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Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Titel: Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
Autoren: Thomas Kanger
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Person zusammenschlugen. Dann warf er noch einen raschen Abschiedsblick zum goldenen Stier auf seinem Sockel. Er hatte wahrhaftig das Seine für die Kommune von Västerås getan.
    Auf dem Heimweg wurde er mehrere Male von Einwohnern der Stadt aufgehalten, die ihm die Hand drücken wollten, und es war Viertel vor sechs, als er den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte. Er bückte sich, hob die Post auf und warf sie auf den Couchtisch, ohne nachzusehen, was sie enthielt. Stattdessen griff er nach der Länstidningen, die aufgeschlagen auf dem Tisch lag. »Wiljam Åkessons politisches Erbe« lautete die Überschrift auf der ersten Seite. Sein Bild ging über drei Spalten; allein sein Lächeln war fast eine ganze Spalte breit.
    Er schaute kurz auf das Foto, bevor er die Zeitung zurücklegte. Dann drehte er sich zu den gut gefüllten Bücherregalen um.
    Er zog ein Buch heraus, es war der dritte Teil einer Biographie über Per Albin Hansson.
    Eine ganze Weile stand er still da und las. Plötzlich erstarrte sein Körper. Sein Blick wurde unbestimmt und hob sich langsam von den Zeilen.
    Mit einer zögernden Bewegung sah er sich im Zimmer um. Nichts kam ihm verändert vor. Seine Augen blieben an einem gerahmten Gemälde von Albin Amelin hängen, einer Radierung, die er vor mehr als zwanzig Jahren für knapp tausend Kronen gekauft hatte.
    Abrupt ließ Wiljam Åkesson das Buch zu Boden fallen. Mit wenigen raschen Schritten war er beim Fenster neben dem Amelin-Bild und tastete nach dem Griff. Es war geschlossen. Er wandte sich hastig um. Die Küchentür war zu, obwohl er doch immer alle Türen im Haus offen ließ.
    Er verharrte mehrere Sekunden regungslos. Auf einem kleinen Intarsientisch zwei Meter von ihm entfernt stand ein schwarzes Telefon.
    Bevor er es erreichte, wurde die Stille von einem schwachen, metallischen Klicken unterbrochen.

2
    Elina Wiik erwachte mit einem Ruck in dem breiten Bett in ihrer Wohnung auf dem Oxbacken.
    Auf diesen Tag hatte sie sich gefreut. Aber sofort breitete sich wie eine Schockwelle das Gefühl von Einsamkeit in ihr aus. Wahrscheinlich hatte sie schlecht geträumt. Sie richtete sich auf, um das Gefühl rasch loszuwerden.
    Sonnenlicht tröpfelte herein. Es würde ein schöner Spätsommertag werden.
    Plötzlich war aller Missmut verschwunden.
    Ich muss den Posten bekommen, dachte sie. Selbstverständlich bekomme ich ihn. Die wissen doch, was zu ihrem Besten ist. Alles andere wäre unangemessen.
    Sie richtete sich auf und betrachtete sich im Spiegel, der die ganze Wand bedeckte. Sie hatte ihn vor zehn Jahren, als sie die Wohnung bezog, und eine Woche, bevor sie als Assistentin bei der Polizei anfing, in ihrem jugendlichen Übermut aufgehängt.
    Ich werde ihn abnehmen, dachte sie, bevor ich einen Grund dafür habe.
    Eine Stunde und zweiundzwanzig Minuten später betrat sie das graue Betongebäude neben dem Stadttheater auf der Västgötegatan, eine andere Spielbühne für menschliche Schicksale in Västerås. Es war achtunddreißig Minuten vor dem regulären Dienstbeginn, und Elina fragte sich, warum sie sich aus freien Stücken quälte. Die Mitteilung würde erst um acht Uhr erfolgen. Sie würde von Oskar Kärnlund, ihrem Chef, bei der Morgensitzung gemacht werden.
    Langsam stieg sie die Treppe hinauf, zog die Erkennungskarte durch den Leser, öffnete die Tür und betrat ihren Korridor. Die vierte Tür rechts führte in ihr Büro. Auf einem Schild stand Krim. Ass. Elina Wiik.
    Noch, Elina, noch, dachte sie.
    Sie setzte sich und schaltete den Computer ein. Drei neue E-Mails. Sie öffnete keine von ihnen.
    Elina drehte sich auf dem Bürostuhl um und nahm ein Kuvert aus einem Schrank hinter sich. Sie zog einen Zeitungsausschnitt mit der Überschrift »IT-Polizei: So löste sie den Suramord« heraus. Auf dem Ausschnitt zeichneten sich Fingerabdrücke in der Druckerschwärze ab, und das Papier war lappig geworden, obwohl es noch nicht einmal ein Jahr alt war. Das Bild von ihrem lächelnden Gesicht reichte über vier Spalten. Ihre grün gesprenkelten Augen, der breite Mund und die dunklen, kurz geschnittenen Haare bildeten eine wunderbare Einheit.
    Ein gutes Bild, dachte sie. Auf dem sehe ich besser aus als in Wirklichkeit.
    Sie hatte den Text schon unzählige Male gelesen und tat es jetzt noch einmal. In der Einleitung stand, dass, soweit bekannt war, zum ersten Mal in Schweden ein Polizist einen Mord mit Hilfe von E-Mails gelöst hatte.
    Elina legte den Ausschnitt beiseite und lehnte sich auf dem Stuhl
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