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Engelsfeuer

Engelsfeuer

Titel: Engelsfeuer
Autoren: Jana Oliver
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fuhren, lockerte Beck endlich die verkrampften Finger, mit denen er das Lenkrad umklammert hielt. Stirnrunzelnd warf er ihr einen Blick zu und sah dann wieder auf den Verkehr.
    »Ich habe Stewart gesagt, dass ich dich nicht dabeihaben will. Die Beerdigung von deinem Daddy ist noch nicht lange her und überhaupt …«
    Riley war so klug, seine Flunkerei unkommentiert zu lassen. Obwohl sie Peter bereits über ihr Ziel befragt hatte, versuchte sie erneut, eine Unterhaltung in Gang zu bringen.
    »Wo liegt Sadlersville?«
    Dieses Mal erhielt sie eine Antwort. »Ein paar Stunden südlich und östlich von Macon. Ganz in der Nähe vom Okefenokee-Sumpf.«
    »Was hast du mit Rennie gemacht?«, fragte sie und überlegte, wer wohl auf Becks Kaninchen aufpasste.
    »Ich habe ihn zur Nachbarin gebracht. Ms Merton passt auf ihn auf.«
    Dann verfiel er erneut in Schweigen, tief in Gedanken versunken.
    Nachdem sie auf der I-75 den Flughafen hinter sich gelassen hatten, wurde der Truck schneller. Sie fragte sich, wie viel diese Fahrt wohl kosten würde, so ein Truck verbrauchte immer noch jede Menge Treibstoff. Hoffentlich nützte der Sonnenkollektor auf dem Dach etwas.
    Sie stopfte sich die Ohrhörer in die Ohren und schaltete ihren altersschwachen MP3-Player ein. Meistens funktionierte er, und wenn nicht, musste sie nur einmal kräftig mit der Hand draufschlagen, und er sprang wieder an. Jetzt, wo sie an das Geld von der Lebensversicherung ihres Vaters herankam, hätte sie sich einen neuen kaufen können, aber irgendwie kam ihr das nicht richtig vor. Dieses Ding war wie ein alter Freund, und man servierte ja auch keinen Kumpel ab, nur weil er einem plötzlich blöd kam. Wenn es so wäre, hätte Beck schon längst weg vom Fenster sein müssen.
    Riley überprüfte erneut ihren Rucksack, um sich zu vergewissern, dass der Umschlag mit dem Bargeld noch dort war, wo sie ihn hingestopft hatte. Bald würde sie eine eigene Kreditkarte bekommen, denn gestern hatten Beck und sie ein Girokonto eingerichtet, mit dem Geld aus der Lebensversicherung als Startkapital. Ebenfalls im Rucksack befand sich ihr neuer Laptop, bei dessen Anschaffung Peter sie beraten hatte. Er war nicht so schick wie seiner, aber es war der beste, den sie für weniger als dreihundert Dollar bekommen hatte. Er war noch so neu, dass sie nicht genau wusste, wie alles funktionierte, doch immerhin hatte Peter das E-Mail-Programm für sie eingerichtet. Schritt für Schritt veränderte sich ihr Leben, und manche der Veränderungen waren durchaus positiv.
    Beck schaltete das Radio ein, und die Kabine des Trucks wurde von einem Country-Song erfüllt, der einzigen Musik, die er hörte. Um dem entsetzlichen Mischmasch aus Carrie Underwood und den Gnarly Scalenes zu entgehen, schaltete Riley ihren MP3-Player aus und verstaute ihn in ihrem Rucksack.
    Es war Zeit, Beck wieder zum Reden zu bringen.
    »Was meinst du, wie es werden wird?«, fragte sie.
    Zu ihrer Überraschung stellte er das Radio leiser. »Nicht gut.«
    »Nicht gut wie eine Horde randalierender Dämonen oder …«
    Er runzelte die Stirn. »Die Leute in Sadlersville haben mich nicht in bester Erinnerung, und sie werden annehmen, dass wir, na ja …«
    »Dass wir was miteinander haben?« Ein Nicken. »Dann erzählen wir ihnen eben, dass das nicht stimmt.«
    »Was man ihnen erzählt und was sie glauben, sind zwei verschiedene Dinge.«
    »Werden wir im Haus deiner Mutter wohnen?«
    Ohne Zögern schüttelte er den Kopf. »Nein. Wir gehen in ein Motel. Das ist schon in Ordnung. Da wohne ich immer, wenn ich dort zu Besuch bin.«
    Interessant. »Hast du noch andere Verwandte dort unten?«
    »Nur sie.«
    Das Radio wurde wieder lauter gestellt und die Unterhaltung damit beendet.
    Von diesem Moment an verharrte Beck bis auf einen kurzen Tankstopp im Schweige-Modus. Schließlich verließ er die Autobahn und fuhr auf einer Landstraße in Richtung Süden. Als Peters prophezeite Ameisenhügel und Baumwollfelder in Sicht kamen, wurde die Landschaft in Rileys Augen interessanter. Sie entdeckte sogar eine Pfirsichplantage, aber keine Zwiebelfelder. Die Häuser auf beiden Seiten des Highways waren entweder richtig nett oder total heruntergekommen, dazwischen schien es nur wenig zu geben. Aus irgendeinem Grund lagerten die Leute ihr altes Zeug im Vorgarten, darunter schrottreife Autos, kaputte Gartenstühle, Kinderspielzeug, einen Gartentraktor, Lattenroste, was auch immer man sich vorstellen kann.
    »Warum machen die das?«, fragte Riley
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