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Eine Familie für Julianne

Eine Familie für Julianne

Titel: Eine Familie für Julianne
Autoren: KAREN TEMPLETON
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mal etwas davon, so sehr war sie mit ihren Fingern beschäftigt. Julianne trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie ließ Kevin nicht aus den Augen.
    „Vielleicht sollten Sie sich setzen.“
    „Meine Güte, ich werde sie bestimmt nicht fallen lassen.“
    „Trotzdem“, sagte sie mit besorgtem Blick.
    Also setzte er sich. Julianne blieb stehen.
    „Und was macht man so bei diesen Treffen?“, fragte sie.
    „Hat Robyn nichts davon erzählt?“
    „Sie war in einer Privatklinik. Und ohne die Familiensitzungen, die Pflicht waren, hätten wir sowieso nichts erfahren. Wie gesagt, meine Schwester öffnete sich niemandem, auch uns nicht.“
    „Tja, sich öffnen, das ist wohl das Schlüsselwort“, erwiderte Kevin und drehte Pippa in seinem Arm so, dass sie ihn ansehen konnte. „Bei den Treffen erzählt man sich gegenseitig seine Geschichten und spricht über seine Dämonen.“
    Pippa steckte einen Finger nach dem anderen in den Mund, wie um herauszufinden, welcher am besten schmeckte. Kevin musste grinsen – und Pippa lächelte zurück.
    „Und über die Erfolge“, fügte er leise hinzu. „Jeder kleinste Erfolg zählt. Wenn man sich von ganz unten heraufarbeitet, ist jeder Schritt nach oben ein Triumph.“
    Julianne ließ sich jetzt doch auf einem Stuhl ihm gegenüber nieder, die Arme noch immer verschränkt, die Knie fest zusammengepresst. Es kam ihm fast vor, als verkrieche sie sich in sich selbst, als wolle sie unsichtbar werden. Schnaufend kam der Labrador dazu und legte sich auf ihre Füße. Julianne streckte eine schmale Hand aus, um ihn zwischen den Ohren zu kraulen.
    Jetzt erschien es Kevin auf einmal wieder besser, es kurz und bündig hinter sich zu bringen. Doch bevor er den Mund aufmachen konnte, sagte Julianne: „Sie werden Sie mitnehmen, nicht wahr?“
    „Ja“, erwiderte er mit gesenktem Blick.
    „Wann?“, flüsterte sie.
    „Ich habe einem Freund versprochen, ihm in seiner Polsterwerkstatt auszuhelfen, also wahrscheinlich erst in einer Woche.“
    „In einer Woche? Wie wollen Sie sich in einer Woche darauf vorbereiten, sich um ein Baby zu kümmern? Heute Morgen haben Sie gesagt …“
    „Ich weiß“, entgegnete Kevin und sah sie nun doch an. „Aber inzwischen habe ich mit meinen Eltern telefoniert. Ich werde bei ihnen wohnen – mit Pippa. Sie haben Platz genug für uns beide, und meine Mutter wird auf sie aufpassen, während ich mir Arbeit suche …“
    „Aber Ihre Eltern wohnen in Massachusetts!“
    „Ja. Wie gesagt, wir sind eine große Familie und stehen uns nahe. Pippa hätte jede Menge Cousins und Cousinen zum Spielen und …“
    „Was soll das denn heißen? Dass Quantität mehr zählt als Qualität? Dass mein Vater und ich ihr nicht genug geben, weil wir nur zu zweit sind?“
    „Nein, das will ich nicht damit sagen. Aber ich bin ihr Vater. Sie gehört zu mir. Und um ganz ehrlich zu sein, habe ich bessere Chancen, zu Hause einen guten Job zu finden als hier. Weil ich dort oben Beziehungen habe und einen festen Wohnsitz.“
    „Bei Ihren Eltern ?“
    „Wieso denn nicht? Sie wohnen ja auch bei Ihrem Vater.“
    Julianne wurde knallrot, dann sprang sie auf und rannte ins Haus. Fluchend folgte Kevin ihr, darauf bedacht, Pippas Köpfchen zu stützen. Im Wohnzimmer holte er sie ein. „Julianne, es tut mir leid, ich wollte nicht …“
    Erregt drehte sie sich um. „Sie haben ja keine Ahnung, was wir hier durchgemacht haben“, stieß sie zitternd hervor. „Dad und ich haben versucht, aus den Trümmern, die uns geblieben sind, eine Familie für Pippa zu schaffen. Was ist daran denn schlimm?“
    „Nichts! Aber jetzt, wo ich von Pippa weiß, ändert sich eben einiges. Das müssen Sie doch geahnt haben, als Sie mir von ihr erzählt haben!“
    „Julie?“ Ihr Vater betrat humpelnd den Raum.
    Julianne rannte zu ihm und flüchtete sich an seine Brust. Victor legte einen Arm um seine Tochter und starrte Kevin finster an. „Was zum Teufel ist hier los?“
    „Ich habe beschlossen, Pippa mit zu mir nach Hause zu nehmen, Mr. Booth“, erklärte Kevin. „Nach Massachusetts. In etwa einer Woche.“
    Victors Blick aus tiefblauen Augen war wie ein Dolchstoß. „Bevor feststeht, dass Sie wirklich ihr Vater sind? Nur über meine Leiche.“
    Na schön, offenbar war doch nicht Julianne das größte Problem. Nicht, dass sich Kevin dadurch einschüchtern ließ. „Kein Problem, wir machen einen DNA-Test“, stimmte er zu und schaukelte Pippa ein wenig, als sie zu quengeln
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