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Eine Lady verschwindet

Eine Lady verschwindet

Titel: Eine Lady verschwindet
Autoren: Carter Brown
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unumwunden.
    »Um diese Stunde wirke ich nie
überzeugend«, sagte er leichthin. »Es ist so was wie eine Zwischenzeit, wenn
der zweite Martini noch nicht getrunken ist. Wir hören wieder voneinander, Holman .«
    »Gut«, sagte ich und legte auf.
    Ein komplett frischer Martini
schien jetzt das einzig Richtige zu sein; und ich war eben dabei, ihn mir
zuzubereiten, als es an der Haustür klingelte. Nie einen langweiligen
Augenblick, dachte ich, wie Dixie wahrscheinlich in
dieser Sekunde zu Trixie sagte. Gleich darauf öffnete
ich die Tür und betrachtete bewundernd das dunkelhaarige Mädchen, das auf
meiner vorderen Veranda stand.
    O’Neils Beschreibung war zutreffend
gewesen, aber bei weitem nicht umfassend genug. Es handelte sich um eine
ansehnliche große Brünette. Ihr Haar war in der Mitte gescheitelt und lag wie
zwei Rabenflügel glatt an ihren Schläfen an. Ihre großen dunklen Augen
funkelten in einer Art angeborener Autorität — und vielleicht steckte dahinter
noch etwas völlig anderes. Die Nase war gerade und ausgesprochen aristokratisch
und wollte offensichtlich mit dem Mund gar nichts zu tun haben — hauptsächlich
deshalb, vermutete ich, weil sie diesen Mund mit seiner leicht schmollenden,
üppigen Unterlippe als minderwertig und sinnlich empfand.
    Meine Besucherin trug ein
weißes Mini-Leinenkleid, das knapp den oberen Ansatz ihrer Schenkel bedeckte.
Es hatte den doppelten Vorzug, sowohl ihre langen schlanken Beine in der ganzen
Perfektion zu zeigen als auch die feste Rundung ihrer Brüste unter Beachtung
aller Details so einprägsam zur Geltung zu bringen, daß ich bereit war, jede
Wette einzugehen, daß die Eigentümerin der Anti-BH-Brigade angehörte. Eine
schwarze Wildledertasche hing an einem langen Riemen über ihrer linken
Schulter, und sie hielt sich daran fest, als stünde sie in der Stoßzeit in
einer Untergrundbahn.
    »Wie widerwärtig!« sagte sie,
und erneut hörte ich diese wundervollen Vokale. »Gehen Sie sofort hinein und
ziehen Sie sich anstandshalber etwas an!«
    Ich blickte auf die bunte
Hawaii-Hose, die ich trug, und fragte mich, ob die Lady wohl alle Tassen im
Schrank habe.
    »Ich bin Daphne Woodrow«, fuhr
sie fort, bevor ich Gelegenheit hatte, meinen Gedanken Ausdruck zu verleihen.
»Wir haben einige wichtige Dinge zu diskutieren, aber ich werde in keinem Fall
herumsitzen und mich mit einem halbnackten, haarigen Mann unterhalten.«
    »Wie wär’s mit einem völlig
nackten Mann?« fragte ich hoffnungsvoll. »Erleichtern Sie mir die Sache, dann
brauche ich nur meine Hose auszuziehen.«
    »Sie halten das wohl für
komisch?«
    Sie ließ die Tasche von der
Schulter gleiten, ergriff sie am Riemen und schwang sie in einem weiten Bogen.
Ich versuchte mich zu ducken, aber sie flog heftig gegen meinen Kopf.
    »So!« Sie atmete noch nicht
einmal schwer. »Das wird Sie lehren, mit mir Ihre Scherze zu treiben.«
    »Nun kommen Sie schon rein, Sie
Spinatwachtel, und beruhigen Sie sich«, knurrte ich.
    Die Finger meiner rechten Hand
erwischten eine Handvoll weißes Leinen an ihrer Taille und rissen daran.
»Lassen Sie mich los, Sie Bestie!« schrie sie.
    »Wenn Sie sich auf diese Weise
sträuben, Miss Woodrow«, sagte ich höflich, »wird Ihnen glatt das Kleid vom
Leib gerissen.«
    Sie stieß einen verzweifelten
Jammerlaut aus und ließ sich dann widerstrebend ins Haus ziehen. Als wir das
Wohnzimmer erreicht hatten, ließ ich das Minikleid los, legte ihr die Hand
flach ins Gesicht und gab ihr einen Schubs. Im nächsten Augenblick saß sie in
einem Sessel. »Ich werde mir jetzt was anziehen«, sagte ich. »Solange ich weg
bin, können Sie meinetwegen Betrachtungen über den amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg anstellen.«
    Ich kehrte zwei Minuten später
in Hose und Unterhemd zurück. Miss Woodrow saß nach wie vor im Sessel. Zwei
rote Flecken brannten auf ihren Wangen, und ihre Beine waren so sorgfältig
übereinandergeschlagen, wie das einem Mädchen in einem Minikleid nur möglich
ist.
    »Wie wär’s mit einem Drink?«
schlug ich vor.
    »Ich möchte Ihnen nur sagen,
daß Sie der ungehobeltste Flegel sind, dem ich je in
meinem Leben zu meinem Unglück begegnet bin«, sagte sie mit leiser Stimme. »Und
ich möchte Scotch mit Wasser haben — kein Eis.«
    Ich goß ein Glas voll und gab
es ihr. Dann trug ich meinen Tom Collins zur Couch und setzte mich ihr
gegenüber.
    »Ich bin wegen einer Sache, die
Sie am Telefon erwähnt haben, hierhergekommen, Mr. Holman «,
sagte sie.
    »Rick«,
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