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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman
Autoren: PeP eBooks
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fuchsteufelswild wurde, als sie ihren Briefwechsel einem Verleger übergab. Eine Liebe auf dem Papier, wunderschön, unwiderstehlich. Gescheitert an einem Übermaß an Leidenschaft.
    Den heutigen Nachmittag in Paris trüben ein paar Wolken, die nach dem Gewitter, das mich in dieses berühmte Refugium getrieben hat, am Himmel hängen geblieben sind. Gelegentlich tritt in all ihrer Überheblichkeit die Sonne hervor und übergießt mein Gesicht mit herbstlicher Wärme. Seit Stunden sitze ich nun schon hier, vielleicht weil ich hoffe, dass ein bekanntes Gesicht aus der Menge auftaucht. Heute Morgen bin ich beim Friseur gewesen. Der Schnitt, der mich wie eine Pariserin aussehen lässt, würde Dir gefallen. Mein Französisch wird besser, und ich vertraue auf die Möglichkeit einer vollständigen Anpassung. Der Akzent stört mich nicht mehr. Ich spüre eine merkwürdige Zugehörigkeit zu diesen Orten.
    Wir sind alle drei umgezogen. Mattia hat es mir noch nicht verziehen. Seine Freunde verlassen zu müssen, war für ihn ein dramatischer Einschnitt. Er betrachtet sich als »politischen Gefangenen« einer despotischen Mutter, die ihn nicht versteht. Leider ist es so, dass die beiden für mein
Überleben unerlässlich sind, mindestens ebenso sehr wie ich für sie. Carolina ist glücklich. Die neue Schule begeistert sie, und die Kleider, die ich ihr gekauft habe, liebt sie über alles. Stolz und kokett trägt sie ihre blonden Haare in einem Bubikopf, der sie wie eine kleine Louise Brooks aussehen lässt. Sie fragt oft nach ihrem Vater, wie ich befürchtet und erwartet hatte. Ich habe lange mit ihr geredet. Sie ist ziemlich klug, musst Du wissen, viel klüger als ihre Mutter. In regelmäßigen Abständen fragt sie, warum ich nicht mehr in ihn verliebt bin. Dann stellt sie tausend Fragen über die Liebe, möchte sich wappnen und alles verstehen. Sie weiß, wie man verführt. Ich habe niemanden halten können. Alle habe ich verlassen und fühle mich auf ewig schuldig. Mit meiner Freiheit weiß ich nichts anzufangen. Ohne Dich ist sie überflüssiges Beiwerk. Dir würde es hier gefallen, die Schönheit liegt direkt vor der Haustür. Tag und Nacht. Frühmorgens gehe ich in die Kirche und überlasse mich der Macht des Schweigens, das man dort atmet. Worte reserviere ich für die Kinder. Wir haben in der Rue de Saintonge im Marais eine Wohnung gemietet, im ersten Stock eines Altbaus. Luxus ist es nicht gerade, aber »assez charmant«. Die Einkäufe erledige ich unten im Haus. Siehst Du mich vor Dir? Ich habe einen Korb gekauft und fülle ihn morgens mit Baguette, Croissants für die Kinder, Obst und Gemüse.
    Du fehlst mir. Entsetzlich. Manchmal ist die Sehnsucht wie ein Unkraut, das ausgerechnet dort wuchert, wo angeblich das Herz liegt. Das schließlich darunter erstickt.
Monate sind vergangen, aber ich kann abends immer noch nicht schlafen. Ich greife wieder auf die Tabletten zurück, die meinen Schlaf ohne Dich in einen Nebel tauchen. In den ersten Wochen habe ich keine Musik gehört. Die Klänge haben geschmerzt, hier links, an jener Stelle des Körpers, auf die der Stein der unheilbaren Verzweiflung gefallen ist. Meine Psychoanalytikerin hat mich an einen französischen Kollegen verwiesen, mit dem ich den Faden der Erzählung wieder aufgenommen habe. Sie hat ihn mit einem Brief auf mich vorbereitet. Was wird sie hineingeschrieben haben? »Hoffnungsloser Fall«, nehme ich an. Frauen, die zu sehr lieben, habe ich nie ausstehen können. Das ist übertrieben, unwürdig, pathetisch. Ich weiche nicht. Du bist tief in mir verschlossen, und nur nachts gehe ich den Erinnerungen nach.
    Sonst ist es ein körperliches Leiden, vermutlich ein tödliches, und vergeht nicht. Es ist wie die Bewegung der Wellen, wie der Klang Deines Violoncellos, es begleitet mich wie ein sehnendes Piano oder ein ohrenbetäubendes Forte. Niemand ehrt mich mit einer Komposition, die Klänge wabern hierhin und dorthin und folgen einer geheimnisvollen Bewegung der Unruhe. Ich war sicher, dass es diese Liebe gibt, dabei war ich es, die sie erst hervorgebracht hat. Mittlerweile erfreut sie sich einer beachtlichen Autonomie und lässt mich höchstens ein paar Stunden am Tag aus ihren Krallen. Momente, in denen der Atem sich beruhigt und ich es schaffe, mich an der Schönheit dieses neuen Lebens zu erfreuen. Wie kann ich ohne Dich sein? Wie soll ich
es aushalten, Dich nie wiederzusehen? Du wirst beleidigt sein, oder vielleicht auch nicht, denn eigentlich war auch Dir
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