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Ella auf Klassenfahrt

Ella auf Klassenfahrt

Titel: Ella auf Klassenfahrt
Autoren: Timo Parvela
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schon stehen geblieben.
    Wir setzten uns alle neben ihn und sahen zu, wie die Frau des Lehrers in einem Büro am anderen Ende des Flughafens verschwand.
    »Ich habe einen Traum«, begann der Lehrer auf einmal. »Ich träume davon, die Wüste bei Vollmond zu sehen. Ich sitze am Lagerfeuer und lausche der vollkommenen Stille. Der Mond leuchtet hell, die Kojoten heulen, und der Wind trägt sonderbare Gerüche aus fernen Ländern heran.«
    Wir fanden alle, dass der Traum des Lehrers unheimlich romantisch war. Sogar die Jungs hatten auf einmal so ein Glitzern in den Augen. Schade nur, dass sein Traum auf dieser Reise nicht wahr werden würde.
    Natürlich hatten wir selbst auch Träume.
    »Ich träume davon, im Meer zu schwimmen«, sagte Hanna.
    »Ich träume davon, mit den Einheimischen in zwanzig verschiedenen Sprachen zu sprechen«, sagte Timo.
    »Ich träume davon, auf einem Kamel zu reiten«, sagte Tiina.
    »Ich träume von der Sonne und warmem Sand«, sagte ich.
    »Ich träume davon, dass ich irgendwann wieder zurück nach Hause darf«, sagte Mika weinerlich.
    »Ich träume auch, aber nicht so oft«, sagte Pekka.
    »Ich träume nie und geb jedem traumhaft eins auf die Nase, der was anderes behauptet!«, drohte der Rambo.
    Wir waren gespannt, was weiter passieren würde, als wir die Frau des Lehrers aus dem Büro kommen sahen.
    »Gute und schlechte Nachrichten«, sagte sie.
    »Die guten zuerst«, verlangte der Lehrer.
    »Ich konnte uns Flugtickets zurück nach Hause besorgen.«
    »Jabadabadu!«, sagte der Lehrer.
    »O nein!«, sagten wir.
    »Aber der Flug geht erst in einer Woche«, fuhr die Frau des Lehrers fort.
    »O nein!«, sagte der Lehrer.
    »Jabadabadu!«, sagten wir.

5
    »Nein!«, sagte der Lehrer.
    »Doch!«, sagte seine Frau.
    »Es muss einen anderen Weg geben«, sagte der Lehrer.
    »Und der wäre?«, fragte seine Frau.
    »Keine Ahnung«, sagte der Lehrer.
    »Rufst du an, ob wir kommen können, oder ich ?«, fragte seine Frau.
    »Wir verstecken uns im Frachtraum des nächsten Flugzeugs und fliegen als blinde Passagiere zurück«, schlug der Lehrer vor.
    »Wer von uns beiden anruft, hab ich gefragt«, sagte seine Frau und hob dabei die Augenbrauen.
    »Ich«, seufzte der Lehrer.
    Wir warteten, und Timo meinte, ans Warten sollten wir uns besser schon mal gewöhnen. Da hatte er natürlich recht. Wenn der Lehrer nämlich keine Unterkunft für uns besorgen konnte, mussten wir es vielleicht die ganze Woche auf dem Flughafen aushalten.
    Zum Glück war der Schalteronkel von vorhin sehr nett. Als er sich von seinem Lachanfall erholt hatte, kam er hinter seinem Schalter vor und schaltete das Laufband ein. Wir durften alle in eine Fransenluke hinein- und aus einer anderen wieder herausfahren. Es machte uns allen einen Riesenspaß.
    »Na?«, fragte die Frau des Lehrers, als er zu Ende telefoniert hatte.
    Der Lehrer nickte stumm.
    Ein bisschen später stellten wir uns draußen ordentlich in einer Reihe auf. Die Sonne schien, und es war schön warm, obwohl hoher Schnee lag. Das war ein Glück, denn wir waren alle ziemlich leicht gekleidet. Beim Anziehen am Morgen hatten wir ja nicht wissen können, dass wir am Nachmittag in Lappland sein würden. Es war Mai, und im Mai ist dort noch Winter, und dort, wo wir hinfliegen wollten, sollte schon Sommer sein. Trotzdem froren wir nicht, außer vielleicht der Lehrer an dem Fuß, an dem er keinen Schuh anhatte. Über den hatte er inzwischen eine Plastiktüte gezogen, aber die wärmte bestimmt nicht gut.
    Wir überlegten die ganze Zeit, wen der Lehrer wohl angerufen hatte. Auf den warteten wir nämlich.
    »Wahrscheinlich kommt der Staatspräsident«, sagte Timo. »Bei einer Katastrophe kommt der Staatspräsident persönlich, oder er schickt wenigstens ein Flugzeug, das die Menschen retten soll.«
    Timo kennt Wörter wie »Katastrophe«, er ist unser Klassengenie.
    »Und dem Lehrer schickt er einen neuen Schuh«, setzte Hanna hinzu.
    Wir fanden es toll, dass der Staatspräsident persönlich sich um uns und den Schuh des Lehrers kümmern wollte. Das war sehr großzügig von unserem Präsidenten.
    »Und woher soll der Lehrer den Präsidenten eines ausländischen Landes kennen?«, fragte Pekka, aber auf die dumme Frage bekam er keine Antwort, denn auf einmal hörten wir ein Brummen. Erst war es noch ganz fern, dann kam es immer näher, bis es sich anhörte, als würde sich ein riesiger Hummelschwarm zum Angriff bereitmachen.
    Aber dann kam das Geräusch gar nicht aus der Luft. Es
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