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Ella Vampirella

Titel: Ella Vampirella
Autoren: Marliese Arnold
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gut, wenn’s unbedingt sein muss.«
    Ella starrte ihn wortlos an. Sie hatte nicht die geringste Lust, den Alten zum Vampir zu machen. Erstens war sie satt, zweitens
     roch der Typ widerlich nach Alkohol, und drittens war sie hierhergekommen, um sich nach Burg Wildenstein zu erkundigen.
    »Los, mach schon«, drängte der Alte. »Ich hab nicht ewig Zeit.«
    »Aber Sie könnten dann nicht mehr tagsüber im Park sitzen«, wandte Ella ein. »Sie müssten die Sonne meiden und sich einen Sarg anschaffen. Und Sie müssten natürlich auch Ihre Ess- und Trinkgewohnheiten umstellen.«
    »Das wär mir die Sache wert«, sagte der Mann, knöpfte den Hemdkragen auf und hielt den faltigen Hals schief. »Gut so?«
    Ella machte auf der Stelle kehrt und rannte davon. Nur fort von dem närrischen Kerl, der unbedingt gebissen werden wollte. Ella hatte gelernt, dass sich die meisten Menschen vor Vampiren fürchteten. Sie hatte noch nie von einem Menschen gehört, der freiwillig gebissen werden wollte. Und dann noch dazu einer, der Alkohol im Blut hatte, brrr!
    In ihrer Panik achtete Ella nicht darauf, wohin sie lief. Als sie keuchend anhielt, stand sie auf dem Kirchplatz. Der Vollmond tauchte alles in sanftes, silbriges Licht. Eine Katze huschte dicht an Ella vorbei und maunzte laut. Ella bückte sich, um sie zu streicheln.
    »Schade, dass du nicht reden kannst«, sagte Ella zu der Katze. »Sonst hätte ich dich fragen können, wo Burg Wildenstein liegt.«
    Der Katze wurde es zu langweilig, und sie floh mit großen Sprüngen über den Platz. Ella folgte ihr und entdeckte neben der Kirche einen kleinen Friedhof mit uralten, verwitterten Gräbern. Die Inschrift auf einer Steintafel erzählte von der Pest, die einst in diesem Ort gewütet hatte. Fast alle Bewohner waren damals gestorben. Vielleicht stand auf den anderen Tafeln etwas über die gesuchte Burg? Ella ging von Grab zu Grab.
    Sie war so vertieft, dass sie zusammenzuckte, als die Turmuhr über ihr zu schlagen anfing. Ella zählte mit, verzählte sich aber mittendrin. Waren es zehn Schläge oder schon elf? Auf alle Fälle musste sie sich sputen, bevor Wolfi sich um Mitternacht in einen Menschenjungen verwandelte.
    Ella verließ den Friedhof und kehrte auf den Kirchplatz zurück. Sie entdeckte eine Bushaltestelle und studierte den Fahrplan. Doch nirgends stand Burg
Wildenstein
. Mist, wie kam sie bloß dorthin?
    Da kam ein Bus angefahren und hielt an der Haltestelle. Nur drei Fahrgäste saßen darin. Die Tür ging auf, aber niemand stieg aus.
    Der Busfahrer schaute Ella fragend an. »Na, worauf wartest du noch? Das ist der letzte Bus, der nächste fährt erst morgen früh.«
    Ella fasste sich ein Herz. »Wie komme ich zur Burg Wildenstein?«
    »Burg Wildenstein?« Der Busfahrer schüttelte den Kopf. »Diese Tour fahre ich nicht.«
    »Aber Sie kennen die Burg?«, hakte Ella nach. »Sie wissen, wo sie ist?«
    »Ungefähr dreißig Kilometer von hier, in östlicher Richtung«, antwortete der Fahrer. »Die Burg gehört zum Dorf Zweihausen und steht auf dem Galgenberg. Aber warum willst du das mitten in der Nacht wissen? Wo sind überhaupt deine Eltern? Warum lassen sie dich um diese Zeit allein herumlaufen? Du bist doch höchstens zehn!«
    »Ich bin dreiundachtzig«, wiederholte Ella ernst. »Und meine Tante feiert auf Burg Wildenstein eine Party, dazu bin ich eingeladen.«
    Die Fahrgäste, die das Gespräch gehört hatten, brachen in lautes Gelächter aus.
    »Dreiundachtzig will die Kleine sein, das ist wirklich ein guter Witz!«
    »Und eine Party auf Burg Wildenstein! Na, prost Mahlzeit. Ich könnte mir wirklich einen gemütlicheren Ort vorstellen!«
    »Willst du jetzt mitkommen?«, fragte der Busfahrer noch einmal.
    Ella schüttelte den Kopf.
    »Man müsste die Polizei benachrichtigen«, hörte sie einen Fahrgast sagen. »Bestimmt ist das Mädchen von zu Hause weggelaufen.«
    Ella wartete nicht länger. Zum zweiten Mal an diesem Abend rannte sie davon, so schnell ihre Beine sie trugen. Sie sauste über den Kirchplatz, quer über den Friedhof und dann über eine große Wiese. Ella stoppte erst, als sie an einen kleinen Bach kam. Fließendes Wasser, igitt!
    Sie lauschte. Nein, niemand kam hinter ihr her. Glück gehabt!
    Allmählich beruhigte sich Ella wieder. Wenigstens wusste sie jetzt, wo die Burg war. Aber wie sollte sie mit Wolfi dorthin kommen? Sollten sie etwa die dreißig Kilometer zu Fuß gehen? Und was war mit den Kisten? Die konnten sie schließlich nicht einfach zurücklassen.
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