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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch
Autoren: Nalini Singh
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dahinterzusehen. Strahlend blaue Vampiraugen blickten ihr ins Gesicht. Sie hielt die Luft an. Geradezu lebendig sahen diese Augen aus, nur dass der Kopf nicht mehr auf dem Rumpf saß. »Tot. Die Frage ist nur: Wie ist er gestorben?«
    »Silas«, wiederholte Marco tonlos. »Wie ein Pfau kam er hier hereinstolziert. Ich hätte ihn erst gar nicht reinlasssen sollen, aber ich …« Er schluckte schwer, die Hände zu Fäusten geballt. Es war offensichtlich, dass er litt. »Ich dachte, vielleicht ist er ja gekommen, um sich bei mir zu entschuldigen. Den Jungen habe ich erst viel später bemerkt.«
    »Entschuldigen?« Sara hatte allmählich das dumme Gefühl, in ein schlechtes Liebesdrama hineingezogen worden zu sein.
    »Na, weil er mich betrogen hat.« Endlich sah Marco ihr ins Gesicht. »Ich bin so ein Idiot gewesen. Bei der Gilde habe ich gekündigt und diese Bar hier aufgemacht, nur weil Silas sagte, er könne es nicht ertragen, dass ich bei jeder Jagd mein Leben aufs Spiel setze. Ich habe sogar Simon gebeten, bei ein paar ranghöheren Engeln nachzufragen, ob Silas’ Vertrag nicht eventuell auf einen Engel in den USA übertragen werden könnte, damit wir nicht mehr so viel hin- und herfliegen müssen.«
    »Hier.« Sara warf ihm eine zerbeulte, aber ansonsten intakte Wasserflasche zu. »Einmal tief durchatmen.«
    »Kann ich nicht.« Er trank die Flasche in einem Zug leer und warf sie achtlos beiseite. »Er hat mich nur benutzt. Wollte unbedingt aus seinem Vertrag. Sein Engel kann ihn nämlich nicht leiden. Das hätte ich ja noch verkraftet. Scheiß aufs Ego. Ich habe ihn geliebt. Aber die ganze Zeit, in der wir zusammen waren, hatte er noch … weiß der Teufel, wen noch alles, gehabt. Mehr als einen jedenfalls.«
    »Marco, das ergibt doch alles keinen Sinn.« Sara verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum sollte er Ihnen etwas anhängen wollen, wenn er es doch war, der Sie betrogen hat?«
    »Weil ich ihm den Laufpass gegeben habe.« In diesem Moment erkannte Sara den Jäger in Marco: hart und unerbittlich und bestimmt ausgezeichnet in seinem Job. »Ich habe ihm gesagt, er solle verschwinden und nie mehr wiederkommen.«
    »Für ihn hieß das, dass er damit alle Chancen verspielt hatte, aus seinem alten Vertrag zu kommen.« Deacon verharrte nach wie vor auf seinem Posten neben der Tür. »Hört sich plausibel an. Aber alle Indizien deuten auf einen Jäger.«
    »Er hat sich meine Sachen genommen. Waffen, Kleidung und eines meiner Zeremonienschwerter.« Marco knirschte wütend mit den Zähnen. »Ich komme mir so saudumm vor. Ich wusste schon, dass er mit Zurückweisung nicht gut klarkommt, aber dass er anfängt, Leute umzubringen, nur um mir eins auszuwischen, hätte ich nie gedacht.«
    Sara warf Deacon einen kurzen Blick zu, doch der schüttelte den Kopf. Er hatte recht. Marcos Geschichte war sehr glaubhaft. Aber dennoch stand sein Wort gegen Silas’. Bei den Vampiren würde es gar nicht gut ankommen, wenn sie Marcos Seite vertraten, es sei denn, sie hatten Beweise. In diesem Fall müsste sich Silas vor den Engeln verantworten. Jägern war es zwar erlaubt zu töten, aber nur in zwingenden Fällen oder wenn sie einen Hinrichtungsbefehl hatten. Die Bestrafung übernahmen die Engel selbst, denn schließlich waren sie schneller, stärker und vor allem grausamer als die von ihnen geschaffenen Vampire.
    »Überwachungskameras?«, fragte sie Marco. »Haben Sie den Kampf aufgenommen?«
    »Nein.« Marco verzog sein schönes Gesicht, als würde er sich vor sich selbst ekeln. »Als ich gesehen habe, dass er es war, habe ich sie ausgeschaltet. Ich wollte nicht, dass irgendjemand mitbekommt, wie lächerlich ich mich mache. Zum Glück hatte ich wenigstens meine Pistole dabei. Ein Streifschuss am Kopf hat ihn ausgeknockt.«
    Das erklärte auch, wie es Marco gelungen war, den Vampir in den Keller zu schaffen. »Wir müssen mit Silas reden.« Sara trat einen Schritt vor, auf eine Auseinandersetzung gefasst.
    Marco erhob sich. »Ich bringe Sie hin. Bin gespannt, was der Scheißkerl zu sagen hat.«
    Marco ging voraus und sie folgten ihm mit gezückten Waffen. Als sie unten ankamen, hämmerte Silas schon gegen die Tür.
    »Helft mir!« Weitere Schläge. »Hilfe! Ich kann euch hören!«
    »Ruhe.« Wie ein Messer schnitt Deacons Stimme durch das Getrommel.
    Sara übernahm die Befragung: »Wie sind Sie hier eingesperrt im Keller gelandet?«
    Von Silas hörten sie ungefähr die gleiche Geschichte wie von Marco – nur mit vertauschten
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