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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition)
Autoren: Susanne Gerdom
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leicht und mühelos aus dem toten Körper, als zöge sie es aus seiner Scheide.
    Sao-Tan, der lautlos an ihre Seite getreten war, nahm es in Empfang, wischte es mit einem Tuch ab, und steckte es an seinen angestammten Platz. Er sah Elidar fragend an.
    »Nein«, sagte sie. »Nein, ich werde nicht meine Schwestern und …«, sie schloss die Augen, »… und unsere Töchter meucheln.«
    Er sog scharf die Luft ein, aber er blieb stumm. Sie spürte seinen Widerspruch aber auch so. »Nein«, wiederholte sie deshalb fest. »Vielleicht ist es ein Fehler, und vielleicht werde ich ihn eines Tages bereuen. Aber ich bin keine Mörderin.« Sie blickte auf die tote Königin und fügte bitter hinzu: »Auch wenn ich gerade meine Mutter getötet habe.«
    Sao-Tan legte seinen Arm um ihre Schultern, und sie ließ sich einige Atemzüge lang in die Umarmung sinken.
    Dann machte sie sich los. »Gehen wir«, sagte sie. »Ich will diesen Ort nie wieder sehen!«

37
    D ie Prinzessin stand mit nackten Füßen zwischen den Büschen und Obstbäumen hinter ihrem Haus. Ihr Kaftan war hochgeschürzt und an den Knien mit Erde und Gras befleckt, Strähnen ihres lackschwarzen Haars hatten sich aus dem Zopf gelöst und hingen ihr in die Stirn.
    Aus dem Haus eilte Luca zu ihr, ebenfalls barfuss, aber das blanke Schwert in der Hand, denn ihr Aufschrei hatte ihn geweckt.
    Nun stand sie stumm da und starrte mit zusammengekniffenen Augen in den Himmel.
    »Was ist?«, fragte er, sein Atem ging schnell. Er sah sich um. »Wieder ein Attentäter?«
    Morgenblüte schüttelte unwillig den Kopf und legte den Finger auf den Mund. Sie hatte Erde unter den Fingernägeln. Luca ließ sein Schwert sinken. Er nestelte mit der freien Hand an den Verschlüssen seines offenen Hemdes.
    »Da«, sagte Morgenblüte aufgeregt, und als Luca nun ebenfalls in den Himmel blickte, hörte er ihr Aufatmen. »Sie sind es. Beide.«
    Luca sah nichts, aber er wusste, von wem sie sprach. »Beide«, wiederholte er erleichtert. »Ich hatte es schon nicht mehr zu hoffen gewagt. Ich hole Ibram.«
    »Er soll uns etwas zu essen machen!«, rief Morgenblüte hinter ihm her.
    Die Prinzessin rührte sich nicht von der Stelle, als der Drache zwischen den Bäumen landete und dabei einen kleinen Sturm aus Staub, Erde und Blättern aufwirbelte. Sie beobachtete, wie Sao-Tan vom Rücken des Ungeheuers sprang und sich umsah, wie jemand, der nicht mehr damit gerechnet hatte, noch einmal Bäume, Erde und grünes Gras zu erblicken.
    Morgenblüte ließ ihre Augen nicht von dem Drachen, der sich erschöpft niedergelegt hatte. Sie hatte noch niemals zuvor eines dieser Geschöpfe aus so großer Nähe gesehen, und seine Schönheit nahm ihr den Atem. Seine Haut schimmerte wie Mond auf dem Wasser, die Stacheln und Dornen seines langen Schweifes funkelten wie Juwelen im Licht der Morgensonne, und die halb geschlossenen Augen hatten das eisige Funkeln des Bergkristalls und das sanfte Feuer von Opalen.
    Die Prinzessin löste sich aus ihrer Erstarrung und ging auf die beiden Ankömmlinge zu.
    »Sao-Tan«, rief sie leise. Der Schwertmann wandte sich um und machte Anstalten, sich zu verneigen, aber Morgenblüte war mit zwei schnellen Schritten bei ihm und hinderte ihn daran. »Du hast sie gefunden«, sagte sie. »Du hast sie zurückgebracht!«
    Er lächelte, und sie erschrak über sein ausgezehrtes Gesicht. »Sie hat mich zurückgebracht«, entgegnete er. »Wir wussten nicht, wie wir auf anderem Weg schnell aus der Stadt und hierher kommen sollten.« Er sah zum Haus. »Sie ist völlig entkräftet«, sagte er. »Wenn wir etwas zu essen …«
    »Das bekommt ihr«, unterbrach ihn die Prinzessin. »Und ein Bad und Schlaf. Du siehst aus, als hättest du den Tod gesehen.«
    »Das haben wir.« Er schwankte, und die Prinzessin stützte ihn.
    »Komm ins Haus«, sagte sie, aber er winkte ab.
    »Ich bleibe hier bei ihr.«
    Morgenblüte kniete sich ins Gras und zog Sao-Tan mit sich. »Ich muss wissen, was euch begegnet ist«, sagte sie. »Ich habe von euch geträumt, und die Träume waren schrecklich.« Er ließ es zu, dass sie seine Hände nahm. »Willst du es mir erzählen?«, fragte sie sanft.
    Sao-Tan erwiderte ihren Blick, dann seufzte er. »Später. Wenn Ihr es erlaubt, Herrin.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Das ist vorbei, Sao-Tan. Deine Herrin schläft dort drüben.«
    »Hoheit!«, sagte er betroffen.
    Sie schüttelte wieder den Kopf. »Vorbei, Sao-Tan. Ganz und gar vorüber. Du solltest mich nicht
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