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Eine unheilvolle Begegnung

Eine unheilvolle Begegnung

Titel: Eine unheilvolle Begegnung
Autoren: Michelle Raven
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gering.
    Energisch setzte sie sich auf. Jammern half jetzt nichts, sie musste den Verletzten erst einmal in ihr Zelt bekommen, damit sie sich seine Wunden ansehen konnte. Sie legte eine Hand an seine Wange und sprach ihn an.
    »Hallo, können Sie mich hören?« Keine Reaktion. Vorsichtig tätschelte sie seine Wange, aber auch das holte ihn nicht aus seiner Bewusstlosigkeit. Selbst ein stärkerer Schlag weckte ihn nicht auf. Was sollte sie tun? Sie wollte ihn nicht noch mehr verletzen, aber liegen lassen konnte sie ihn auch nicht.
    »Aufstehen!«

2
    Dieser in sein Ohr gebrüllte Befehl durchdrang Morgans Bewusstlosigkeit. Langsam schlug er die Augen auf, zumindest versuchte er es. Aber seine Lider waren derart geschwollen, dass er nur durch schmale Schlitze blicken konnte. Verschwommen nahm er über sich einen hellen Fleck wahr. Der Mond? Er kniff die Augen zusammen. Nein, ein Gesicht! Gott, sein Kopf schmerzte höllisch. Genauso wie der Rest seines Körpers. Langsam fiel ihm wieder ein, was passiert war. Mit einem Ruck versuchte er sich aufzurichten, wurde aber von einer sanften Hand zurückgedrückt.
    »Es ist alles in Ordnung, die Männer sind weg. Ich will Ihnen nur helfen.« Die klare, ruhige Stimme gehörte jedenfalls nicht zu Chuck oder Tony, so viel war sicher. Aber wo war er? Als hätte sie seine Frage gehört, antwortete die Frau.
    »Sie sind mitten im Nirgendwo, etwa fünfzig Meilen von Grand Junction entfernt. Können Sie aufstehen? Wir sollten hier lieber verschwinden, bevor sie noch einmal zurückkommen.« Die Stimme klang immer noch ruhig, aber er hörte einen ängstlichen Unterton heraus. Das konnte er ihr nicht verdenken. Er selbst schlotterte noch am ganzen Körper vor Angst. Das war verdammt knapp gewesen.
    »Wenn Sie meinen Arm loslassen, kann ich auch den Rest Ihres Körpers ausgraben.«
    Erstaunt blickte Morgan an sich herunter. Tatsächlich, von der Brust an abwärts steckte er im Sand. Als ihm klar wurde, dass sie ihn lebendig begraben hatten, überkam ihn erneute Panik. Hektisch versuchte er sich zu befreien, doch das funktionierte nicht. Er stöhnte auf vor Schmerzen und sank erschöpft in den kühlen Sand zurück.
    Wieder wehte die sanfte Stimme über ihn. »Ganz ruhig. Bleiben Sie einfach still liegen, dann habe ich Sie in Rekordzeit ausgebuddelt.«
    Seltsamerweise vertraute er der Stimme. Er kannte sie nicht, hatte keine Ahnung, zu wem sie gehörte. Aber instinktiv wusste er, dass er bei ihr in Sicherheit war. Er atmete tief ein und versuchte die tief wurzelnde Panik zu verdrängen. Das war nicht so einfach, konnte er sich doch noch gut an die scheinbar endlose Fahrt im Lieferwagen erinnern. Sie hatten ihn erst zusammengeschlagen und gefoltert, bevor sie ihn in den Teppich gewickelt und in den ungepolsterten Lieferwagen geworfen hatten. Der Fahrer hatte jedes Schlagloch mitgenommen, das es von Grand Junction bis hierher gab. Mit jedem Aufprall hatten sich seine Schmerzen verdoppelt, und mehr als einmal war er gnädigerweise in tiefe Bewusstlosigkeit gesunken. Er war erst wieder aufgewacht, als er unsanft auf einem merkwürdig weichen Boden landete. Es war Sand, wie er jetzt erkannte. Sofort hatte er versucht, aus dem erstickenden Stoff zu entkommen, und damit weitere Schläge und Tritte hervorgerufen. Mit der geschwollenen Zunge fuhr er vorsichtig über seine Zähne. Erstaunlich, dass noch alle im Mund waren, auch wenn einer ein wenig wackelte. Mit etwas Glück würde er ihn nicht verlieren.
    Als hätte er im Moment nicht ganz andere Sorgen. Denn es war alles andere als sicher, ob er die nächsten Tage überleben würde. Sein bitteres Auflachen verwandelte sich rasch in einen keuchenden Husten. Verdammt, das tat weh! Seine Rippen waren vermutlich gebrochen. Seine Niere fühlte sich an, als wäre jemand darauf herumgesprungen. Es graute ihm schon vor dem Moment, wenn der Schock nachließ und sein Gehirn die gesamten Schmerzmeldungen verarbeiten und ihm jede einzelne Verletzung detailliert auflisten würde.
    Sam arbeitete so schnell sie konnte, doch es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich die Schaufel beiseitelegen konnte. Sie lauschte dem schwachen Husten des Mannes und fragte sich erneut, ob sie ihn würde retten können. Er lag jetzt schwer atmend da, die Augen geschlossen oder vielleicht auch einfach zugeschwollen, die zerschundenen Hände zu Fäusten geballt. Sie konnte sich nicht vorstellen, was er für Schmerzen erleiden musste. Vermutlich war er schon vorher verprügelt
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