zimmer zu verlassen. Ihr Herz war schwer und ein Gedanke zuckte durch ihren Kopf:
    Irgendetwas stimmt in letzter Zeit nicht mit Mom und Dad.

Juniper konnte sich an eine Zeit erinnern, in der ihre Eltern ihr niemals erlaubt hätten, im Regen zu spielen. Doch das schien eine andere Zeit gewesen zu sein – und auch andere Eltern. Es war, als würde Juniper jedes Jahr neue Eltern bekommen, als würde ein Paar ständig gegen das nächste ausgetauscht. Also ging sie am nächsten Tag hinaus in den Regen.
    Zum Glück war die Gegend rund um die Villa unendlich spannend. Fast jeden Tag studierte Juniper die Tiere, die aus dem Wald hinaus oder in den Wald hinein liefen: Waschbären, Eichhörnchen, Kaninchen, Rehe, Mäuse, Füchse, Streifenhörnchen und Stinktiere. Sie beobachtete die Vögel, die über den Himmel flogen, so wie sie es oft auch gern getan hätte. Mithilfe eines Vogelführers trug sie jede ihrer geflügelten Entdeckungen in ein Notizbuch ein: Weidenschnäppertyrann, Schwarzkopf-Phoebetyrann, Arkansaskönigstyrann, Hutton’s Vireo, Elster, Sumpfschwalbe, Schlichtmeise, Blaukehl-Hüttensänger, Kalifornienspottdrossel, Gold-Waldsänger, Rainammer, Rotschulterstärling und viele andere. Aber ihr Lieblingsvogel war ein bestimmter Rabe, der schwärzeste aller Vögel, der aussah, als wäre er in Teer getaucht. Er hatte einen dicken, gekrümmten, mitternachtsblauen Schnabel und konnte eine Menge verschiedener Krächzlaute ausstoßen. Normalerweise fand sie ihn auf einem ganz bestimmten Ast eines bestimmten Baumes in einer bestimmten Ecke des Waldes, kurz hinter der Grundstücksgrenze, einige Dutzend Schritte in den ausgedehnten Wald hinein.
    Die nächsten Nachbarn wohnten auf beiden Seiten in mehreren Kilometern Entfernung, sodass Juniper ungestört die Gegend erkunden konnte. Allerdings machte es ihr dieser Umstand auch sehr schwer, Freunde zu finden. Es war einfach niemand da. Sie war sehr einsam.
    Juniper wusste, dass Kitty das Rascheln des Stoffes hören würde, als sie in ihren Regenmantel und die roten Gummistiefel schlüpfte. Und schon sprang Kitty in vollem Tempo aus dem Flur herein. Der beste Freund des Menschen, sogar bei Regen. Wenigstens habe ich dich , dachte Juniper.
    Kitty war sofort an ihrer Seite und wedelte begeistert mit dem Schwanz. Es war Junipers Idee gewesen, dem Hund diesen merkwürdigen Namen zu geben, der eher an eine Katze erinnerte. Kaum hatte Mr. Berry den Jack Russell Terrier abgesetzt, hatte Juniper vor Freude gequietscht, mit den Armen gewedelt und gerufen: »Kitty!«
    Kitty hatte tatsächlich eher wie ein junges Kätzchen ausgesehen. Sie war sehr klein, und ihre Ohren stellten sich seltsamerweise auf, wenn sie etwas entdeckt hatte. Aus irgendeinem Grund klappten sie nicht wieder zurück, wie es normal gewesen wäre. Ihr geschmeidiger Körper krümmte sich zu einem Buckel und sie näherte sich ihrer neuen Besitzerin nur sehr vorsichtig. Ihre Augen waren groß und frech und ihre
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