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Eine Liebe in Paris

Eine Liebe in Paris

Titel: Eine Liebe in Paris
Autoren: Ellen Alpsten
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Gang betraten, in dem Schilder zur Gepäckausgabe wiesen, drehte Jean-Loup sich plötzlich um und wartete auf mich. Seine Tasche hatte er dabei über seine Schulter geworfen. Sie war zwar eine dieser Monogramm-Gepäckstücke, die ich eigentlich nicht ausstehen konnte, aber diese Tasche war wie ein Seesack geschnitten, durch dessen Ösen er einen Strick gezogen hatte, und sie sah so aus, als hätte er sie von seinem Großvater geerbt. Abgewetzt und echt und keine Billigkopie aus Thailand – cool!
    »Ich habe es eilig. Viel Glück, Ava. Schön, dass wir uns kennengelernt haben. Sie sind anders«, sagte er.
    »Wie anders?«, fragte ich und ärgerte mich, wie erstaunt meine Frage klang. Eine französische Dame von Welt hätte nur die langen Wimpern niedergeschlagen und mit geschlossenen Lippen ein feines und geheimnisvolles
Merci
gelächelt, statt so direkt nachzufragen.
    »Das werden Sie noch herausfinden. Ich muss los.
A bientôt

    A bientôt?
Auf bald? Wie denn und wo denn? Er hatte ja nicht einmal meine Telefonnummer und ich nicht seine. Aber ehe ich danach fragen konnte, hatte er sich schon aufdem Absatz umgedreht und schob sich mit vielen gemurmelten
Pardon, Pardon
zwischen den anderen Reisenden, die ihm widerwillig Platz machten, hindurch. Dann war er verschwunden, und in der Luft blieb ein Loch zurück, das seinen Umriss hatte.
    Der Flughafen von
Roissy
war an dem Tag meiner Ankunft ein Umschlagplatz der großen Gefühle. Noch nie hatte ich so viele sich umarmende, küssende Leute auf einem Haufen gesehen wie hier. Menschen aller Hautfarben sprachen miteinander und unter das meist mit starkem Akzent gesprochene Französisch mischten sich so viele Wortfetzen anderer Sprachen, dass ich an den Turmbau zu Babel dachte, nur hier schienen sich alle miteinander zu verstehen. Ganze vietnamesische Sippen erwarteten lautstark die Ankunft ihrer Verwandten; hochgewachsene Männer aus Afrika überlegten im letzten noch offenen Duty Free Shop vor der Gepäckausgabe, welche goldene Uhr auf ihrer Haut am meisten funkelte; eine Gruppe tief verschleierter Frauen huschte aus einem Gate, an dem gerade der Flug aus Algier angekommen war, und zwei dicke afrikanische Mamas standen in der Schlange an der Passkontrolle vor mir und unterhielten sich. Die Selbstsicherheit, mit der sie ihre beachtlichen Hinterteile in enge, lange und kreischend bunt gemusterte Röcke gezwängt hatten, beeindruckte mich ebenso wie die Eleganz, mit der sie den passend gemusterten Turban und die großen Kreolenohrringe trugen.
    »Sehen Sie mich an«, forderte mich der Beamte an der Passkontrolle streng auf, als ich ihm meinen Personalausweis auf den Schalter legte. Ich gehorchte verschüchtert. Er aber lächelte mich an und schob mir den Ausweis wieder über das Glas zurück. »Wusste ich es doch. Sie haben schöne Augen,
Mademoiselle. Bienvenue à Paris

    Ich musste lachen, denn meine Augen waren wirklich schön: ganz hellgrün und so mandelförmig wie die einer Katze. Ich musste sie von meinem Vater geerbt haben.
    Als sich die Glastüren nach dem Passieren des Zolls vor mir öffneten, schlug mein Herz schneller.
    Ich hatte Henri Lefebvre, den Vater meiner Gastfamilie, schon einmal gesehen, aber das war so lange her, dass ich mich beim besten Willen nicht mehr an ihn erinnern konnte. War er blond oder braunhaarig? Groß oder klein? Trug er Schnurrbart oder war er glatt rasiert? Hoffentlich wusste er überhaupt, wie ich aussah!
    Ich setzte mich in der Ankunftshalle auf meinen Koffer und schaute mich um. Nun konnte es mit meinem Leben losgehen, und zwar schnell!
    Eine Stunde später saß ich immer noch da, denn niemand, der auch nur entfernt Henri Lefebvre hätte sein können, war zu sehen. Alle anderen Passagiere meines Fluges waren schon längst verschwunden und der Ausgang der Gepäckausgabe spuckte unablässig neue Ankömmlinge aus. Den Zettel, aufdem meine Mutter mir Henri Lefebvres Handynummer notiert hatte, hatte ich natürlich verloren, und sie selber ging nicht ran, als ich sie anrief. Die großen Gefühle der anderen Reisenden, die alle, so kam es mir jedenfalls vor, überschwänglich begrüßt wurden, stimmten mich jetzt missmutig. Ich wollte auch willkommen geheißen werden und mich ebenfalls zugehörig fühlen.
    »Ava?«, fragte da eine männliche Stimme von hinten und ich wandte den Kopf. Henri Lefebvre musste gelaufen sein, denn der Schweiß rann ihm über die Stirn bis in die grauen Augen, die mich klug und freundlich hinter dicken
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