Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
Vom Netzwerk:
gleichzeitig eine Abfolge von Lauten aus. Dann brach er zusammen.
    Samira und ich beugten uns über ihn und drehten ihn auf den Rücken. Es kam mir so vor, als sei er auf halbe Größe zusammengeschrumpft, so klein und faltig sah sein Gesicht aus.Seine Augen waren geschlossen, und als ich meine Handfläche vor seine Nase hielt, spürte ich nur noch einen unregelmäßigen Atem. Ich schüttelte ihn, so als könnte ich ihn damit ins Leben zurückrufen. Und tatsächlich schlug er die Augen auf. Doch in ihnen war nur noch ein kleiner Funken zu sehen.
    »Bursche«, hauchte er, und ich musste mein Ohr über seinen Mund legen, um ihn zu verstehen, »das war eines wahren Zauberers würdig.« Er hustete und schloss die Augen, öffnete sie aber gleich wieder. »Du und Samira …« Wieder erschütterte ihn ein Hustenanfall. »Ihr werdet das Werk fortführen.«
    Sein Kopf fiel zur Seite. Ich rüttelte ihn erneut. »Meister, nein«, flehte ich, aber er regte sich nicht mehr. Moriarty schob mich sanft beiseite. Er drückte seinen linken Zeigefinger gegen die Stirn des Alten und legte den Kopf schräg, so als lausche er einem für uns unhörbaren Geräusch. Dann zog er die Hand zurück und schüttelte den Kopf.
    »Er ist tot, alter Junge«, sagte er mit leiser Stimme.
    Ich starrte Prometheus an. Tot? Das war nicht möglich! Wir hatten doch die Dämonen in die Flucht geschlagen! Gerade hatte ich meinen Meister noch gesehen, wie er furchtlos unseren Feinden entgegengetreten war und sie mitsamt dem Dimensionskorridor in die ewige Verdammnis befördert hatte. Und jetzt sollte er tot sein?
    »Warum?«, fragte ich. »Wir haben doch gesiegt!«
    Statt einer Antwort deutete Moriarty auf den Glaszylinder, in dem sich der Überzauber befunden hatte. Er war leer. »Prometheus hat den Überzauber aufgelöst. Ich weiß nicht, woher er die Kraft dazu hatte. Aber am Ende war es dann doch zu viel für ihn.«
    Agnetha trat zu mir und nahm mich in den Arm. Ich schluckte. Prometheus war mir nicht so ans Herz gewachsen wie Gordius, aber sein Tod stimmte mich sehr traurig, und ich empfand den Verlust, der dadurch entstanden war, deutlich.
    Komisch: Noch vor gar nicht langer Zeit wollten er und ich nichts mehr voneinander wissen. Ich war für ihn der feige Bursche , der seinen Meister nicht unterstützte, und er für mich ein versoffener Rebell, von dem ich einfach nur wegwollte. Und jetzt?
    Agnetha ließ mich los und wir standen stumm um den Leichnam des Alten herum. Auch Papillon war dazugekommen. Nur Ignatius hielt sich abseits. Ich spürte, wie jemand meine Hand ergriff. Es war Samira, die mich traurig anlächelte. Und dann geschah es.
    Ihre Gestalt verschwamm vor meinen Augen, wurde undeutlich, wie ein Spiegelbild im Wasser. Sie begann sich zu verändern. Vor Schreck ließ ich ihre Hand los und machte einen Schritt zurück. Die Samira, die ich kannte, verblasste mehr und mehr, und an ihrer Stelle erschien ein gut aussehendes Mädchen etwa in meinem Alter, nur einen halben Kopf kleiner als ich. Aber unzweifelhaft Samira.
    Verwirrt schloss ich die Augen. War das eine Nachwirkung des Überzaubers? Doch als ich sie wieder aufschlug, stand sie noch immer da. Auch Agnetha und Papillon starrten sie an.
    »Ganz außergewöhnlich«, sagte Moriarty, den offenbar nichts aus der Ruhe bringen konnte. »Einer der elegantesten Gestaltzauber, denen ich je begegnet bin.«
    »Du bist kein … kein kleines Mädchen?«, stotterte ich, ohnemeine Augen von ihr zu lassen. Sie schüttelte den Kopf, sagte aber kein Wort.
    »Prometheus hat ihr diese Form verliehen, oder, besser gesagt: Er hat alle diese Gestalt sehen lassen«, erklärte der Magier. »Selbst mich hat er getäuscht.«
    »Und warum ist es jetzt vorbei?«
    »Weil so ein Zauber ständig erneuert werden muss. Eine enorme Leistung deines Meisters, ihn neben seinen anderen Aktivitäten aufrechtzuerhalten.«
    Das hatte der Alte also gemeint, als er gesagt hatte, Samira sei nicht das, was sie scheine. Oder steckte sogar noch mehr dahinter? Jetzt fielen mir die Situationen wieder ein, in denen ich ihre Kräfte hätte erkennen müssen, wenn ich nur aufmerksamer gewesen wäre. So zum Beispiel, als sie den Alten auf den Sonnensturm aufmerksam gemacht hatte. Oder vorhin, als sie sich zwischen mich und Prometheus gestellt und unsere Kräfte miteinander verbunden hatte.
    Wieder griff sie nach meiner Hand. Nur dass es diesmal keine Kleinmädchenhand mehr war, sondern fast schon die einer jungen Frau. Das traurige Lächeln lag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher