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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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jetzt verschwinde endlich!«
Lancelot sah voll Mitleid und Hilflosigkeit auf den verletzten Mann hinab, dann wandte er sich mit einem traurigen Kopfschütteln ab, ging zum Einhorn und stieg in den
Sattel.
Warum hatte Merlin es ihm nicht verraten? Warum hatte
er ihm nicht gesagt, was ihn erwartete und wie das Leben
eines Kriegers wirklich war? Er lenkte das Tier behutsam
an dem verwundeten Pikten vorbei, ließ es dann ein wenig
schneller traben, beugte sich schließlich im Sattel vor und
knallte mit den Zügeln. Das Einhorn stieß ein zorniges
Wiehern aus, warf den Kopf in den Nacken und starrte ihn
böse aus seinen tückisch funkelnden Augen an.
Schneller und schneller raste Lancelot den gewundenen
Pfad entlang. Unter den wirbelnden Hufen des Einhorns
flogen Erdbrocken und losgerissenes Moos davon, und
wer den silbernen Reiter in diesem Moment gesehen hätte,
der hätte wohl nur einen blitzenden Schemen wahrgenommen, der mehr einem Gespenst als einem Menschen
glich. Lancelot ritt, wie er noch nie zuvor in seinem Leben
geritten war. Er floh von diesem schrecklichen Ort, an
dem er seine erste wirkliche Niederlage erlebt hatte, und
redete sich selbst ein, dass er es aus Scham tat und aus
Enttäuschung und Zorn über sich selbst.
Aber er wusste sehr wohl, dass das nicht der Wahrheit
entsprach.
Immerhin war da noch die Wagenkolonne, die weiter vor
ihm vermutlich genau in diesem Moment in einen ebenso
heimtückischen und perfekt gestellten Hinterhalt lief, wie
er es vorhin getan hatte. Bei dem Gedanken, das Schwert
wieder ziehen und erneut in den Kampf reiten zu müssen,
fröstelte ihn, aber ihm blieb keine Wahl. Er konnte versuchen die Männer zu warnen und dabei in einen weiteren,
nicht weniger grausam geführten Kampf hineinplatzen
oder sich umdrehen und sie im Stich lassen. Das wäre gerade so, als hätte er sie getötet. Also entschied er sich weiterzureiten.
Trotzdem kam er zu spät.
Er hatte gehofft den Tross noch rechtzeitig einholen zu
können, um ihn vor dem Hinterhalt zu warnen, aber er
hörte den Kampflärm schon, noch bevor er um die letzte
Wegbiegung sprengte.
Ihm bot sich ein schrecklicher Anblick. Einer der Packwagen war umgestürzt und versperrte den Weg zur Gänze,
von dem anderen war keine Spur mehr zu sehen; vermutlich waren die Tiere durchgegangen. Auch der silberbeschlagene Wagen stand schräg wie ein gestrandetes Schiff
da. Zahlreiche reglose Gestalten lagen auf dem Weg und
im Unterholz zu beiden Seiten. Viele trugen das klassische
Weiß und Blau Camelots, die meisten aber die eisenbeschlagene Lederkleidung der Pikten. Lancelot schätzte,
dass mindestens die Hälfte der Verteidiger tot oder
kampfunfähig am Boden lag, wahrscheinlich schon von
der ersten Pfeilsalve niedergestreckt und noch bevor ihnen
überhaupt klar wurde, dass sie in eine Falle geritten waren.
Und der Kampf war in vollem Gange und hatte wie fast
jede Schlacht ein Eigenleben entwickelt, das den Männern
das Geschehen aufzwang, statt dass sie es bestimmten. Es
gab noch fast ein Dutzend Bogenschützen, das ein bisschen mehr Verstand zu haben schien als der Rest und das
im Unterholz zwischen den beiden Wagen hockte und mit
gezielten Schüssen immer wieder einen der Verteidiger
niederstreckte.
Lancelot stieß dem Einhorn die Absätze in die Flanken,
beugte sich tief über den Hals des Tieres und ließ es noch
schneller ausgreifen, bis es sich abstieß und mit einem
gewaltigen Satz über den umgestürzten Wagen hinwegflog. Freund und Feind zogen erschrocken die Köpfe ein
und für einen Moment kam der Kampf zum Erliegen, als
der silberne Schemen über den Wagen und die miteinander ringenden Männer hinwegsetzte.
Kaum hatte Lancelot die Elbenklinge aus dem Gürtel
gezogen, spürte er, wie die Blutgier des Schwertes wieder
erwachte. Fast ohne sein Zutun holte sein Arm zu einem
gewaltigen Hieb aus, aber er drehte das Schwert im letzten
Moment in der Hand, sodass es den Barbaren, auf dessen
Schädel es niedersauste, nicht tötete, sondern lediglich
bewusstlos zu Boden sinken ließ.
Lancelot machte zwei, drei blitzartige Bewegungen nach
rechts und links und im selben Moment, in dem die Hufe
des Einhorns mit einem dumpfen Laut wieder den Boden
berührten, brachen zwei weitere Pikten bewusstlos zusammen.
Hinter Lancelot erklang ein Chor gellender Jubelrufe, er
hörte, wie der Kampf mit doppelter Stärke neu entflammte. Er sah jedoch nicht zurück, sondern jagte in gestrecktem Galopp auf die
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