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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden
Autoren: Anne Katherine Green
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etwas nie herausgenommen. Ich will dergleichen gar nicht hören, fügte sie hastig hinzu, Emilie war – eine Dame und –
    Nun, nun, beruhigte sie Gryce, wenn auch die Katze den Kaiser ansieht, so ist damit immer noch nicht gesagt, daß der Kaiser nach der Katze schaut. Wir müssen natürlich alles in Betracht ziehen.
    Solche Gedanken schlagen Sie sich nur ganz aus dem Sinn.
    Gryce strich leise über die Krempe seines Hutes, den er in der Hand hielt. Sie könnten uns unsere Aufgabe wesentlich erleichtern, Frau Daniels, wenn Sie die Güte hätten, uns offen kund zu tun, weshalb Sie solchem Anteil an dem Mädchen nehmen. Ein Blick in ihre wahre Geschichte würde uns besser auf die rechte Spur helfen, als alles, was Sie uns sonst bieten können.
    Sie zog die Stirn in düstere Falten. Habeich Ihnen denn nicht alles gesagt, was ich davon weiß? Daß sie vor einem Jahr hei mir Arbeit suchte und ich sie behielt, weil sie mir gefiel; daß sie seitdem immer bei uns gewesen ist und –
    Also wollen Sie es uns nicht sagen, unterbrach sie Gryce.
    Sie schien zu zaudern; Unentschlossenheit sprach aus ihren Mienen.
    Wenn Sie es nicht tun, läßt sich schwerlich etwas ausrichten, fuhr er fort.
    Jetzt kehrte ihre frühere Sicherheit zurück.
    Sie sind im Irrtum, sagte sie; wenn das Mädchen ein Geheimnis hatte, was wohl möglich ist, da sie augenscheinlich früher in besseren Verhältnissen war und ins Elend geriet, so hat das doch nichts mit ihrem rätselhaften Verschwinden zu tun. Wüßten Sie es auch, es würde Ihnen keine Hilfe sein. Davon bin ich überzeugt und werde mein Schweigen bewahren.
    Sie war keine Frau, die sich durch Drohungen oder Schmeichelworte wider ihren Willen zum Reden bringen ließ; Gryce sah dies ein und drang nicht weiter in sie. Wollen Sie uns nicht wenigstens sagen, welche Gegenstände sie aus der Kommode mitgenommen hat? fragte er nur noch.
    Nein, auch das hat nichts mit ihrem Verschwindenzu tun. Es waren Dinge, die für sie großen Wert hatten, aber im übrigen ganz ohne Bedeutung sind. Nur die Tatsache wird dadurch bestätigt, daß man ihr einen Augenblick Zeit gelassen hat, um mitzunehmen, was ihr am wichtigsten war.
    Gryce erhob sich. Sie geben uns ein schweres Rätsel auf, sagte er, aber vor Schwierigkeiten zurückzuschrecken ist nicht meine Art. Ich werde tun was ich kann, um den Aufenthaltsort des Mädchens zu entdecken – aber Sie müssen mir helfen.
    Ich – aber wie?
    Indem Sie einen Aufruf im »Herald« einrücken, um sie wissen zu lassen, daß ihre Freunde in Sorge um sie sind und Nachricht von ihr zu erhalten wünschen.
    Unmöglich, rief sie heftig, ich müßte ja fürchten –
    Nun, was denn?
    Höchstens könnte ich schreiben, daß Frau Daniels sich um Emilie Sorge macht und gern ihren Aufenthaltsort wissen möchte.
    Kleiden Sie es ein, wie Sie wollen.
    Es wird auch gut sein, nahm ich jetzt zum erstenmal das Wort, wenn Sie demjenigen, derIhnen Nachricht bringt, eine Belohnung versprechen.
    Ja, bestätigte Gryce, fügen Sie das jedenfalls bei.
    Frau Daniels sah finster drein, machte jedoch keinerlei Einwendungen. Wir ließen uns nur noch die Kleidungsstücke, welche das Mädchen am vergangenen Abend getragen hatte, genau beschreiben, dann verließen wir das Haus.

Viertes Kapitel.
    Eine geheimnisvolle Angelegenheit, meinte Gryce, als wir an der Straßenecke stillstanden, um noch einen Blick auf das Haus und seine Umgebung zu werfen. Warum das Mädchen die Leiter dort heruntergeklettert sein sollte, um ein Haus zu verlassen, das sie ein Jahr lang bewohnt hat, geht über mein Verständnis. Ohne die Blutspuren würde ich das ganze Abenteuer für eine Erfindung halten. Hätte ich nur eine Photographie von ihr. Schwarzes Haar, dunkle Augen, ein bleiches Gesicht und eine magere Gestalt. Und nach dieser Beschreibung soll man ein Mädchen in einer Stadt wie Neuyork auffindenkönnen. – Ach, rief er plötzlich befriedigt aus, da kommt Herr Blake wieder; sein Ausgang ist nur von kurzer Dauer gewesen. Vielleicht kann er die Beschreibung noch vervollständigen. Er eilte auf den Herrn zu und richtete mehrere Fragen an ihn.
    Herr Blake stand still, sah ihn einen Augenblick verwirrt an und erwiderte dann so laut, daß ich seine Worte verstehen konnte:
    Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht dienen kann, aber ich habe nicht die leiseste Vorstellung, wie das Mädchen aussah. Erst heute morgen habe ich überhaupt erfahren, daß sich eine Näherin in meinem Hause befand. Ich überlasse alle diese
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