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Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Titel: Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Autoren: Karen McQuestion
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Das hätte ich immerhin entschuldigt.
    Er war zu Kelly zurückgegangen, so sah es wohl aus. Sicher, die gute alte Lola kam in Notfällen gerade recht, aber kaum graute der Morgen, kehrte er in ihre flatterhaften Arme zurück. Nett. Wirklich nett. Wie sah es mit Rücksichtnahme aus? Oder Loyalität? Oder damit, eine Nachricht zu hinterlassen?
    Allein der Gedanke an Kelly brachte mich zur Weißglut. Dieser rothaarige Teufel! In einem früheren Leben war sie wahrscheinlich eine dieser bösen Meerjungfrauen gewesen, die Seeleute in den Tod trieben. Oder hießen die anders? Egal, jedenfalls waren das irgendwelche Wesen, und sie waren
böse, und Männer, ahnungslose Männer, ließen sich von ihren Liedern betören und krachten mit ihren Schiffen auf die Felsen, was dummen Leuten allerdings recht geschah. Ich ließ mich hart auf Tante Mays Zweisitzer plumpsen und sah eine Staubwolke aus den Kissen steigen. Ich sollte die Möbel wirklich öfter absaugen. Oder überhaupt einmal. Aber wer hatte für so etwas schon Zeit, wenn andauernd Freunde ins Haus einbrachen und dann ohne Nachricht wieder verschwanden? Mein Terminkalender war voll.
    Ich nahm das Telefon vom Couchtisch und drückte die Kurzwahltaste von Huberts Handy. Als seine Mailbox ansprang, hinterließ ich ihm eine haargenaue Beschreibung davon, wie ich mich fühlte. Ich sagte, er sei verantwortungslos und unhöflich und dass er mir eine Erklärung schulde. Das fühlte sich gut an. Aber nicht gut genug. Ich wollte seine Stimme am anderen Ende der Leitung hören, wie er mich um Verzeihung bat.
    Kellys Festnetznummer musste ich im Telefonbuch nachschlagen. Für mich war es immer ihre Adresse gewesen, weil sie dort zuerst gewohnt hatte, und ich rief Hubert lieber über seine Handynummer an, um nicht sie an den Hörer zu bekommen. Aber diesmal würde ich eine Ausnahme machen. Mit zitternden Fingern drückte ich die Tasten und lauschte – einmal Klingeln ... zweimal Klingeln. Ich lehnte mich vor und klopfte mit den Fingerknöcheln auf die Tischplatte. Geh ran, geh ran, geh ran. Dreimal Klingeln und der Anrufbeantworter sprang an. »Ich bin im Moment nicht zu Hause ...« Ich hätte beinahe schon aufgelegt, aber gerade, als ich die Verbindung unterbrechen wollte, hörte ich: »Wenn das Hubert ist ...« Sofort hob ich das Telefon wieder ans Ohr, um den Rest zu hören: »Es ist
ein für alle Mal aus zwischen uns und ich will dich nie wieder sehen. Du kannst jederzeit kommen und deine Sachen abholen. Sie stehen im Hausflur.«

5
    Ich saß immer noch auf dem harten Sofa im Wohnzimmer, das schnurlose Telefon in der Hand, als ein Auto vorfuhr. Ich hörte Stimmen – eine davon war Huberts – und eine Wagentür zuschlagen. Durch das Fenster sah ich eine rostige Schrottkarre und Hubert, wie er mit einer Brötchentüte in der Hand zum Haus kam. Bevor er wegfuhr, drückte der Fahrer noch kurz auf die Hupe. Hubert drehte sich um und winkte ihm nach.
    »Oh, du bist schon wach!«, sagte er, als ich die Tür aufriss. »Perfektes Timing. Ich hoffe, du hast noch nicht gefrühstückt, weil ich etwas mitgebracht habe.« Er schwenkte die Tüte. »Bagels und Frischkäse. Das Leben ist schön.« Offenbar hatte ihm niemand gesagt, dass ich stinksauer war und er fortan weder eine feste Freundin noch einen Platz zum Wohnen hatte.
    Ich ließ ihn herein. »Wo warst du?« Sobald die Worte aus meinem Mund kamen, merkte ich, dass ich wie meine Mutter zu meinen Teenagerzeiten klang. Ihrem »Wo warst du« war stets ein »Ich war ganz krank vor Sorge« gefolgt. Zumindest darin konnte ich sie nicht nachahmen, weil ich nicht krank vor Sorge war, sondern wütend. »Ich hatte keine Ahnung, wo du bist. Du warst einfach weg.«
    Er wirkte geknickt. »Das tut mir leid. Hast du meine Nachricht nicht gefunden?«
    »Ich habe eine Nachricht gesucht. Da war keine Nachricht.«
    Hubert blinzelte verdutzt, dann stellte er die weiße Tüte auf dem Beistelltisch ab und winkte mir, ihm zu folgen. Wenige Sekunden später standen wir in der Küche und er deutete triumphierend auf ein Stück Papier, das zwischen die Speisekarten der verschiedenen Lieferservices an den Kühlschrank geheftet war. »Keine Nachricht, Frau Schlau? Und wie würdest du das hier nennen?«
    Ich würde es Nachricht nennen. Sie lautete: »Lola, ich bin mit Ben Cho unterwegs und bald zurück. Nochmals vielen Dank, dass du mich so kurzfristig aufgenommen hast. Ich weiß das wirklich zu schätzen. Liebe Grüße, Hubert.« Unter seinen Namen hatte er
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