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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Rest der lustigen Gesellschaft seinen Spaß mit einem Beutetier.
    Ich zog das Horn aus dem Futteral und blies Alarm, so laut ich konnte. Der Ton klang erbärmlich, kläglich. Ich schaffte es kaum, genügend Luft aus meinen Lungen zu pressen, um
irgendein
Geräusch zu erzeugen. Es versandete und drang sicherlich nicht weiter als ein paar Dutzend Meter durch den Wald.
    Gab es eine andere Möglichkeit, Hilfe herbeizulocken?
    Nein.
    Ich war zu schwach, um auch nur ein paar Schritte zu tun. Klopfte ich mit einem Prügel gegen einen hohlen Holzstamm, würde das Geräusch in jener Kakofonie, die die Treiber und Jäger verursachten, untergehen.
    Ich musste mich zusammenreißen. Wollte ich Laetico retten, blieb mir keine andere Möglichkeit, als über alle Grenzen hinauszugehen.
    Elfen sind belastbar. Weit mehr als Menschen, und manche von uns besitzen die Gabe, jegliches Empfinden auszuschalten. Man kann, wenn man bereit ist, alles zu riskieren, sogar den Tod betrügen. Doch die Konsequenzen sind unabsehbar. Krankheit oder Siechtum können die Folge sein.
    Also konzentrierte ich mich auf mein Inneres und
dachte den Schmerz beiseite
. Er war nicht mehr wichtig. Es gab nur das eine Ziel: Kraft zu sammeln, die Lungen mit Luft aufzupumpen und in das Horn zu blasen, so laut es ging.
    Keine Angst mehr. Kein Körper mehr. Kein Denken mehr. Nur noch das Horn und der Wunsch, das Leben meines Freundes zu retten.
    Ich blies. Der Ton klang erbärmlich, doch ich ließ mich nicht beirren und presste das letzte Restchen Sauerstoff aus den Lungen.
    Die Beine versagten mir den Dienst. Sie waren zu Fremdkörpern geworden; zu steifen, unbeweglichen Holzklötzen. Ich kippte zur Seite, prallte gegen irgendetwas, fiel zu Boden. Ich sah nur noch mit einem meiner Augen. Das zweite war von Moos und Erdreich bedeckt. Ein Käfer krabbelte gemächlich über meine Nase, und ich musste lachen. Die Situation erschien mir so abstrus, so lächerlich ...
    Alles entfernte sich von mir, wurde kleiner und unbedeutender. Ich empfing die Ohnmacht mit offenen Armen.
    Das Erwachen war schrecklich. Ich lag nicht in meinem Bett, wie ich insgeheim gehofft hatte. Neben Suidhan, Levelle und Crosspartit, die sich darin überboten, mich gesund zu pflegen und mir mit ihren ausgefeilten Liebestechniken die Lust am Leben zurückzugeben.
    Nein; ich fühlte harten Stein unter meinem Rücken, und es roch nach verfaulenden Blumen. Meine Sinne waren wie betäubt. Nur mein Kopf war einigermaßen klar.
    »Bleib ruhig«, sagte jemand zu mir. Ich erkannte Sidhacs Stimme. Der Heilkundige galt als der Schlächter seines Berufsstandes; besonders dann, wenn er etwas getrunken hatte.
    Er beugte sich zu mir herab, bis sein dünner Kinnbart mein Gesicht kitzelte. Er stank nach Kräutern und Vergorenem.
    »Du stirbst«, sagte er leise, »genauso wie der Erbprinz. Die Verletzungen sind zu schwer, um sie mit meinen Mitteln zu heilen.«
    »Und deswegen weckst du mich?«, krächzte ich mit rauer, in meinen eigenen Ohren seltsam klingender Stimme. »Um mir zu sagen, dass es vorbei ist?«
    »Du und deine Vorfahren – ihr seid eine merkwürdige Sippe«, fuhr der Heilkundige fort. »Du ähnelst deinem alten Herrn sehr. Ich frage mich, ob du es überhaupt wert bist, gerettet zu werden.«
    Ich lachte und musste husten. Flüssigkeit füllte meinen Mund. »Bist du etwa mit dir selbst nicht einig?«
    »Mach dich nicht lustig über mich, Fiomha, sonst lasse ich dich verbluten.« Sidhac tastete mit seinen knochigen Fingern unter meinen Kopf und hob mich hoch, mit einer Kraft, die ich ihm nie zugetraut hätte. »Erkennst du den Ort?«, fragte er mich.
    Ich sah mich um. Mein Sehsinn war gestört, und ich konnte die Umrisse der Steine, Bäume und Sträucher kaum voneinander unterscheiden. Ich schüttelte den Kopf – bereute es im nächsten Moment jedoch bitterlich. Der Schmerz, den diese einfache Bewegung verursachte, war schier unerträglich.
    »Dies ist der Eingang zu Vonlants Refugium«, sagte Sidhac laut und deutlich, als spräche er mit einem Idioten. »Erinnerst du dich an den Namen?«
    »Vonlant, der Eremit«, murmelte ich. »Ein Mann, der beschlossen hatte, Weisheit zu finden, indem er die Zeit bezwang.«
    Sidhac lachte. »So hast du es in den Schriften und Büchern gelesen. In Wirklichkeit aber ist Vonlant ein Narr von besonderer Qualität.« Er hob mich wie ein Spielzeug hoch und führte mich an breiten Stachelsträuchern vorbei, einen Weg entlang.
    Nach wie vor spürte ich meinen Körper kaum. Da
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