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Engelskraut

Engelskraut

Titel: Engelskraut
Autoren: Gmeiner-Verlag
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kaputt. Die Gärtner haben sich jedes Mal sehr schwergetan, auf die Schnelle Ersatz hinzupflanzen, der nicht gestückelt aussieht.«
    Inka drehte sich um. »Ich muss wieder.« Schwungvoll zog sie die Tür hinter sich zu. Um ein Haar hätte sie ihr langes Flatterkleid im Türrahmen eingeklemmt.
    Die Kaffeemaschine hatte ihr gurgelndes Geräusch aufgegeben, ein angenehmes Aroma durchzog das Büro.
    »Krieg ich ’ne Tasse Kaffee?«, fragte Schröder.
    »Gern. Die anderen auch?«
    »Ja, bitte.« Franca nickte.
    »Für mich nicht.« Hinterhuber verschmähte die schwarze Brühe und bevorzugte Tee.
    »Das weiß ich doch«, entgegnete Clarissa mit kokettem Augenaufschlag. Sie nahm drei grüne Tassen mit dem Rheinland-Pfalz-Emblem aus dem kleinen Schrank und goss Kaffee ein.
    Franca nippte daran. »Schön heiß und stark wie die Sünde«, lobte sie. Kaffee kochen konnte die Kleine. Und auch sonst stellte sie sich nicht dumm an. Aus der konnte was werden. Wenn sie sich nur nicht so aufreizend kleiden würde.
    »Ich frage mich wirklich, was die von solchen Aktionen haben.« Clarissa rührte nachdenklich in ihrem Kaffee.
    »Tja, was hat man wohl davon? Aufmerksamkeit erlangen. Der Welt demonstrieren, wie mächtig man ist. Hang zur Destruktivität. Menschen, die so was tun, sind entweder jung, voller Revoluzzergedanken und einer gewissen Gruppendynamik unterworfen, oder sie sind Einzelgänger und ticken anders als der Rest der Menschheit«, meinte Hinterhuber lakonisch.
    »Also klarer Fall von Morbus Bahlsen«, bemerkte Clarissa lapidar.
    Drei Augenpaare waren fragend auf sie gerichtet.
    »Morbus Bahlsen? Ach, das kennt ihr nicht.« Sie genoss sichtlich ihre überlegene Position. Dann hob sie die Schultern und grinste spitzbübisch. »Die haben einen an der Waffel.«
     
     
     
     
     
     
    Ich bin überwach. Mein Gehirn arbeitet präzise. Ich weiß nicht mehr, wohin mit dem Schmerz. Ich verbrenne daran. Da ist nichts mehr, das sein gewaltsames Eindringen in mein Innerstes abhält. Ich habe keine Haut mehr.
    Noch vor Kurzem schien die Welt hell und strahlend. Und jetzt ist wieder alles in Dunkel gehüllt.
    Weißt du, wie man sich fühlt, so ganz ohne Schutz? Nein, das kannst du gar nicht wissen, du mit deinem dicken Panzer um die Seele.
    Ich lebe in der Hölle. Ich weiß nicht, wie lange ich diesem Druck noch standhalten kann.
    Ich schreibe deinen Namen mit Blut an die Wand. Drei Buchstaben, die mir einmal die Welt bedeuteten.
    Ich hätte es wissen müssen! Hätte ich mich doch nur nicht auf dich eingelassen! Tausendmal habe ich dir von meiner Angst, verletzt zu werden, erzählt. Hat dich das wirklich einfach kaltgelassen? ›Wir passen nicht zusammen‹, ist das alles, was dir einfällt? ›Du bist so kompliziert!‹
    Wenn ich das schon höre…
    Wieso haben wir so unterschiedliche Empfindungen? Noch vor ein paar Wochen waren wir das ideale Liebespaar. Diese Leidenschaft, die wir füreinander empfanden, diese zauberhaften Momente, all das hab ich doch nicht geträumt.
    Seit wann bin ich für dich nur noch eine hysterische Ziege, die es abzuschieben gilt? Sag es mir, seit wann?
    Mein Gehirn arbeitet weiter, aber der Rest ist eingefroren und starr. Ich habe mir angewöhnt, zu lachen, um nicht zu weinen. Mein Herz schreit nach dir. Ich brülle mir die Seele wund, mein Universum zerfällt. Warum hilfst du mir nicht?

4
    Hans Kleinkauf zog seinen braun-beige gestreiften Frotteemorgenmantel über, schlurfte in Pantoffeln zum Briefkasten und holte die Regionalzeitung heraus. Das war seine Frühstückslektüre, auf die er nur ungern verzichten wollte. Obwohl er sich schon oft geärgert hatte, wenn darin gar zu obrigkeitsgläubige Artikel abgedruckt waren oder die vielen Anzeigen kaum Platz ließen für ausführlichere Berichterstattungen. Aber der Mensch war nun mal ein Gewohnheitstier. Hans behielt das Zeitungsabonnement vornehmlich deshalb, weil er sonst nur spärlich über die Entwicklungen und Neuigkeiten in seiner Umgebung informiert werden würde. Ein angenehmer Zug war, dass die Zeitung stets im Briefkasten lag, egal, wie früh er auf den Beinen war.
    So kurz vor Eröffnung der Bundesgartenschau war das Blatt voll von Artikeln, die über das bevorstehende Großereignis berichteten.
    Er rührte Schnellkaffeepulver in heißes Wasser, schnitt sich eine Scheibe Brot ab, die er dick mit Butter und selbstgemachter Brombeermarmelade bestrich. Die Marmelade hatte Ellie noch gekocht. Damals waren sie zum letzten Mal mit den Fahrrädern
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