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Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Titel: Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Autoren: Heike Schroll
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er fror und die Decke, die ihn völlig einzwängte, kratzte; außerdem roch sie eklig. Als er sie von sich stoßen wollte, musste er feststellen, dass das nicht ging. Sie war überall um ihn herum. Nun bekam er Angst. Wo war er? Und wo war die Mama? Als ihm wieder einfiel, was auf dem Eis passiert war, kam noch die Sorge um das Fahrrad hinzu. Und was war mit Dany? Er wollte nicht, dass die Mama traurig war. Er musste das Fahrrad wieder haben. Aber dazu musste er aus diesem kratzigen Teil raus. Er strampelte, so heftig er konnte. Das half kurzzeitig sogar ein wenig gegen die Kälte. Wo waren seine Anziehsachen? War er vielleicht noch im Wasser? Wieso war es so kalt und dunkel? Und warum kratzte alles?
Fritzi jammerte ein bisschen vor sich hin. Leise und unglücklich. Als er dazu keine Kraft mehr hatte, wurde er ganz ruhig.
Und da konnte er es auf einmal hören: Ein Mann sang ein Lied. So wie die Mama, wenn sie lustig war. Er musste den Text nicht verstehen, trotzdem war es schön, wenn die Mama sang. Dann waren immer alle froh, es gab etwas Leckeres zu essen und Mamas und Danys Augen leuchteten ihn an.
Fritzi rief so laut er konnte: »Mama!«
Das Singen hörte auf.
»Mama!«
Nichts war zu hören.
»Mama«, rief Fritzi wieder mit weinerlicher Stimme, diesmal aber so laut er konnte.
»Himmel, was ist denn ...!«
Fritzi spürte, wie es heller wurde und noch viel, viel kälter. Jemand fummelte an dem kratzigen Stoff rum.
»Warte, gleich bist du raus! Mist! ... Hab keine Angst, hörst du. Hätte ich bloß ein Messer! Gleich.«
Und auf einmal war es hell und Fritzi sah den Himmel. Und den Mann, den er schon ein paar Mal im Dorf gesehen hatte. Er erkannte ihn.
»Was machst du denn hier? Wie ...?«
Fritzi konnte gar nichts sagen. Er musste wieder weinen, weil nun endlich ein Großer da war. Er zitterte ganz heftig und wollte in den Arm genommen werden. Der Mann zog schnell seine Jacke aus und wickelte ihn darin ein. Und auf einmal war alles gut. Es war warm, er wurde hochgenommen, er wurde getragen und bald hatte er die Mama wieder.
     
     
    ~ 6 ~
     
    Lunge und Leber dampften in der Molle, mehr war von den Innereien nicht zu sehen. Der Fleischbeschauer konnte kommen.
Das Hackebeil war scharf geschliffen und spaltete mühelos das Rückgrat. Nun konnte das Verarbeiten der Schweinehälften losgehen. Sie lagen gut in der Zeit und waren dennoch alle etwas nervös. Würde der Fleischbeschauer etwas finden?
Der Schlachter hatte gut zu tun, um die Därme sauber zu bekommen. Seine Helfer mussten warten. Also wurden die Holzvorräte und das frische Wasser aufgefüllt und der Waschkessel noch mal ordentlich geheizt.
Laura überlegte kurz, ob sie mal rasch zu Judith rübergehen sollte, doch hatte sie nicht wirklich die Zeit dafür. Sie trug die Verantwortung für die Gewürze, also prüfte sie noch einmal die Bestände. Tante Irmgard wurde unruhig, weil es noch nicht losgegangen war mit dem Kochen und Schnippeln. Wo blieb bloß der Trichinenheini?
Endlich hörten sie das erlösende Knattern des uralten F8. Ein Türschlagen später kam der ersehnte Fleischbeschauer auf den Hof, sich seiner Position durchaus bewusst. Von ihm hing wesentlich das Gelingen des Schlachtfestes ab. Was nun folgte, machten die Männer im Haus unter sich aus, einschließlich des erneuten Begießens. Eine Viertelstunde später kamen sie in gelöster Stimmung aus der Küche und Walter rief auf den Hof: »Es kann losgehen!« Sogar Alfi Schuler hatte es geschafft, sich besorgt zu zeigen.
Unter fast euphorischem Händeschütteln verabschiedeten sie sich fröhlich und Walter Dreyer schnappte sich gerade die Molle mit den Innereien, als Judith Brunner auf dem Hof erschien.
Irgendetwas war geschehen, das sah er ihr sofort an. War in Lauras Haus ein Unglück passiert? Oder hatte es etwas mit dem zu tun, weswegen sie mit ihm reden wollte? Achtsam stellte er die Holzwanne wieder zu Boden. »Was ist los?«
»Wir haben eine Leiche.« Judith Brunner wusste nicht, wie sie es anders sagen sollte. Es war unglaublich.
»Ja, und ich mache jetzt Wurst daraus«, versuchte Walter zu scherzen, obwohl er im Innersten wusste, dass es ihr ernst war. Das war nicht Judiths Auffassung von Humor. Er hoffte nur.
Aber ihre Stimme hatte nicht heiter geklungen. Und sie lachte auch nicht.
»Eine Leiche?«, fragte er.
»Ja.«
»Hier?«
»Am Teich.«
Mehr als seufzen konnte Walter nicht. Was würde aus seinem Schlachtfest werden? Wer konnte helfen? Die meiste Arbeit lag
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