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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verwirrt. Er blickte ihn unsicher an, dann schüttelte er den Kopf.
»Weil du Camelot zerstören wirst.«
»Was?«
»Ich habe es sofort gespürt«, sagte Mandrake. »Ich
wusste gleich, dass du Camelot den Untergang bringen
wirst.«
»Aber das ist lächerlich!«, protestierte Lancelot. »Das ist
–«
»Ich wusste es im selben Moment, in dem ich dich sah«,
fuhr Mandrake fort. »Du bist es, der den Untergang bringt.
Nicht Mordred. Nicht Morgaine Le Faye und ihre Pikten.
Du allein.«
»Ihr redet irre«, behauptete Lancelot, doch auch er spürte, dass seiner Stimme die nötige Überzeugungskraft fehlte. Er klang nicht empört, sondern eindeutig wie jemand,
der sich verteidigt. »Ich würde für Artus mein Leben geben ohne zu zögern.«
»Ich weiß«, sagte Mandrake. »So wie wir alle. Und dennoch war mir klar, dass mit dir das Unheil nach Camelot
gekommen ist. Und nicht nur ich.«
»Was soll das heißen?«
»Du hast es wirklich nicht gemerkt, wie?«, fragte Mandrake. »Viele von uns haben es gespürt, wenn nicht alle.
Und jetzt ist es wahr geworden.«
»Aber das ist doch nicht meine –«, begann Lancelot,
aber seine Stimme wurde leiser und er brach ab.
»Sobald die Sonne aufgeht, werden Mordreds Truppen
zum entscheidenden Sturm auf Camelot ansetzen«, fuhr
Mandrake unbeeindruckt fort. »Wir können ihnen nicht
widerstehen. Du weißt es so gut wie ich. Auch Artus’
Zauberschwert wird da nichts ändern, so wenig wie deines. Es ist vorbei, Küchenjunge.«
»Deshalb seid Ihr gekommen«, murmelte Lancelot mit
beinahe brechender Stimme. Er musste nun mit aller Kraft
gegen die Tränen ankämpfen, die seine Augen füllen wollten. »Ihr seid hier, um auch ganz sicherzugehen, dass ich
davon Kenntnis habe. Ich weiß es. Ihr könnt zurückgehen
in der Gewissheit, dass Ihr Euer Ziel erreicht habt. Ich
weiß, dass ich versagt habe. Dass alle sterben werden. Alle
außer mir. Aber das ist vielleicht die größte Strafe.«
Plötzlich flammte Wut in Mandrakes Augen auf. »Du
kleiner dummer Narr!«, brauste er auf. »Wofür hältst du
mich? Glaubst du, es bereitet mir Freude?«
Lancelot war verwirrt. Endlose Sekunden lang starrte er
Mandrake an und versuchte in dessen Gesicht zu lesen,
aber es gelang ihm nicht, und schließlich fragte er:
»Warum dann? Wieso seid Ihr gekommen, wenn nicht,
um Euch an meiner Niederlage zu erfreuen?«
»Weil ich dir etwas schuldig bin«, antwortete Mandrake
hart. »Du hast mir das Leben gerettet oder hast du es
schon vergessen? Ich werde den nächsten Sonnenuntergang wahrscheinlich nicht mehr erleben, aber ich möchte
nicht vor Gottes Thron treten, ohne meine Schulden beglichen zu haben.«
»Was meint Ihr damit?«
Mandrake kam einen Schritt näher. Seine Stimme wurde
leiser. »Ihr habt mit keinem Wort nach Lady Gwinneth
gefragt, Sir Lancelot«, sagte er höhnisch.
»Gwinneth? Was soll mit ihr sein? Artus wird sie –«
»Das Urteil steht bereits fest, genau wie das Urteil über
dich schon festgestanden hat, bevor wir zu dir kamen«,
fiel ihm Mandrake ins Wort.
»Das … Urteil?«
Mandrake lachte hart. »Was hast du erwartet? Dass der
König von Camelot zusieht, wie ihn seine Frau in aller
Öffentlichkeit mit einem seiner Ritter betrügt, ohne diese
Schmach zu sühnen?« Er schüttelte heftig den Kopf.
»Ganz gewiss nicht.«
»Was soll das heißen?«, fragte Lancelot. Sein Herz begann heftig zu pochen.
»Lady Gwinneth ist des Ehebruchs schuldig«, sagte
Mandrake. »Sie wird noch in dieser Stunde vor Gericht
gestellt und morgen früh, eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang, verbrannt.«
Lancelot starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
Er konnte spüren, wie sein Herz für einen Schlag aussetzte und dann mit unglaublicher Schnelligkeit weiterhämmerte und er am ganzen Leib zu zittern begann.
Zwei-, dreimal setzte er dazu an, etwas zu sagen, aber
seine Stimme verweigerte ihm den Dienst, und als er
schließlich sprechen konnte, da war es kaum mehr als ein
hilfloses Krächzen, das er zustande brachte: »Aber das …
das kann nicht sein!«, stammelte er. »Das … das würde …
das würde Artus niemals …«
»Du hast keine Ahnung, was Artus tun würde und was
nicht«, sagte Mandrake hart. »Du nennst dich Ritter?« Er
schüttelte den Kopf. »Lass dir eines gesagt sein für dein
zukünftiges Leben, Küchenjunge. Eine schimmernde Rüstung und ein scharfes Schwert machen aus einem Knaben
noch keinen Mann und ein Schild und ein gepanzertes
Ross aus einem Bauern
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