Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gekrochen, auf das Mädchen zu — das wohl versucht hatte zuvor die Tür zu erreichen und damit während des erbarmungslosen Kampfes kurz hinter ihm gewesen sein musste. Doch jetzt versuchte Esanna in einem bizarren Abwehrkampf dem ihr nachrobbenden Satai mit der klaffenden Beinwunde zu entkommen. Es wäre ihr auch zweifelsfrei gelungen, wenn sich ihr Verfolger nicht immer wieder mit erschreckender Geschwindigkeit hätte vorschnellen lassen und ihr dabei mehrmals so nahe kam, dass sein Messer blutige Kratzer in ihre Beine hackte. Wer die Verfolgungsjagd letztlich gewinnen würde, war vollkommen unklar; aber darauf wollte es Skar auch nicht ankommen lassen. Mit einem erstickten Schrei sprang er nach vorne und stieß sein Schwert in den Körper des Kriegers; er drehte mehrmals die Klinge herum, fast wie im Blutrausch, auch noch, nachdem ein endgülti-ges Zucken durch den Körper des Satai gegangen war und ihm danach klar war, dass der Mann tot war.
    »Skar«, schrie Esanna mit schreckensweiten Augen, während sie sich hustend aufrichtete und den Ärmel ihres Gewands vors Gesicht drückte, um sich vor dem Rauch zu schützen. »Hör auf! Es ist vorbei.«
    Er riss die Klinge zurück und starrte Esanna an, als sähe er sie zum ersten Mal. In gewisser Weise stimmte das sogar: Es war ihm für ein paar Herzschläge lang so, als würde die Maske, die das Mädchen normalerweise trug, in sich zusammenbrechen, als sähe er hinter die Natur des Offensichtlichen, in eine unermessliche Tiefe, kalt, fremdartig und erschreckend, die ihn mit sich zu reißen versuchte in einen alles verschlingenden Strudel und doch gleichzeitig abstieß, ja, ausspie wie einen Fremdkörper, der er ja auch war und immer bleiben würde, und das trotz der engen Verbundenheit, trotz des eingewobenen Seins in eine höhere Gewalt, die alles umspannte und nichts umschlang, die allem innewohnte und doch kein Bestandteil war von irgendetwas —
    Dann zerstob die Vision. Vor ihm stand nichts weiter als ein fünfzehnjähriges, vollkommen verängstigtes Mädchen, schluchzend und am ganzen Körper bebend, und mit der berechtigten Furcht von dem flammenden Inferno verschlungen zu werden.
    »Wir müssen das Buch retten«, brüllte Skar gegen das tosende Chaos an. »Es muss hier irgendwo sein.«
    »Ja«, stieß Esanna bebend hervor. »Ich habe es gesehen.
    Es liegt auf dem Schrein.«
    Skar warf einen Blick in die angegebene Richtung. Die Luft waberte vor Hitze und die dunklen Rauchpartikel, winzigen Todesboten gleich, schwirrten jetzt überall herum und bissen sich in seiner Kehle fest, als wollten sie ihn ersticken. Ohne zu zögern, packte er Esanna bei der Hand und zog sie mit sich.
    Das Buch lag aufgeschlagen inmitten des bereits glimmenden Schreins. Es war ein schwerer, großer Band, eingebunden in goldverziertes Leder, und als er es in die Hand nahm, spürte er nicht nur sein beachtliches Gewicht, sondern auch die angenehm kühle und glatte Oberfläche dut-zender von Edelsteinen, die in das Leder einbettet waren. Er richtete sich so hastig auf, dass ihn ein hämmernder Kopfschmerz beinahe wieder hinabgezwungen hätte; wenn er nicht durch die Flammen starb, würde ihn der giftige Rauch schneller in die Knie zwingen, als ihm lieb war — was für eine Ironie des Schicksals, dass er dem wütenden Angriff des Feuerdrachen entkommen war, nur um dann doch noch ein Opfer der Flammen zu werden.
    »Nur weg hier«, brüllte er.
    Esanna nickte, eine seltsam fließende Bewegung, die er durch den erstickenden Qualm nur schemenhaft wahrnahm. »Dort hinten«, schrie sie. »Es gibt einen Hinterausgang.« Hand in Hand stürzten sie in die von ihr angegebene Richtung.
    Sie kamen nicht weit.
    Er spürte kaum, wie ihn die Druckwelle, die durch das Zusammenstürzen der vorderen Gebäudeseite ausgelöst wurde, erreichte und zu Boden schleuderte. Er fiel, rollte haltlos über den Boden und prallte schmerzhaft gegen einen brennenden Balken. Seine Hand umklammerte immer noch das
Elfte Buch.
Esanna schrie irgendetwas, das er nicht verstand, und plötzlich waren überall Flammen und Rauch.
    Dort, wo die Feuersäule das Dach bereits zerstört hatte, gähnte eine gewaltige, gezackte Öffnung, aus deren Rändern Flammen schlugen. Die trockenen Balken brannten wie Zunder und das Feuer breitete sich mit unheimlicher Geschwindigkeit aus, viel schneller, als es eigentlich möglich war. Er hustete, stemmte sich mühsam auf Hände und Knie hoch und hielt nach Esanna Ausschau, unfähig auch nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher