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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Familienclans, in den ich mich vor Jahrhunderten eingeschmuggelt hatte.«
    »Ich verstehe nicht ...«
    »Kennst du denn nicht die diversen Legenden von
Wechselbälgern
? Den Mythen nach werden sie den Menschen von Elfen untergeschoben und gegen ihre eigenen Kinder ausgetauscht. Nun, ganz so ist es nicht – aber als ich auf der Erde erwachte, war ich ein Neugeborenes mit all dem Wissen meines langen Lebens. Und ich war sterblich geworden. Von meinem Dasein als Elfenwesen blieben mir nur noch Erinnerungen an schwache Zauber – und ein wenig Überzeugungskunst.«
    Nadja hatte so etwas Ähnliches erwartet. Nichts, was ihren Vater betraf, schien jemals in normalen Bahnen zu verlaufen. Er hatte also seinen einstmaligen Elfenkörper aufgegeben und war in einen Babyleib geschlüpft, um ... Ja, warum eigentlich?
    »Mithilfe von Laeticos Kohlenauge hatte ich einen Zeitpunkt ausgemacht, an dem ich Julia begegnen konnte. Das Auge erlaubte mir nur diesen einen Blick. Alle anderen zwischenzeitlichen Aufenthaltsorte ihrer wandernden Seele waren mit einer Vielzahl von Unsicherheitsfaktoren belegt gewesen. Nur dieser eine Moment in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts stach heraus und gab mir die Sicherheit, ihn anzusteuern.« Fabio schluckte schwer. »Mein Plan funktionierte. Die Cousine meiner ... Kuckucksmutter gebar fünf Jahre nach meinem Wiedererscheinen auf der Erde ein Mädchen. Ich besuchte es nur wenige Tage später am Kindbett. Es war Julia, ich konnte es fühlen. Ein unvorstellbares Glücksgefühl durchströmte mich. Ich, der kleine Dreikäsehoch, herzte das Neugeborene, hielt es in den Armen und summte ihm eine Melodie vor. Julias Eltern waren von meiner Anteilnahme so gerührt, dass sie meinen Namensvorschlag annahmen. Oder war es vorherbestimmt? Hatte sich dieser eine Name so gefestigt, dass es gar keine andere Wahl mehr gab?«
    Fabio stand abrupt auf und winkte einem Taxifahrer. Der Mann nickte schläfrig in seine Richtung und startete den klapprigen Mercedes. »Es muss für unsere Eltern einen seltsamen Anblick geboten haben, als wir uns im Alter von acht und dreizehn Jahren erstmals küssten. So intensiv wie Erwachsene, voller Liebe und Sehnsucht.« In Fabios Augen glitzerte und glänzte es, seine Hände zitterten. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was sich in diesem einen Moment in mir abspielte. Als elfischer Wechselbalg in einer menschlichen Hülle spielte meine Körperchemie vollkommen verrückt. Ich wurde von meinen Emotionen erschlagen, vom Wissen, es endlich geschafft zu haben. Wir liebten uns, verschmolzen miteinander, waren auf allen Ebenen zwischenmenschlicher Beziehungen eins.«
    Sein Blick verdüsterte sich. »Das Kohlenauge Laeticos hatte mir einen Ausblick auf viele glückliche Jahre gegeben, die ich mit deiner Mutter verbringen würde – und auf meine Rolle als Vater.« Fabio lächelte. »Es war ein hartes Stück Arbeit, bis Julia schwanger wurde. Trotz des Wissens aus der Zukunft hatte ich bereits zu zweifeln begonnen. Doch dann kamst du, und alles war wieder im Lot. Und ich hoffte, unser Glück würde anhalten, bis wir alt und grau waren. Es gab für uns keine Grenzen, nun, da wir beide Erfüllung gefunden hatten.«
    »Und dann?« Nadjas Magen zog sich zusammen. Sie fühlte Angst. Wollte sie denn wirklich wissen, was mit ihrer Mutter geschehen war? Wie sie gestorben war, warum ihr Vater bis zum heutigen Tage jegliche Auskunft zu diesem heiklen Thema verweigert hatte?
    »Trotz unseres Glücks waren wir uns der Gefahren bewusst, die aus der Elfenwelt drohten«, sagte Fabio. »Mit meinen reduzierten Fähigkeiten legte ich einen Schutzzauber um dich und zog dich auf wie ein normales Menschenkind. Ich musste unbedingt vermeiden, dass Fanmór oder andere Wesen der Elfenwelt auf dich aufmerksam wurden. Der König hatte meine Flucht sicherlich längst entdeckt, und ich musste seine Rache fürchten. Auch seinen Feinden durfte ich nicht in die Hände spielen. Du bist etwas ganz Besonderes, Fiorellina, sei dir dessen immer bewusst. Es gibt nicht viele Kinder zweier Welten.«
    Das Taxi rollte vor ihnen aus, und der Fahrer stellte in seinem grässlichen Dialekt eine Frage. Fabio antwortete in derselben Sprache, die nichts mehr mit dem Italienischen gemein zu haben schien. Sie warfen ihre Taschen in den Kofferraum, stiegen in den Fond des Autos und ließen sich auf die zerschlissenen Polster sinken. Stotternd und laut keuchend setzte sich der Diesel-Mercedes in Bewegung.
    »Du weichst aus«, sagte Nadja.
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