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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition)
Autoren: Susanne Gerdom
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bist du mir nur gefolgt?«, fragte sie mit sanftem Vorwurf.
    Er kam auf die Knie und verzog das Gesicht. Sie wusste, dass er sich ebenso zerschlagen und zerschunden fühlen musste wie sie selbst - aber er lebte!
    »Ich habe vier Tage und Nächte auf eine Nachricht von dir gewartet«, erwiderte er. »Es hat mich alle Kraft gekostet, das zu tun, und nicht schon am zweiten Tag nach dir zu suchen. Dann bin ich endlich gegangen. Ich weiß nicht, wie lange ich durch diese Höhlenwelt geirrt bin, hier unten verschwindet jedes Zeitgefühl.«
    Elidar konnte kaum glauben, was sie hörte. Sie war doch seit allerhöchstens zwei Tagen hier …
    Sie stand auf und reichte ihm die Hand. »Lass uns gehen. Ich will diesen Ort hinter mir lassen.« Sie versuchte ein Lächeln. »Oder vielmehr unter mir.«
    Er kam geschmeidig auf die Füße und blieb dicht vor ihr stehen. »Danke«, sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hätte dich um ein Haar einfach sterbend liegen lassen oder sogar selbst getötet.«
    »Aber du hast es nicht getan.« Seine Stimme und sein Blick zeugten von einer festen Zuversicht.
    Elidar lächelte schwach. »Komm, mein tapferer Schwertmann.«
    Er tastete nach seiner Schulter. »Ich habe es verloren«, sagte er betrübt. »Ich bin ein armseliger Kämpfer ohne mein Schwert, meine Herrin.«
    Sie erinnerte sich, wo sie es gesehen hatte, und schauderte. »Holen wir es uns zurück«, sagte sie dennoch entschlossen.
    Der mächtige, leblose Leib der Königin lag dort, wo Elidar ihn verlassen hatte. Ihre prächtigen Flügel waren weit ausgebreitet und von den spitzen Felsen zerfetzt und die schimmernde Panzerung ihres Körpers aufgebrochen und zersplittert. Sao-Tans Schwert steckte immer noch tief in ihrer Flanke.
    Elidar näherte sich der Königin und blieb neben ihr stehen. Dann legte sie ihre Hände neben dem Schwert auf die raue Drachenhaut, sammelte sich einen Moment lang und packte den Schwertgriff, um es herauszuziehen.
    Ein tiefes Stöhnen ließ sie innehalten. Ein Beben ging durch den Drachenkörper. Elidar erstarrte und beobachtete, wie das schwere Haupt der Königin sich ein Stück vom Boden hob und zu ihr herumschwenkte. Die Juwelenaugen waren getrübt, aber ganz tief in ihnen glomm immer noch ein schwaches Feuer.
    »Tochter?«, vernahm sie ein schwaches Seufzen, wie Wind in weit entfernten Bäumen.
    Sie kniete neben dem Drachenhaupt nieder und antwortete: »Hier bin ich.«
    Das Auge rollte und richtete sich auf sie. »Das war ein guter Kampf«, sagte die ferne Stimme, und Elidar hörte den Schatten eines Lachens darin. »Ich kann jetzt gehen, meine Zeit ist um.«
    Die Nickhaut glitt über das Auge, aber immer noch rauschte der schwache Atem durch die Nüstern des Drachen.
    »Deine Schwestern …«, sagte die Königin und öffnete das Auge wieder.
    Elidar wartete geduldig.
    »Du weißt, wo sie liegen. Vernichte sie. Nimm das Schwert deines Gefährten, töte die Würmlinge. Alle.«
    Elidar wich zurück. »Das kann ich nicht tun, Königin.«
    »Sei nicht dumm.« Die Drachin keuchte. »Sie werden dir die Herrschaft streitig machen, bevor du bereit dazu bist.«
    Elidar schüttelte den Kopf. »Ich will diese Herrschaft nicht.«
    »Du weißt nicht, wovon du redest. Hör mir gut zu.« Elidar beugte sich zu ihr. »Nicht nur deine Schwestern werden dich angreifen. Deine Töchter …«
    »Das interessiert mich nicht«, sagte Elidar heftig. »Es wird keine Töchter geben. Ich gehe und kehre nicht wieder zurück.«
    Wieder das geisterhafte Lachen. »Dummes Kind. Deine Töchter liegen längst in den Kältekammern. Wenn ich gegangen bin, werden die Pfleger sie herausholen und zu den Brutkammern bringen.«
    Elidar schwindelte es. »Wieso …«, stammelte sie, »woher sollen denn Töchter kommen?«
    »Du hast sie hierher mitgebracht.« Die Königin ließ den Kopf schwer auf ihre Pranken sinken. »Ich gehe nun«, sagte sie. »Du wirst das Nest verlassen, wie jede junge Königin, die ihre Krone erkämpft hat. Wir lecken unsere Wunden und wir müssen vergessen. Geh, sieh dir die Welt an. Du wirst irgendwann hierher zurückkehren. Höre meinen Rat: Schaff dir jetzt und hier deine Rivalinnen vom Hals, damit sie dich nicht finden und töten. Denn das werden sie unweigerlich tun. Leb nun wohl. Wir sehen uns nicht wieder.«
    Sie stieß einen langen Seufzer aus, und der schwache Glanz ihres Auges verlosch.
    Elidar kniete vor der toten Königin, dann endlich stand sie auf, packte den Schwertgriff und zog daran. Das Schwert glitt so
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