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Engel der Finsternis (German Edition)

Engel der Finsternis (German Edition)

Titel: Engel der Finsternis (German Edition)
Autoren: S.B. Brothers
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ihr Todesurteil. Die unerklärlichen Schmerzen der Gräfin rührten daher, dass Agreas` Kind seine Mutter im wahrsten Sinne des Wortes von innen heraus auffraß. Die Gräfin würde keinen Halbgott gebären. Sie würde auch keinem kleinen Engel das Leben schenken, sondern einen Dämon zur Welt bringen. Den Sohn seines Vaters. Denn Agreas war ebenso wie Balam und Meresin ein Dämon im Körper eines Engels.
    Sie gehörten zu den gefallenen Engeln, die von Gott wegen ihrer Lüsternheit für 1000 Jahre in die Unterwelt verbannt worden waren. Man hatte sie angekettet an den Ufern des Feuersees und ihrem Schicksal überlassen. Eingehüllt in giftgrüne Nebelschwaden hatten die Engel Jahr um Jahr unerträgliche Qualen ertragen müssen. Die finsteren Gewölbe waren erfüllt gewesen von den entsetzlichen Schreien der Gemarterten, deren ätherische Körper unendlich langsam von den zähflüssigen, brodelnden Wogen des Sees zerfressen wurden. Erst als sich die geschundenen Körper der einstigen Himmelswesen mit einer dicken, ledrigen Schuppenhaut zu bedecken begannen, die sie unempfindlich machte für das glühend heiße Höllenfeuer, verstummten die Schreie allmählich und gingen über in ein unzufriedenes Knurren und Brummen. Die verkohlten Gestalten begannen, an ihren Ketten zu zerren. Je näher das Ende ihrer Gefangenschaft rückte, desto lauter brüllten sie. Als der Erzengel auf Geheiß des Herrn die Tore der Unterwelt wieder öffnete und sie von ihren Ketten befreite, breiteten sie ihre großen, schwarzen Drachenflügel aus, reckten ihre Klauen dem Licht entgegen und flogen mit kräftigen Flügelschlägen feuerspeiend und Schwefelgestank verbreitend den engen Schacht hinauf an die Oberfläche.
    Gott hatte an den aufrührerischen Engeln die von ihm verhängte Strafe vollzogen und sie in blutrünstige Dämonen verwandelt. Wie eine giftige, übel riechende Schlammflut ergossen sie sich über die Welt der Lebenden und machten sich sofort an die Ausführung des Auftrags, den Gott ihnen zur Strafe für ihre Vergehen erteilt hatte. In seinem Namen sollten sie den Glauben der Menschen auf die Probe stellen und versuchen, mit falschen Versprechungen die Leichtgläubigen vom rechten Weg abzubringen. Die Seele eines jeden, der sich von ihnen in die Irre führen ließ, sollte auf ewig verdammt sein.
    Die meisten Dämonen hatten nicht das geringste Mitleid mit denen, die sie ins Verderben rissen - ganz im Gegenteil. Sie hassten die Menschen, ganz besonders die Frauen, denen sie die Schuld an allem gaben, was ihnen widerfahren war. Und am schlimmsten traf es jene Frauen, die sich von den Dämonen verführen ließen.
    Die Mischwesen, halb Mensch, halb Dämon, die sie in sich trugen, vernichteten ihre Körper und fraßen an ihren Eingeweiden, bis sie das Licht der Welt erblickten. Die Schmerzen während der Schwangerschaft waren unbeschreiblich, aber nichts im Vergleich zu dem, was ihnen bei der Geburt des Dämons bevorstand.
    Meresin hatte es schon einmal miterlebt. Damals hatte eine Nonne des nahegelegenen Klosters Buchau Balams Kind zur Welt gebracht. Meresin hatte die Nonne gut gekannt. Er war vor Balam zu ihr gekommen, hatte sich aber nicht dazu durchringen können, sie zu verführen. Als Balam ihr erschienen war, hatte sie sich ihm gleich in der ersten Nacht hingegeben. In der Nacht, in der sie starb, hatte Meresin neben ihrem Bett gestanden und nichts empfunden. Auch jetzt fühlte er keinerlei Bedauern angesichts dessen, was der Gräfin bevorstand. Seine Sorge galt einzig und allein Franzi.
    Sie war nicht wie diese Frauen. Franzi war weder lüstern noch habgierig, sie war voller Güte und Liebe und hatte selbst in ihrer Not nicht den Glauben verloren. Es war einfach nicht recht, ein Mädchen wie sie ins Unglück zu stoßen. Und doch hatte er genau das zu tun - im Auftrag Gottes.
    Meresin wusste nur zu gut, dass sie sich ihm hingeben würde, wenn er es wollte. Nicht aus Wollust, dieses unschuldige, einsame Mädchen würde sich ihm zum Geschenk machen als Beweis für ihre bedingungslose Liebe. Franzi vertraute ihm und war fest davon überzeugt, dass er nie etwas von ihr verlangen würde, was ihr schaden könnte. Anders als die Gräfin suchte sie nicht ihr persönliches Vergnügen. Franzi wollte auch niemandem etwas Böses antun, sie wollte nur Meresin glücklich machen. Dafür war sie zu allem bereit. Und er sollte sie dafür bestrafen und leiden lassen, indem er ihr antat, was Agreas der Gräfin angetan hatte.
    Das war undenkbar.
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