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Entscheidung in Cornwall

Entscheidung in Cornwall

Titel: Entscheidung in Cornwall
Autoren: Nora Roberts
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sie davon befreien. Aber der Schmerz war noch da, als das Lied zu Ende war.
    Sekundenlang herrschte Stille, doch Ramona war zu benommen, um zu merken, dass die Kollegen vor Bewunderung und Ergriffenheit schwiegen. Sie riss sich den Kopfhörer herunter, der ihr plötzlich unerträglich schwer vorkam.
    »Bist du okay?« Marc kam wieder zu ihr in die Kabine und legte ihr den Arm um die Schultern. Er fühlte, dass sie leicht zitterte.
    »Ja.« Ramona presste kurz die Finger an die Schläfen und lachte dann überrascht auf. »Ja, natürlich. Ich habe mich ziemlich hineingesteigert.«
    Er küsste sie auf beide Wangen – bei einem so zurückhaltenden Mann ein seltener Beweis von Zuneigung in der Öffentlichkeit. »Du warst fantastisch.«
    »Das habe ich gebraucht.«
    »Den Kuss oder das Lob?«
    »Beides.« Sie lachte und warf das lange Haar zurück. »Du weißt doch, dass Stars ununterbrochen bewundert werden wollen.«
    »Wo ist hier ein Star?«, erkundigte sich ein Chorsänger.
    Ramona bemühte sich, arrogant auszusehen, als sie zu ihm hinüberblickte. »Du«, sagte sie unheilvoll, »bist leicht austauschbar.« Der Sänger lachte nur. Er wusste, dass Ramona weder eingebildet war noch andere Starallüren hatte, und war daher nicht eingeschüchtert.
    »Und auf wen wolltest du dich dann wohl bei den Aufnahmen stützen?«
    Ramona wandte sich an Marc. »Nimm den Kerl mit raus, und erschieß ihn«, sagte sie sanft, dann sah sie zur Tonkabine hinauf. »Das war’s!«, rief sie.
    Ihr Blick blieb an dem Mann haften, der jetzt hinter der Glasscheibe deutlich zu sehen war.
    Sie wurde schneeweiß im Gesicht. Das Gefühl, das sich während des Singens wie eine halb vergessene Erinnerung in ihr geregt hatte, drohte sie nun zu überwältigen. Fast schwankte sie, so heftig war ihr innerer Aufruhr.
    »Brian!«
    Ihr war, als habe sie den Namen herausgeschrien, und doch hatte sie ihn nur geflüstert. Sie glaubte zu träumen. Dann begegneten sich ihre Blicke, und Ramona wusste, dass es kein Traum war. Brian war zurückgekommen.
    Jahrelange Bühnenerfahrung hatte sie gelehrt, sich zu verstellen. Es fiel ihr immer schwer, anderen etwas vorzuspielen, aber als Brian Carstairs aus der Tonkabine zu ihr herunterkam, setzte Ramona ein verbindliches Lächeln auf. Um den Sturm in ihrem Innern wollte sie sich später kümmern.
    »Brian, wie schön, dich wiederzusehen.« Sie streckte ihm beide Hände entgegen und hob das Gesicht, um den erwarteten bedeutungslosen Kuss eines Fremden zu empfangen, der zufällig in derselben Branche war.
    Er war über ihre Gelassenheit bestürzt, denn er hatte sie blass werden, hatte den Schreck in ihren Augen gesehen. Jetzt hatte sie sich hinter einer Fassade versteckt, die er an ihr nicht kannte, und zeigte ihm eine gleichgültige Miene. Brian stellte fest, dass er sich geirrt hatte: Ramona hatte sich verändert.
    »Ramona.« Er küsste sie leicht und nahm ihre Hände in die seinen. »Eine Schönheit wie die deine müsste eigentlich verboten werden.« Der leichte irische Akzent war unverkennbar. Ramona erlaubte es sich, ihn anzusehen – wirklich anzusehen.
    Er war groß und fast ein bisschen zu dünn – wie früher auch. Brian hatte leicht gewelltes und ebenso dunkles Haar wie sie. Über den Ohren war es voll und dicht und reichte bis zum Hemdkragen. Sein Gesicht hatte sich nicht verändert. Es war noch immer das Gesicht, das Mädchen und Frauen dazu trieb, bei seinen Konzerten zu kreischen und ohnmächtig zu werden.
    Es war knochig und von der Sonne gebräunt, nicht besonders hübsch, aber reizvoll und fesselnd, die Züge nicht sehr regelmäßig. Von seiner Mutter, die Irin war, hatte er etwas Träumerisches geerbt. Vielleicht war er deshalb für Frauen so anziehend, obwohl seine gelegentlich britische Zurückhaltung sie nicht minder faszinierte. Und die Augen!
    Sogar jetzt fühlte Ramona die Anziehungskraft der großen aquamarinblauen Augen mit den schweren Lidern. Es waren beunruhigende Augen für einen Mann von solcher Ungezwungenheit. Sie schienen ständig von Blau zu Grün und wieder zu Blau zu wechseln. Doch es war sein leichtherziger Charme, der am meisten für ihn sprach. Charme und offenkundiger Sex Appeal waren eine Kombination, der niemand widerstehen konnte.
    »Du hast dich nicht verändert, nicht wahr, Brian?«, fragte Ramona ruhig, und doch war diese Frage das erste und einzige Anzeichen dafür, wie tief sie innerlich aufgewühlt war.
    »Komisch.« Er lächelte. Es war nicht das schnell aufblitzende
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