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Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards

Titel: Elbenthal-Saga Bd. 1 - Die Hüterin Midgards
Autoren: Ivo Pala
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Lydia, all das zu tun, was er von ihr verlangen würde.
    Sie erreichte die Dachbodentür und versuchte, durch tiefes Ein- und Ausatmen ihr rasendes Herz zu beruhigen, ehe sie anklopfte.
    Vergeblich.
    »Jo!«, rief er von drinnen. Vermutlich wollte er damit cool klingen.
    Ihre Hand zitterte noch stärker als eben, als sie die Türklinke nach unten drückte. Ihre Kehle schnürte sich zu, und in ihrem Bauch verkrampfte sich alles. Am liebsten hätte sie losgeheult, aber sie wusste von den anderen, dass Tränen ihn sauer machten … und nachdem sie letzte Woche gesehen hatte, wie eines der Mädchen, das ihn sauer gemacht hatte, danach aussah, hatte sie sich fest entschlossen, in seiner Nähe nie zu weinen.
    Sie öffnete die Tür und betrat den Raum. Es war das erste Mal, dass sie ihn zu sehen bekam, aber er war genauso, wie ihn die anderen beschrieben hatten – stümperhaft dekoriert mit Helmen, Uniformen, Waffen und Hakenkreuzfahnen.
    »Wenn’s hier im Land knallt, und, glaub mir, das dauert nicht mehr lange, dann bin ich vorbereitet«, sagte Charlie, als er sah, wie sie sich umschaute, und streichelte mit der Linken eine Automatikpistole, die er unbeholfen in der rechten, eingegipsten Hand hielt. Falls er sie damit einschüchtern wollte, hatte er Erfolg. Als ob er dazu noch eine Waffe gebraucht hätte – sein Aussehen war mit einsneunzig Größe, dem Kurzhaarschnitt und den auf die Hände tätowierten Runen schon einschüchternd genug.
    Er nahm die Pistole und ein Glas voll Whiskey mit hinüber zu dem Sofa, setzte sich und lehnte sich gespielt gelassen zurück.
    »Zieh den Fummel aus, Lucia.«
    »Lydia«, sagte sie leise.
    »Is’ mir doch scheißegal, wie du heißt«, knurrte er. »Runter mit dem Bademantel. Aber dalli.«
    Sie zitterte so stark, dass sie Schwierigkeiten hatte, den Strick aufzunesteln.
    »Mach schon«, forderte er. »Ich hab nicht die ganze Nacht Zeit.«
    Endlich war der Mantel offen, und sie zog ihn zögernd aus.
    »Hm«, machte er. »Na, was ist? Komm schon her.«
    Lydias Füße fühlten sich an wie Blei. Sie musste sich richtiggehend körperlich anstrengen, den ersten zu heben und einen Schritt auf das Sofa zu zu machen. Doch noch ehe sie den zweiten Schritt machen konnte, ertönte hinter ihr ein ohrenbetäubend lautes Krachen und das Klirren von Glas. Noch bevor sie herumwirbelte, sah sie, wie sich Charlies fiese Schweinsaugen vor Schreck weiteten. Dann erblickte sie etwas Großes – riesig, schwarz und feuerrot. Hörner und Flügel aus Leder. Gewaltige Klauen und aufblitzende Reißzähne.
    Das war zu viel. Lydia fiel vor Angst und Schrecken in Ohnmacht. Das Letzte, was sie, ehe sie auf dem Boden aufschlug, sah, war eine junge, schwarzhaarige Frau in einer seltsam altmodischen Rüstung, die auf dem Rücken des Dämons saß.
    »Ich hatte dich gewarnt, Charlie«, sagte Svenya und sprang von Loga herab auf die Dielen.
    Charlie riss die Pistole nach oben und schoss. Er feuerte jede einzelne Kugel auf sie und den Gargoyle ab – bis das Magazin leer war. Und dann, als er sah, dass sie beide noch standen und völlig unverletzt waren, sprang er auf und krabbelte mit panikerfülltem Blick hinter das Sofa.
    »Bring ihn weg, Loga«, sagte Svenya finster und beugte sich zu dem am Boden liegenden Mädchen herab, um sie aufzuheben. »Irgendwohin, wo ihn niemand findet.«
    »Euer Wille geschehe«, sagte der Gargoyle mit seiner tiefen und rauen Stimme und schritt auf Charlie zu. Der begann zu schreien wie am Spieß. Svenya war sich sicher, dass die Mädchen unten im Haus ihn hören mussten. Ebenso sicher war sie, dass keine von ihnen hier heraufkommen würde, um ihm zu helfen. Sie würde morgen Hagen bitten, ihr zu helfen, das Heim zu kaufen und zu renovieren und Leute zu organisieren, die sich anständig um die Mädchen kümmerten.
    Ohne auch nur einen Funken Mitleid sah sie zu, wie Loga Charlie, der ihm gerade einmal bis zum Bauch reichte, mit seinen riesigen Klauen packte und dann mit ihm durch das Loch im Dach davonflog.
    Das hier war mehr als das Einlösen eines Versprechens, das Wahrmachen einer Drohung. Und es war auch mehr als Strafe oder persönliche Rache für all die Dinge, die Charlie ihr angetan hatte. Svenya war jetzt die Hüterin Midgards – ihre Bestimmung war es, die Bewohner dieser Welt zu beschützen …
    … und das nicht nur vor den Monstern anderer Welten.
     
    ENDE – BUCH 1

Danksagung
    Unbekannte Welten erforschen und über sie berichten zu dürfen, ist ein wunderbares
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