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Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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Nahrung. Si’thlox war darunter.
    Chi’thlox, ich soll dir von der Versammlung ausrichten, dass wir nun, da du deine Bestimmung gefunden hast, alle sehr stolz sind auf dich. Es gibt Zeiten der Freude im Leben – wer wüsste das besser als du? –, und genauso muss es Zeiten des Schmerzes geben. Aber wenn der Schmerz vorbeigeht, wirst du deine Bestimmung erfüllen und das Ziel erreichen, das unser aller letztes Ziel ist.
    Chi’thlox dankte ihm, wie es der Sitte entsprach, und war froh, als sie ihn wieder verließen.Bald konnte er die Kinder spüren, die in seinem Leib heranwuchsen. Erst zählte er fünf, dann aber fand er noch eine sechste, kleinere Auswölbung.
    In dem Maße, wie sie wuchsen, wurde er immer schwerer. Zuerst gelangte er nicht mehr über die Wipfel hinaus, später musste er sein Nest aufgeben und in ein tiefergelegenes umziehen.
    Die übrigen Thlox begegneten ihm mit Respekt. Sie versorgten ihn mit Nahrung und besuchten ihn, um ihm die Geschichten vom Versammlungsplatz zu erzählen, den er nun nicht mehr zu erreichen im Stande war. Er spürte, dass einige ihn am liebsten gefragt hätten, wie er sich fühle, wenn das nicht ein grober Verstoß gegen die Sitten gewesen wäre und eine Beleidigung für ihn. Nur – er hätte er es ihnen so gern erzählt. Ihnen geschildert, wie es wirklich war. Alle achteten ihn als einen Jeng, der seine Bestimmung erfüllte, der das Ziel seines Lebens erreicht hatte – aber er fühlte sich überhaupt nicht so, wie von ihm erwartet wurde. Er hätte sein Ziel viel lieber noch eine Weile verfehlt, wäre seiner Bestimmung viel lieber noch etwas ausgewichen. Wenn er träumte, dann davon, noch einmal über den Wipfeln zu schweben, noch einmal den Tanz der Himmelslichter im unermesslichen Dunst zu verfolgen.
    Irgendwann wurde er zu schwer für alle Nester, und er musste hinab in die Tiefe, wo das Gebärlager war. Das befand sich in Abgründen, die einem Jeng, der nicht shir war, unzugänglich blieb, und so gab es nur Erzählungen darüber.
    Er war entsetzt, als er dort ankam. Mit dem, was er gehört hatte, konnte dieser Platz nichts zu tun haben. Das Gebärlager war klein und schmutzig, und er musste es erst mühsam an einigen Stellen flicken, ehe er eine stabile Ruhestatt fand. Er war auch nicht mehr im Stande, sich andere Nahrung als Luftplankton zu beschaffen, dazu war er zu schwerfällig und unbeweglich geworden. Die letzte Zeit schließlich lag er nur noch da und wartete.
    Den Vorgang der Geburt bemerkte er kaum. Plötzlich waren da sechs kleine, verschrumpelte Wesen, die wenig Ähnlichkeit mit Jengs hatten, und stritten um die Plätze an seinen Saugleisten. Er ließ esgeschehen. Er konnte ohnehin nichts anderes tun als dazuliegen und sich aussaugen zu lassen.
    Das ist also das Geheimnis des Lebens, dachte er, seine Bestimmung und sein Ziel. Merkwürdig. Eigentlich müsste ich jetzt doch verstehen; es hieß doch, ich hätte das Ziel erreicht.
    Die Kinder wuchsen und blähten sich auf, und irgendwann schoss das erste davon, in die Höhe. Die Übrigen folgten in kurzen Abständen.
    Chi’thlox blieb zurück, und er begriff, dass er niemals wieder schweben würde. Er spürte, wie sein ausgemergelter Körper schwerer und schwerer wurde und wie das Gebärlager langsam unter ihm nachgab.
    Aus der Tiefe kommen wir, in die Tiefe kehren wir zurück.
    Ich verstehe jetzt …
    © 1990 Andreas Eschbach

Das fliegende Auge
    Eines Vormittags rief eine Berliner Zeitung an. Amerikanische Forscher (in der Tradition Frankensteins, wie mir scheint) hatten gerade eine Verschaltung zwischen dem Auge einer Katze und einem Computerbildschirm realisiert, und zu dieser Meldung wolle man gerne eine SF-Geschichte bringen. Man bräuchte sie aber ganz schnell. Noch am selben Tag, um genau zu sein. Ob ich das Unmögliche möglich machen könne?
    Manchmal reizen mich solche Herausforderungen, und an diesem Tag war es so. Ich handelte Zeit bis um 16 Uhr aus, ließ alles liegen und stehen und durchstöberte mein Notizbuch nach einer Idee, aus der sich etwas Passendes machen ließe. Es dauerte keine zehn Minuten, bis ich fündig wurde. An die Arbeit! Innerhalb weniger Stunden entstand der Text, wurde überarbeitet, saubergefeilt und rundgeschliffen und sehr, sehr rechtzeitig per Mail abgeschickt.
    Leider hatte besagte Berliner Zeitung nicht nur kein Vertrauen in mich, sondern auch keine Manieren. Auf mein Mail kam die Antwort, es täte ihnen leid, sie hätten nach dem Telefonat mit mir einen anderen
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