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Elfenmeer: Roman (German Edition)

Elfenmeer: Roman (German Edition)

Titel: Elfenmeer: Roman (German Edition)
Autoren: Sabrina Qunaj
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» Sie nahm mir die Zeit.«
    »Glaubst du, dass dein Vater den Piraten je den Rücken gekehrt hätte? Dass er, wenn er sich nicht verliebt hätte, den Weg der Königin gegangen wäre? Nach all der Zeit?«
    »Ich weiß es nicht.« Er stand reglos da, seine Arme hingen schlaff herunter. »Aber ich konnte daran glauben. Inmitten der Piraten, zu denen ich nie gehörte, hatte ich einen Hoffnungsschimmer. Bis er nicht mehr da war.«
    Marinel nickte, erwiderte seinen Blick, und eine Weile sagte keiner von ihnen etwas. Schließlich räusperte Arn sich. »Verachtest du mich, Marinel?«
    Verblüfft zog sie die Augenbrauen in die Stirn, doch obwohl sie seine Taten abscheulich fand, schüttelte sie den Kopf. Sie war hier, um einem Todgeweihten Trost zu spenden, ihre Gefühle hatten keine Bedeutung.
    Arn atmete hörbar aus, Erleichterung klang aus diesem Laut. »Wirst du …« Er streckte die Hand nach ihr aus, ließ sie dann aber in der Luft hängen und mit einem Seufzer zurück an seine Seite sinken. »Wirst du morgen … zur Hinrichtung kommen?«
    Ein bedrückender Schmerz pochte in ihrer Kehle und gabihr das Gefühl, einen faustgroßen Stein verschluckt zu haben. »Ich …« Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Ihre Gedanken waren um diese Begegnung in seinem Verlies gekreist, sie hatte sich Mut zusprechen und positive Gedanken finden müssen. Sie wusste nicht, ob sie es ertragen könnte, ihn sterben zu sehen. Er hatte sie berührt.
    »Es würde mir helfen.«
    Marinel sah hoch in sein von Schatten verhülltes Antlitz und schluckte gegen den Schmerz.
    »Ein freundliches Gesicht in der Menge«, fuhr er fort, und etwas Flehendes lag in seiner Stimme. »Ehe ich diese Welt verlasse …«
    »Ein freundliches Gesicht.« Marinel sog mühsam die abgestandene Luft ein. Ihre Gefühle hatten hier keinen Platz. »Ja, Arn. Ich werde da sein.«
    Seine gesamte hoch aufgerichtete Gestalt schien sich zu entspannen. »Danke.« Es war nur ein Flüstern. »Danke, Marinel. Ich danke dir so sehr, ich …«
    Marinel konnte nicht länger an sich halten. Sie überwand die zwei Schritte, die sie voneinander trennten, breitete die Arme aus und umschlang seinen Oberkörper. Sofort umfing er sie mit starkem Griff, ihr ganzer Körper wurde gegen den seinigen gepresst, und Marinel spürte seine Wange an ihrem Scheitel, als er sie in verzweifelter Umklammerung festhielt. Ein Beben ging durch ihn hindurch, und sie hörte seine abhackten Atemzüge, während er immer wieder »Danke« murmelte.
    »Ich werde da sein«, flüsterte sie und strich ihm mit beiden Händen über den Rücken, während ihr Gesicht an sein nach feuchtem Stroh und Unrat riechendes Hemd gepresst wurde. »Ich verspreche es dir, Arn. Ich werde die ganze Zeit über da sein. Ein freundliches Gesicht in der Menge. Ich verspreche es dir.«

    ❧
    »Ja genau. Ich habe gehört, wie der Henker sagte, er wolle der Menge ordentlich etwas bieten.«
    Marinel blieb im finsteren Treppenhaus stehen und horchte hinab zum Verlies, das sie soeben verlassen hatte. Die beiden Wachen sprachen miteinander.
    »Geschieht ihm recht, diesem Piraten. Der Henker weiß schon, was er tut. Der Pirat wird schön lange baumeln, bis er krepiert.«
    Mehr musste sie nicht hören. Sie verstand, was die Wachen damit meinten, und ein entsetzliches Grauen ergriff sie beim Gedanken an Arns Leid. Immer noch aufgewühlt von ihrem Besuch humpelte sie zurück ins Sonnenlicht, das unbarmherzig auf die Stadt niederbrannte, und sah sich im Palasthof um.
    Sie musste etwas unternehmen, irgendetwas, um Arn zu helfen. Seinen Tod konnte sie nicht verhindern, dessen war sie sich nur allzu bewusst, aber er sollte wenigstens nicht übermäßig leiden. Das war sie ihm schuldig, denn so grausam Arn auch gewesen war, er hatte auf ihrer Seite gekämpft, war ein Kamerad gewesen und für einen kurzen Augenblick auch ein Freund.
    Also machte sie sich auf zum nächsten Turm in der Ringmauer, da sie wusste, dass sich der Henker dort aufhielt. Die Wachen ließen sie passieren, denn seit sich überall herumgesprochen hatte, dass sie die Königin befreit hatte, blickten die Krieger voller Bewunderung auf sie. Fast war es so, als bemerkten sie ihr Hinken gar nicht. Das würde sich aber ändern, sobald die Magie aus dieser Welt verschwunden war, denn dann hatte Marinel nichts mehr, womit sie sich hervorheben konnte, aber das machte ihr nichts aus. Wichtiger war, dass die Elfen in Frieden lebten, und wenn dies nur erreicht werden konnte, indem die Magie
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