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Eiswein (German Edition)

Eiswein (German Edition)

Titel: Eiswein (German Edition)
Autoren: Carmen Mayer
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und ging dann voraus die Treppe hoch zu ihrem Büro. Braunagel folgte ihm, nachdem er noch einen Augenblick lang vor sich hin sinnierend neben dem Auto stehen geblieben war. Jetzt setzte er sich auf seinen Bürostuhl und fuhr den PC hoch. Wenn schon das Treppensteigen in den zweiten Stock Atemnot verursachte, sollte er vielleicht doch mal den Fitnessraum im Keller der Inspektion aufsuchen, und ein paar Übungen machen, überlegte er dabei.
    »Falls die Orthler Julia umgebracht haben sollte, hätte ich sogar ein Motiv für diese Vermutung«, brummte er vor sich hin und verbannte die Fitnessgedanken gleichzeitig in die Nähe seines inneren Schweinehunds. Der würde schon gut auf sie aufpassen.
    »Und das wäre?«
    »Die Orthler hat nicht den Eindruck gemacht, als würde sie ihren Sohn besonders gern mögen. Sie hat meiner Meinung nach mehr Interesse daran, ihre eigene und die finanzielle Basis ihrer Tochter gesichert zu wissen, als dass ihr etwas am Wohl des Junior-Winzers läge. Also wenn sie Julia umgebracht hat …«
    Schwarz verdrehte die Augen.
    »Hey, red oder scheiß Buchstaben! Ich kann dir beim besten Willen nicht folgen.«
    »Karl.«
    »Hat ein Alibi.«
    »Ja, aber er könnte ungewollt der Auslöser für alles gewesen sein. Er hat die Mails zwischen Renate und Julia gelesen und wusste, dass seine Chefin nach Breitenkirchen fahren würde. Er wusste, dass Julia mehr für den jungen Winzer empfand, als sie zugab. Es war nicht nur Erotik, was da zwischen den beiden lief, das dürfte sogar dir klar sein inzwischen. Den beiden vermutlich nicht.«
    »Wie meinst du das: sogar mir? Nur, weil ich seit fast zwanzig Jahren mit ein und derselben Frau verheiratet bin, brauchst du mir nicht zu unterstellen, dass ich mich mit so was nicht auskenne!«
    Braunagel warf ihm einen amüsierten Blick zu, den Schwarz mit einem müden Grunzen quittierte.
    »Karl könnte im Gut angerufen und die Seniorchefin am Telefon erwischt haben, weil der Junior unterwegs war«, fuhr er fort. »Auch Männer haben manchmal diese Ideen mit dem Hinterhertelefonieren!« Er unterbrach sich erneut, bis Schwarz die abrupt hochgezogenen Augenbrauen wieder auf Normalstellung gebracht hatte. »Die Orthler könnte auf diese Weise vom Verhältnis ihres Sohnes mit der – wie nannte sie das? Tussi aus dem Bayerischen Wald erfahren haben.«
    »Ja, und dann?«
    »Das ganze Programm, wie wir es schon kennen. Erweitert darum, dass der Orthlerin klar wurde: Wenn diese Julia sich den Junior schnappte, bestand die Möglichkeit, dass ihr selber die Felle davon schwammen. Das war keine wie die letzte Freundin ihres Sohnes, der sie nicht besonders viel Intelligenz zumaß. Die Julia war klug, das hat ihr Geliebter schon gesagt, und die Orthlerin hat das ganz sicher sehr schnell kapiert. Diese Frau würde herausfinden, was in diesem Gut lief. Anders als Christoph Orthler, der es nicht sehen wollte oder konnte.«
    »Au Mann, was lief denn?«
    »Siehst du das denn auch nicht?« Braunagel schüttelte missbilligend den Kopf. »Seine Mutter war auch mit der Buchhaltung und der Kontenführung betraut, nicht nur mit ihren Weinflaschen. Christoph hat seiner Mutter die finanzielle Seite garantiert deshalb überlassen, weil er vermeiden wollte, dass sie ihm irgend etwas vorwerfen würde.«
    »Und weiter?«
    »Hier.« Braunagel zeigte auf den Bildschirm. »Seit ungefähr sechs Monaten werden immer wieder mal fünf-, mal ein-, mal dreitausend Euro vom Geschäfts- auf dieses Postbank-Konto überwiesen, das zwar auf den Namen Christoph Orthler läuft, das aber seine Mutter eingerichtet, und für das sie alle Vollmachten hat. Ich nehme an, die Orthlerin hat genau gewusst, wie sie es anstellen musste, dass ihr Sohn die Finger von den Konten ließ. Was sie nicht wissen konnte: Christoph hat tatsächlich nach der Trennung von dieser Darja oder wie die hieß drei Wochen lang so eine asiatische Kotztherapie in einer Klinik im Spessart gemacht. Die hat übrigens seine Ex noch während ihrer Zeit zusammen für ihn gebucht, damit er von dem Zeug loskam. Das hat die Klinik inzwischen bestätigt. Warte, ich druck’s dir aus.« Während der Drucker im Hintergrund schnurrte, fuhr er fort: »Hat terminlich genau dazu gepasst, dass er nach der Trennung von dieser Frau vom Gut und damit auch von seiner Mutter weg konnte. Vermutlich wäre er sonst durchgedreht.« Braunagel hörte seinen Seelen-Tsunami auf sich zudonnern, und atmete tief durch, bevor er fortfuhr: »Seither ist er immer noch in
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