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Enders Spiel

Enders Spiel

Titel: Enders Spiel
Autoren: Orson Scott Card
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Schwester Valentine eine Frau sein, wenn du sie wiedersiehst. Ihr werdet Fremde sein. Du wirst sie immer noch lieben, aber du wirst sie nicht kennen. Du siehst, ich behaupte nicht, dass es einfach wäre.«
    Â»Mom und Daddy?«
    Â»Ich kenne dich, Ender. Ich verfolge die Monitoraufzeichnungen nun schon eine ganze Weile. Du wirst deine Mutter und deinen Vater nicht vermissen, nicht sehr, nicht für lange. Und sie werden dich auch nicht lange vermissen.«
    Unwillkürlich traten Ender Tränen in die Augen. Er wandte das Gesicht zur Seite, wischte sie aber nicht ab.
    Â»Sie lieben dich wirklich, Ender. Doch du musst begreifen, was dein Leben sie gekostet hat. Sie kommen aus religiösen Familien, weißt du. Dein Vater ist auf den Namen John Paul Wieczorek getauft. Katholisch. Das siebte von neun Kindern.«
    Neun Kinder! Das war unvorstellbar. Verbrecherisch.
    Â»Nun ja, Menschen tun seltsame Dinge für die Religion. Du kennst die Sanktionen, Ender – damals waren sie nicht so hart, aber trotzdem nicht milde. Nur die ersten beiden Kinder erhielten eine kostenlose Ausbildung. Die Steuern stiegen mit jedem neuen Kind. Dein Vater wurde sechzehn und berief sich auf das Gesetz über unwillfährige Familien, um sich von seiner Familie zu trennen. Er änderte seinen Namen, schwor seiner Religion ab und gelobte, nie mehr als die erlaubten zwei Kinder zu haben. Er meinte es ernst. Die ganze Schande und Verfolgung, die er als Kind über sich hatte ergehen lassen müssen – er schwor sich, dass keines seiner Kinder dies durchmachen sollte. Verstehst du?«
    Â»Er wollte mich nicht.«
    Â»Nun, keiner will heutzutage noch einen Dritt. Du kannst nicht von ihnen erwarten, froh darüber zu sein. Aber dein Vater und deine Mutter sind ein Sonderfall. Sie schworen beide ihren Religionen ab – deine Mutter war Mormonin –, aber tatsächlich sind ihre Gefühle noch zwiespältig. Weißt du, was zwiespältig bedeutet?«
    Â»Sie empfinden zweierlei zugleich.«
    Â»Sie schämen sich, aus unwillfährigen Familien zu stammen. Sie verbergen es. Das geht so weit, dass deine Mutter sich weigert, irgendjemandem gegenüber einzugestehen, dass sie in Utah geboren ist, damit man keinen Verdacht schöpft. Dein Vater verleugnet seine polnischen Vorfahren, weil Polen immer noch eine unwillfährige Nation ist und deswegen internationalen Sanktionen unterliegt. Verstehst du? Darum zerstört, einen Dritt zu haben – selbst aufgrund direkter Befehle der Regierung –, alles, was sie zu tun versucht haben.«
    Â»Das weiß ich.«
    Â»Aber es ist sogar noch komplizierter. Dein Vater hat euch noch nach den Namen legaler Heiliger benannt. Tatsächlich hat er euch alle drei eigenhändig getauft, als ihr nach eurer Geburt nach Hause kamt. Und eure Mutter hat sich dagegen gewehrt. Sie haben sich deswegen jedes Mal gestritten – nicht weil sie nicht wollte, dass ihr getauft wurdet, sondern weil sie nicht wollte, dass ihr katholisch getauft wurdet. In Wirklichkeit haben sie ihre Religion nicht aufgegeben. Sie schauen dich an und sehen dich als Zeichen ihres Stolzes, weil sie es fertiggebracht haben, das Gesetz zu umgehen und einen Dritt zu haben. Aber du bist auch ein Zeichen ihrer Feigheit, weil sie es nicht wagen, weiterzugehen und die Unwillfährigkeit zu praktizieren, die sie immer noch als richtig empfinden. Und du bist ein Zeichen ihrer öffentlichen Schande, weil du mit jedem Schritt ihre Anstrengungen störst, sich in die normale, willfährige Gesellschaft einzugliedern.«
    Â»Wie können Sie das alles wissen?«
    Â»Wir haben deinen Bruder und deine Schwester mit Monitoren überwacht, Ender. Du wärst überrascht, wie empfindlich die Instrumente sind. Wir waren direkt mit deinem Gehirn verbunden. Wir vernahmen alles, was du vernahmst, ob du nun aufmerksam zugehört hast oder nicht. Ob du verstanden hast oder nicht. Wir verstehen.«
    Â»Also lieben mich meine Eltern – und gleichzeitig lieben sie mich nicht?«
    Â»Sie lieben dich. Die Frage ist, ob sie dich hierbehalten wollen. Deine Anwesenheit in diesem Haus ist eine fortwährende Störung. Eine Quelle für Spannungen. Begreifst du das?«
    Â» Ich bin nicht derjenige, der Spannungen verursacht.«
    Â»Nicht etwas, was du tust, Ender. Dein Leben an sich. Dein Bruder hasst dich, weil du der lebende Beweis dafür bist, dass er nicht gut
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