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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)
Autoren: Stephen Hawking
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Galaxien, ganz gleich, wohin man blickt, rasch von uns fortbewegen. Mit anderen Worten: Das Universum dehnt sich aus. Dies bedeutet, daß in früheren Zeiten die Objekte näher beieinander waren. Es hat sogar den Anschein, als hätten sie sich vor ungefähr zehn bis zwanzig Milliarden Jahren alle an ein und demselben Ort befunden und als sei infolgedessen einst die Dichte des Universums unendlich gewesen. Mit dieser Entdeckung rückte die Frage nach dem Anfang des Universums in den Bereich der Wissenschaft.
    Hubbles Beobachtungen legten die Vermutung nahe, das Universum sei zu einem bestimmten Zeitpunkt, Urknall genannt, unendlich klein und unendlich dicht gewesen. Unter solchen Bedingungen würden alle Naturgesetze ihre Geltung verlieren, und damit wäre auch keine Voraussage über die Zukunft mehr möglich. Wenn es Ereignisse gegeben hat, die vor diesem Zeitpunkt lagen, so können sie doch nicht beeinflussen, was gegenwärtig geschieht. Man kann sie außer acht lassen, weil sie sich nicht auf unsere Beobachtungen auswirken. Man kann sagen, die Zeit beginnt mit dem Urknall – in dem Sinne, daß frühere Zeiten einfach nicht definiert sind. Es sei betont, daß sich dieser Zeitbeginn grundlegend von jenen Vorstellungen unterscheidet, mit deren Hilfe man ihn sich früher ausgemalt hat. In einem unveränderlichen Universum muß ein Anfang in der Zeit von einem Wesen außerhalb dieser Welt veranlaßt werden – es gibt keine physikalische Notwendigkeit für einen Anfang. Die Erschaffung des Universums durch Gott ist buchstäblich zu jedem Zeitpunkt in der Vergangenheit vorstellbar. Wenn sich das Universum hingegen ausdehnt, könnte es physikalische Gründe für einen Anfang geben. Man könnte sich noch immer vorstellen, Gott habe die Welt im Augenblick des Urknalls erschaffen oder auch danach, indem er ihr den Anschein verlieh, es habe einen Urknall gegeben. Aber es wäre sinnlos anzunehmen, sie sei vor dem Urknall geschaffen worden. Das Modell eines expandierenden Universums schließt einen Schöpfer nicht aus, grenzt aber den Zeitpunkt ein, da er sein Werk verrichtet haben könnte!
    Wenn wir uns mit der Beschaffenheit des Universums befassen und Fragen erörtern wollen wie die nach seinem Anfang oder seinem Ende, müssen wir eine klare Vorstellung davon haben, was eine wissenschaftliche Theorie ist. Ich werde hier von der einfachen Auffassung ausgehen, daß eine Theorie aus einem Modell des Universums oder eines seiner Teile sowie aus einer Reihe von Regeln besteht, die Größen innerhalb des Modells in Beziehung zu unseren Beobachtungen setzen. Eine Theorie existiert nur in unserer Vorstellung und besitzt keine andere Wirklichkeit (was auch immer das bedeuten mag). Gut ist eine Theorie, wenn sie zwei Voraussetzungen erfüllt: Sie muß eine große Klasse von Beobachtungen auf der Grundlage eines Modells beschreiben, das nur einige wenige beliebige Elemente enthält, und sie muß bestimmte Voraussagen über die Ergebnisse künftiger Beobachtungen ermöglichen. So war beispielsweise die Aristotelische Theorie, alles bestehe aus den vier Elementen Erde, Luft, Feuer und Wasser, einfach genug, um den genannten Bedingungen zu genügen, führte aber zu keinen deutlichen Vorhersagen. Newtons Gravitationstheorie dagegen, die auf einem noch einfacheren Modell beruht – Körper ziehen sich mit einer Kraft an, die ihrer Masse proportional und dem Quadrat der Entfernung zwischen ihnen umgekehrt proportional ist –, sagt die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der Planeten mit großer Präzision voraus.
    Jede physikalische Theorie ist insofern vorläufig, als sie nur eine Hypothese darstellt: Man kann sie nie beweisen. Wie häufig auch immer die Ergebnisse von Experimenten mit einer Theorie übereinstimmen, man kann nie sicher sein, daß das Ergebnis nicht beim nächstenmal der Theorie widersprechen wird. Dagegen ist eine Theorie widerlegt, wenn man nur eine einzige Beobachtung findet, die nicht mit den aus ihr abgeleiteten Voraussagen übereinstimmt. In seiner «Logik der Forschung» nennt Karl Popper als Merkmal einer guten Theorie, daß sie eine Reihe von Vorhersagen macht, die sich im Prinzip auch jederzeit durch Beobachtungsergebnisse widerlegen, falsifizieren, lassen müssen. Immer wenn die Beobachtungen aus neuen Experimenten mit den Vorhersagen übereinstimmen, überlebt die Theorie, und man faßt ein bißchen mehr Vertrauen zu ihr; doch sobald man auch nur auf eine Beobachtung stößt, die von den Vorhersagen
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