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ePub: Juniper Berry

ePub: Juniper Berry

Titel: ePub: Juniper Berry
Autoren: M.P. Kozlowsky
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Schnauze war viel zu kurz. Kitty sah einfach nicht wie ein Hund aus. Darum dauerte es auch eine ganze Weile, bis Juniper endgültig davon überzeugt war, dass sie wirklich einer war.
    »Bist du bereit?«, fragte Juniper und legte die Hand auf die Türklinke. »Mach’s mir diesmal nicht zu leicht.« Kaum hatte sie die Hintertür geöffnet, rannte Kitty hinaus. In wenigen Sekunden war der Hund im Wald verschwunden.
    Das Spiel hieß »Hierher, Kitty!« und sie spielten es oft. Juniper gab Kitty einen Vorsprung von mehreren Minuten und spürte sie dann mithilfe ihrer unterschiedlichen Ferngläser auf. Von Mal zu Mal war Juniper besser und schneller geworden. Sie benutzte ihr Monokular, um auffällige Bewegungen im Dickicht zu beobachten, eine Lupe, um im Schlamm nach Spuren zu suchen, und ihr Fernglas, um am Himmel nach aufgescheuchten Vögeln Ausschau zu halten. Normalerweise hatte sie Kitty im Handumdrehen gefunden.
    Doch an diesem Tag spielten sie das Spiel zum ersten Mal im strömenden Regen. Das stellte Juniper vor zahlreiche Probleme. Alle Blätter, Büsche und Bäume zitterten undschwankten bereits, Kittys Spuren wurden schnell vom Regen verwischt und am Himmel befand sich kein einziger Vogel. Doch sie wollte nicht aufgeben und nach Kitty rufen. Genauso wenig wollte sie pfeifen oder in die Hände klatschen, damit Kitty zu ihr kam. Nein, sie würde sie finden, und wenn es den ganzen Tag dauerte. Juniper Berry war kein Feigling. Außerdem hatte sie sowieso nichts anderes vor.
    Sie wagte sich tiefer in den Wald, als sie es jemals getan hatte. Ihre Stiefel sanken im Schlamm ein, der Regen prasselte auf ihren Schirm und die kalte Luft drang durch ihren Mantel. Und immer noch keine Spur von Kitty. Juniper war sich nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war, aber sie nahm an, dass sie inzwischen fast eine Stunde lang gesucht hatte. Sie lag beinahe richtig, es waren genau 52 Minuten.
    In der 53. Minute trat sie auf eine merkwürdige Lichtung. In der Mitte hatte jemand Holz aufgeschichtet und überall lag verkohltes Papier herum. Falls der Holzstoß schon vorher da gewesen war, hatte Juniper ihn nicht bemerkt. In diesem Moment hörte sie Kitty in der Ferne bellen. Wenn ihr Orientierungssinn stimmte – und das tat er –, kam das Bellen aus Richtung des Hauses.
    Obwohl sie sehr neugierig war – wer war hier gewesen und warum? –, musste die weitere Untersuchung der Lichtung warten.
    Juniper rannte durch den Wald zurück zum Haus. Gedanken schossen durch ihren Kopf wie das Licht einer Supernova. Sie bellt nie so , dachte Juniper besorgt.
    Zweige schlugen ihr ins Gesicht, der Matsch klebte an ihren Stiefeln, ihr Schirm hatte einen Riss bekommen, aber sie rannte immer weiter. Obwohl sie nicht wusste, warum, befürchtete sie, dass ihren Eltern etwas Schreckliches zugestoßen sein könnte.
    Als sie den Wald zur Hälfte durchquert hatte – die Sicht auf das nicht mehr weit entfernte Haus wurde noch von dicken Baumstämmen versperrt –, erblickte sie etwas, das alle Gedanken augenblicklich aus ihrem Kopf fegte. Ein Fremder befand sich auf dem Grundstück.
    Ein Junge stand dort im Regen und zuckte jedes Mal zusammen, wenn Kitty bellte. Das Auffälligste an ihm waren seine dichten braunen Haare, die unordentlich vom Kopf abstanden. Er hatte so viele davon, dass es aussah, als könnte sein langer, dünner Hals den Kopf kaum halten.
    Juniper befürchtete fast, der magere Junge würde wegen des Gewichts oberhalb seiner schmalen Schultern einfach vornüberkippen. Alles an ihm, abgesehen von seinem ausladendem Haarschopf, war klein: seine Augen, seine Nase, Mund und Ohren, Arme, Beine, Hände und Füße. Er sah aus, als hätte er eine ganze Weile nichts gegessen. Sein grünes Polo-Shirt und seine Jeans schlabberten um seinen Körper.
    Juniper stand unter ihrem gelben Regenschirm und starrte den Jungen verwundert an, doch er bemerkte sie nicht. Er ging vorsichtig zu einem nahe stehenden Baum und ließ seine Hände über den Stamm gleiten, hinauf und hinunter. Als er fertig war, machte er mit den nächsten Bäumen weiter, einem nach dem anderen. Er schien tief in Gedanken versunken zu sein und inspizierte mit aufmerksamem Blick jeden Baum, ohne weiter auf Kittys Gebell zu achten.
    Schließlich klatschte Juniper in die Hände und der Junge kippte vor Schreck fast aus seinen nicht zugebundenen Turnschuhen. Kitty hörte sofort auf zu bellen und lief zu Juniper hinüber.
    »Was machst du hier draußen im Regen?«, fragte Juniper. »Du
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