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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
Autoren: Yvonne Gees
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geschaffen, ihre eigene Freiheit beschnitten. Ich aber habe den Käfig der einengenden Moral gesprengt und bin, ohne das geringste Bedauern, meinen eigenen Weg gegangen.
    Und heute stehe ich an einem wichtigen Scheidepunkt, vielleicht der wichtigste überhaupt in meinem bereits sehr langen Leben: Diejenigen Gaben der Natur, welche meine mir zur Seite stehenden Schüler auszeichnen, sind allzu spärlich gesät. In all den Jahren habe ich niemals jemanden gefunden, der meinen höchsten Ansprüchen auch nur annähernd gerecht wird. Zum Auffinden jedes einzelnen meiner kurzzeitigen Begleiter ist  eine zeitraubende Suche vonnöten gewesen. Und jedes mal von Neuem folgte eine ermüdende Zeit der Ausbildung, die am Ende doch nie das Ergebnis brachte, das ich mir gewünscht hätte.
    Ich brauche einen stärkeren, fähigeren Menschen an meiner Seite. Jemanden, dem von Geburt an diejenigen Anlagen mitgegeben sind, die es ihm ermöglichen, mir irgendwann einmal zumindest ebenbürtig zu werden. Gemeinsam mit einem solchen Menschen wäre es nach Jahren des Beinah-Stillstandes endlich wieder möglich, einen großen Schritt nach vorne zu unternehmen. Ich habe Pläne für die Zukunft, die zu erfüllen es weit mehr braucht, als das, was ich in meinen bisherigen Getreuen gefunden habe.
    Doch meine intensive Suche nach jemanden, der den Platz an meiner Seite wahrhaft ehrenvoll ausfüllen wird, ist bisher erfolglos geblieben. Sollte ich der einzige Mensch in diesem Erdenkreis sein, dem es gegeben ist, alles bisher da Gewesene hinter sich zu lassen und eine wirkliche Revolution hervorzurufen?
    Wenn ich also in dieser Welt niemanden finden kann, der meinen Vorstellungen entspricht und der in der Lage ist, meinen Weg mit mir gemeinsam zu beschreiten: Was hält mich davon ab, mir selbst einen Schüler zu schaffen, der der Mühe wahrhaft wert ist?  Ich besitze das Wissen und die Macht dazu. Und was am wichtigsten ist: Ich habe die Freiheit.
     
    Ich kann schaffen, was die Natur nicht mehr zu schaffen in der Lage ist:
    Das alte Erbe aus längst vergangenen Zeiten lebt noch immer weiter, tief verborgen in jedem Menschen. Man muss es nur erwecken und in die richtige Bahn lenken. Was degeneriert ist, kann zu alter Stärke zurückgeführt werden. Was fehlt, das wird vervollständigt.
    Ich habe beschlossen, den Kreis eigenhändig zu schließen: In einem Menschen der Gegenwart wird die Stärke unserer altvordersten Ahnen wieder erweckt werden. Ich selbst war einst ein Produkt des Zufalls, ein zufälliges Erzeugnis der chaotischen Natur. Doch was, wenn man den Zufall lenken könnte, mit dem Ziel, die Menschheit nach Jahrtausenden der Devolution wieder zu ihren Wurzeln zurückzuführen? Ein Geschlecht aus wahren Herrschern der Schöpfung könnte entstehen! Die Schicksalsgebundenheit gesprengt durch meine Hand!
     
     
     

------- ELISA SLEYVORN -------
     
    Das flackernde Licht der Fackel zeichnete bewegte Schatten auf die zerklüfteten Felswände. Wasser tropfte von den feuchten Steinen, hinterließ überall Pfützen auf dem Boden. Jeder Tropfen entfachte eine Kette hallender Echos, wenn er die Oberfläche eines der kleinen Seen durchbrach und mit ihm verschmolz. Es war das Wasser, dessen beständige Kraft diese Höhle im Laufe Tausender von Jahren geformt hatte. Das Wasser war auch heute noch Herrscher über das dunkle, schroffe Loch im Felsen, direkt am Meer. So manches Mal ergriff es tosend Besitz von der Höhle, durchspülte sie in peitschenden Wellen und füllte sie schließlich restlos aus.
    Der Hall von Elisas Schritten mischte sich wie ein harter Rhythmus unter das Heulen des Windes und den Klang der tausendfachen Tropfen. Das Haar und die Schultern hatte sie mit einem weißen Tuch verhüllt. Das unstete Licht der Fackel, das aus der Tiefe der Höhle zu ihr herüber schien, erhellte ihr den zerklüfteten, steinigen Weg. Ehe sie den Mann, der dort auf sie wartete, ganz erreichte, streifte sie ihren rechten Handschuh ab und hielt ihm die entblößten Finger entgegen. Ein Ring prangte an der Hand, mit einem blutroten Stein versehen.
    „Endlich lernen wir uns kennen“, sagte der Fremde, der sehr viel jünger war, als sie selbst. Er berührte den roten Stein kurz mit seinem Finger und neigte dabei leicht den Kopf.
    Elisa unterzog sein Äußeres unterdessen einer intensiven Prüfung. Besonders auffallend war das rote, lockige Haar ihres Gegenübers, das als dichte, ungebändigte Mähne bis über seine Schultern fiel. Dunkelgrüne Augen
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