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Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube

Titel: Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Autoren: Eva Almstädt
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Plastiktüte, die ihre stinkenden Kleidungsstücke enthielt. Ihre Papiere und Schlüssel, ihr Handy, all das musste sich noch in der Villa befinden.
    Pia dachte an die Rennerei, die nötig sein würde, das alles wiederzubekommen. Sie seufzte. Sie fühlte sich plötzlich so unfähig und schwach, dass sie versucht war, sich doch auf die Station verfrachten zu lassen und sich ein Schlafmittel geben zu lassen. Nur nicht mehr nachdenken müssen …
    Wenn es darauf ankommt, bin ich allein, dachte sie düster. Und daran bin ich selbst Schuld. Verdammtes Selbstmitleid! Das war der typische Tunnelblick, den Menschen nach traumatischen Erlebnissen oft bekamen, analysierte sie sich selbst. Beinahe musste sie über sich und die groteske Situation, in der sie sich befand, lächeln. Sie hatte wider Erwarten überlebt. Wozu sollte das gut sein, wenn sie nicht die Verantwortung für ihr Leben übernahm?
    Pia griff erneut nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Nach längerem Freizeichen schaltete sich ein Anrufbeantworter an. Die Ansage informierte Pia darüber, dass Marten Unruh zurzeit nicht zu Hause sei, sie aber eine Nachricht auf Band für ihn hinterlassen könne …
    Sie räusperte sich: »Hier ist Pia. Ich weiß nicht, ob du es schon gehört hast. Wir haben sie, es waren drei. Sie sind heute Nacht verhaftet worden. Ich bin jetzt noch im Krankenhaus, fahre aber gleich nach Hause. Es ist jetzt zehn Minuten nach drei Uhr. Sonntagmorgen, ja ich glaube, heute ist Sonntag …«
    Sie legte das Telefon wieder zur Seite. Kurz darauf meldete sich ein müde aussehender Taxifahrer mit ihren Sachen und brachte sie nach Hause.
     
     
     
    Nach einer kurzen Fahrt durch die Nacht stand Pia in Susanne Herbolds Küche. Sie dankte ihr für die Hilfe, bestand aber darauf, gleich nach oben in ihre Wohnung zu gehen. Sie wollte in ihren eigenen vier Wänden sein, wenn die Erinnerungen an die vergangenen Stunden mit Gewalt über sie hereinbrechen würden.
    Auch Susannes Angebot, noch eine Weile bei ihr oben zu bleiben, lehnte Pia ab. Was immer sie ihr im Krankenhaus an Medikamenten gegeben hatten, es schien jetzt zu wirken. Sie fühlte keinen Schmerz, keine Angst. Nur dumpfe Verlegenheit.
    Oben in ihrer Wohnung öffnete Pia ihr Atelierfenster und sah hinaus auf die Dächer der schlafenden Stadt. Die Luft war kühl und roch nach Laub, Abgasen und ein bisschen nach Meer …
    Vergeblich wartete sie auf das euphorische Gefühl, überlebt zu haben. Es war verdammt knapp gewesen. Einen winzigenAugenblick später wäre sie in ein tiefes Nichts gefallen, das wusste sie. Für dieses Nichts gab es nicht einmal eine Farbe. Alles Schwarz aus ihren Farbtuben reichte nicht aus, um diesen Abgrund darzustellen. Kein Licht am Ende des Tunnels, nur Finsternis …
    Pia zitterte. Als es an der Tür klopfte, schrie sie reflexartig auf. Ihr Hals kommentierte diese Unachtsamkeit mit einem scharfen, kurzen Schmerz.
    Im Türrahmen stand Marten Unruh. Pia, der nicht nach Lächeln oder Konversation zumute war, ließ ihn wortlos eintreten. Er sah sich neugierig um. Pia wurde klar, dass Marten Unruh noch nie zuvor in ihrer Wohnung gewesen war. Er trat ans offene Fenster. Dann ging er zur Staffelei, wo er wortlos das unfertige Bild betrachtete: Wörnsens Grab. Anschließend warf er einen kurzen Blick in ihre Küche …
    »Das Klo und das Schlafzimmer befinden sich links von mir. Mehr Räume habe ich nicht«, bemerkte Pia zynisch.
    Was hatte sie eigentlich erwartet? Tränenreiche Wiedersehensfreude, gestammelte Worte der Dankbarkeit, dass sie noch am Leben war?
    Marten sagte immer noch nichts.
    Pia erkannte mit einem Anflug von Klarsichtigkeit, dass die Vorstellung von Marten Unruh hundertmal besser gewesen war als seine Gegenwart. Was sollte sie nun mit ihm anfangen?
    »Gabler hat mich angerufen«, sagte er endlich, »er scheint direkt stolz auf dich zu sein. So mitteilsam habe ich ihn lange nicht mehr erlebt. Wahrscheinlich wirst du vor der Zeit befördert werden.«
    »Das interessiert mich jetzt gerade weniger.«
    »Ja? Ich dachte, das wäre es, worauf du aus bist. Weiterzukommen …«
    Was war denn das für eine Unterhaltung? Sie hätte ihn am liebsten geschüttelt, so ungerührt, wie er dort stand und über ihre Karriereaussichten schwafelte.
    »Merkst du noch was, Marten? Es ist besser, wenn du wieder gehst. Entschuldige, dass ich dich mitten in der Nacht angerufen habe. Ich werde allein damit fertig.«
    »Hast du was zu trinken da?«
    Auch eine Methode, auf einen
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