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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht
Autoren: Bernhard Hennen
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Blut in der Kälte dampfte. Die Opferung war geglückt, sie hatte ihren Zweck erfüllt. Obwohl tausende Krieger um sie herum versammelt standen, war kein Laut außer den Geräuschen des Windes zu hören. Er zerrte an den neuen Bannern aus Elfenhaut und ließ die aus Knochen geschnitzten Amulette leise klappern, die viele der Kämpfer mit Lederschnüren an ihre Waffen geknüpft hatten.
    Skanga blickte auf den toten Elfen zu ihren Füßen. An jenem fernen Tag, an dem sie ihr Augenlicht ihrer Gabe geopfert hatte, hatte sie befürchtet, für immer in ein Meer aus Finsternis zu tauchen. Ihre Meisterin hatte ihr nicht gesagt, was geschehen würde; Furcht und Ungewissheit hatten zu dem Opfer dazugehört. Sie hatte es ihr nicht leicht gemacht, jenen Weg zu beschreiten, den sie nun schon so viele Jahrhunderte ging. Sie hatte sie gequält, um ihre Seele zu festigen, so hatte sie behauptet. Längst war sich Skanga sicher, dass sie es vor allem zu ihrem Vergnügen getan hatte. Matha Naht war von Finsternis durchdrungen gewesen. Schwarz wie ihre Rinde war auch ihre Magie. Die törichten Elfen hielten die uralten beseelten Bäume für weise, friedliche Geschöpfe. Keine Ahnung hatten sie!
    Skanga wurde Zeuge, wie die Aura des toten Elfen zu ihren Füßen langsam verging. Statt Gestalten aus Fleisch und Blut sah sie ätherische Geschöpfe aus buntem Licht. Die Farben und die Helligkeit des Lichtes verrieten ihr mehr über ihr Gegenüber, als sie es jemals mit gesunden Augen hätte erkennen können.
    Den Elfen zu opfern wäre nicht nötig gewesen, um das magische Tor im Albenstern zu öffnen. Skanga hatte es für die Krieger getan. Sie glaubten, ein Zauber sei nur dann wirklich machtvoll, wenn er mit einem Blutopfer verbunden war. Im Grunde war das auch nicht falsch, doch bei einem Stern, in dem sich sieben Albenpfade kreuzten, war es leicht, die goldenen Wege durch das Nichts zu betreten. Jedenfalls wenn man den Schlüssel zu ihnen besaß.
    »Fürchtet mich, ihr Schatten!«, rief Skanga mit heiserer Stimme und streckte ihren schweren Stab der aufgehenden Sonne entgegen. »Öffnet mir das Tor, und dann weicht zurück in den Abgrund, damit mein flammender Zorn euch nicht verbrenne! Wagt es nicht, nach meinen Kindern zu greifen! Euch sei das Blut des Elflings geschenkt. Trinkt es und verschlingt seine Seele! Dies ist mein Wegezoll an euch. Nun gehorcht mir!«
    Die alte Schamanin blickte hinab zu den Kraftlinien, die sich schlangengleich zu ihren Füßen wanden. Ein Gedanke genügte, um sich ihrer Macht zu bedienen. Die Linien bäumten sich auf und bildeten einen Torbogen, hinter dem das Nichts wartete, jener Raum zwischen den Welten, durch den die Alben einst ihre goldenen Pfade gezogen hatten. Wer diese Wege betrat, der vermochte mit wenigen Schritten hunderte Meilen zu überwinden. Doch der Weg, den sie an diesem Tag gehen würden, war lang. Sie mussten viele Sterne überschreiten. Skanga wusste, dass etliche Krieger verloren gehen würden. So war es jedes Mal, wenn diese Narren in das goldene Netz traten. Dabei waren sie alle gewarnt. Sie wussten, was jenseits der Pfade lauerte. Viele von ihnen hatten Met getrunken, um die Angst zu betäuben. Ein Marsch durch das Nichts erforderte mehr Mut als eine Schlacht.
    Branbart, ihr König, zog geräuschvoll die Nase hoch und spuckte aus. Skanga spürte seine Unruhe, obwohl er nichts sagte. Es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen. Er war es gewesen, der darauf gedrängt hatte, über die goldenen Albenpfade direkt ins Herzland vorzustoßen und der Herrschaft der Elfen ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Nach der Schlacht um Phylangan waren die Elfen zu sehr geschwächt, um nennenswerten Widerstand leisten zu können. Weniger als eine Stunde noch, und Branbart gedachte auf Emerelles Thron zu sitzen.
    Skanga war nicht ganz so zuversichtlich. Alles kam ihr zu leicht vor. Die alte Schamanin konnte sich nicht vorstellen, dass Emerelle so schnell aufgab. Sie sollte auf der Hut sein. Die Elfen kämpften voller Heimtücke. Vielleicht war es eine Falle. Es mochte ...
    Skanga spürte, dass sie beobachtet wurde. Etwas jenseits des goldenen Pfades spähte hinüber. Die Schamanin flüsterte ein Wort der Macht. Verschwommen erkannte sie einen Elfenkrieger jenseits des Tors. Seine Aura war kraftvoll, sie bestand aus hellem, weißgoldenem Licht. Er war entschlossen zu kämpfen. Skanga lächelte. Dieser Narr! Eine Schamanin hielt man nicht mit dem Schwert auf. Ein Gedanke von ihr, und schon formte sich eine
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