Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Autoren: Joanne Fedler
Vom Netzwerk:
Jahren, als wir noch demselben Müttertreff angehörten, hat Tam uns regelmäßig in den Wahnsinn getrieben mit ihrer von Pestiziden, Hormonen und Nitraten unbelasteten, gluten-, laktose- und geschmacksfreien Ernährung. Ein Abend mit ihr war ungefähr so unterhaltsam, wie auf der Hochzeitsreise seinen Steuerberater dabeizuhaben.
    »Ich bin ihr neulich mit ihrem Baby begegnet«, sagt Helen.
    »Sie ist sicher froh, dass es ein Mädchen ist. War die Schwangerschaft eigentlich geplant? Ich habe mich nicht getraut, sie zu fragen.«
    »Ich glaube, das war die Rache für das Baby, bei dem Kevin auf Abtreibung bestanden hat.«
    »Woher weißt du davon?«, frage ich schockiert.
    »Du hast es mir selbst erzählt, du dumme Gans. Hast du das vergessen?«
    Ja, leider. Ich habe total vergessen, dass ich es Helen nur einen Tag nachdem Tam es mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut hatte, erzählt habe. Tams Mann Kevin, ein Schönheitschirurg, hatte sie praktisch gezwungen, eine vollkommen unproblematische Schwangerschaft abzubrechen, weil das »kein guter Zeitpunkt« für ihn sei.
    »Bitte sag mir, dass du das niemandem weitererzählt hast.«
    »Natürlich habe ich das. Mich hat ja keiner darum gebeten, es für mich zu behalten.« Helen schaut mit leicht zusammengekniffenen Augen in die Ferne und seufzt. »Ich hätte Bones mitbringen sollen. Es hätte ihr hier sicher gut gefallen.«
    Bones, Helens neue große Liebe, ist ein giftiger kleiner Cairn Terrier. Sie hat ihn in der Woche bekommen, nachdem Levi eingeschult worden war, nach einer dreimonatigen Geduldsprobe. Sie musste diverse Antragsformulare ausfüllen und zu einem veritablen Vorstellungstermin erscheinen, denn »der Hund wählt Sie aus, nicht umgekehrt«. Der langwierige Prozess lässt die Adoption eines Kindes aus einem Dritte-Welt-Land vergleichsweise einfach aussehen. Seit sechs Wochen hinterlässt das Hündchen jetzt seine Häufchen auf ihren dampfgereinigten Teppichböden, heult die halbe Nacht durch und muss zweimal täglich spazieren geführt werden.
    Irgendwie scheinen alle meine Freundinnen auf den Hund gekommen zu sein – als könnte ein kleines, kuscheliges Wesen, das man impfen, zur Sauberkeit erziehen und extra bekochen muss, die Illusion aufrechterhalten, dass man noch gebraucht wird. Nachdem der Hund meiner Mutter, ein inkontinent tröpfelnder Mischling namens Snowy, im biblischen Alter von achtzehn Jahren gestorben war, sagte sie: »Freiheit – das ist, wenn alle Kinder von zu Hause ausziehen und die Haustiere sterben.« Da habe ich doch immerhin etwas, worauf ich mich freuen kann.
    »Ich bin ziemlich sicher, dass man hier keine Hunde mitbringen darf«, erwidere ich.
    »Wer hätte das denn merken sollen?«
    »Hat die Frau von der Agentur nicht gesagt, dass es einen Gärtner gibt? Der würde einen Hundehaufen sofort erkennen, wenn er einen sieht.«
    »Ach, und was soll er dann machen? Mich fesseln und in den Schrank sperren?«
    Manchmal erinnert Helen mich an Aaron. Der hat ebenfalls null Respekt vor jeglicher Autorität. Vielleicht hat sie auch so gut wie jeden Tag nachsitzen müssen. Außer ihr kenne ich niemanden, der es geschafft hat, einen Strafzettel nicht bezahlen zu müssen. Der Trick, so behauptet sie, bestehe darin, mit völlig offener, ruhiger Miene zu lügen, also probiere ich es nicht einmal. Ich vermassele grundsätzlich jeden Versuch, irgendwen zu täuschen, selbst wenn es um Geld geht. Was irgendwie lästig ist, da lügen in einer Ehe unerlässlich sein kann, beispielsweise Ich habe meine Tage, vielleicht nächste Woche?, oder pädagogisch notwendig: Nein, nein, das sieht zwar aus wie Cola, aber das ist mein Magenmittel … Igitt, schmeckt das widerlich.
    Helen streckt die Arme aus und rollt den Kopf von einer Seite zur anderen. Ihr wirrer Lockenkopf hat seit mindestens einer Woche keine Bürste mehr gesehen. Dann holt sie etwas aus ihrer Tasche.
    »Schau mal, das lag bei der Ferienhaus-Agentur auf dem Tresen«, sagt sie und wirft mir eine Visitenkarte zu. »Garys Ganzkörpermassage, sechzig Dollar. Meinst du, Gary macht auch Hausbesuche?«
    Ich betrachte die Karte. Selbst gestaltet. Unprofessionell. Aber schließlich geht es um Massagen, nicht um Hirnchirurgie. Heutzutage bekommt man ja keine einstündige Massage mehr für unter hundert Dollar. Letztes Jahr hat Frank mir eine zum Muttertag geschenkt. Der Gutschein war von einem schicken Spa, das praktischerweise direkt gegenüber von seinem Büro liegt, also eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher