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Eine dunkle & grimmige Geschichte

Eine dunkle & grimmige Geschichte

Titel: Eine dunkle & grimmige Geschichte
Autoren: Adam Gidwitz
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beladen mit goldenen Wunderwerken. Und sie können alle Euch gehören, wenn Ihr mich zum Hafen begleitet.«
    Die Prinzessin zögerte. Seit ihr letzter Verlobter gestorben war, hatte sie keinen Fuß mehr vor den Palast gesetzt. Doch der Reiz des Goldes war zu groß. Sie warf ihren glänzenden Reisemantel über die Schultern und folgte Johannes zum Schiff.
    Der junge König begrüßte sie in seiner Verkleidung als Händler. Ihre Schönheit war so atemberaubend und in ihrer Traurigkeit wirkte sie so zerbrechlich, dass er fast wieder in Ohnmacht fiel. Doch es gelang ihm, bei Bewusstsein zu bleiben. Sie lächelte ihn an und bat ihn, ihr all seine Schätze zu zeigen.
    Sobald sie unter Deck verschwunden waren, eilte Johannes zum Kapitän des Schiffes und flüsterte ihm zu, er solle ablegen und sofort nach Hause segeln.
    Nun, meine jungen Leser, ich weiß, was ihr jetzt denkt. Ihr denkt: »Hmmm, ein Mädchen stehlen. Das ist eine ungewöhnliche Methode, ihr Herz zu gewinnen.«
    Ich muss euch recht geben und möchte eine dringende Warnung aussprechen: Das ist sogar die erdenklich schlechteste Methode, ein Mädchen zu erobern.
    Aber da es vor langer Zeit und in einem fernen Land geschah, hat es wundersamerweise funktioniert.
    Die Goldene Prinzessin kam zurück an Deck und sah, dass ihr Land in weiter Ferne lag. Anfangs protestierte sie noch heftig. Denn es war unter ihrer Würde, von zwei einfachen Händlern entführt zu werden. Doch als einer der vermeintlichen Händler sich ihr als König offenbarte, der außerdem unsterblich in sie verliebt war, beruhigte sie sich ein wenig.
    Johannes versicherte ihr außerdem, dass sie jederzeit nach Hause könne, aber nur ohne das Gold. Da erkannte die Prinzessin, dass der junge König doch die Art von Mann war, den sie heiraten wollte, und beschloss, der ganzen Sache mit der Ehe eine allerletzte Chance zu geben.
    Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
    Ende

Sind kleine Kinder im Zimmer? Wenn ja, dann ist es am besten, wenn wir sie in dem Glauben lassen, das sei das Ende der Geschichte, und sie schnell ins Bett bringen. Denn jetzt wird es ... nun ... richtig, richtig toll.
    Aber auf eine Furcht einflößende, blutige Art und Weise.
    Als das Schiff durch das Meer glitt, saßen die beiden frisch Verliebten glückselig am Bug. Der treue Johannes hatte im hinteren Teil des Schiffes Platz genommen, froh über das Gelingen des Plans. Da ließen sich drei Raben auf den Mast des Schiffes nieder.
    Der erste Rabe zeigte mit seinem Schnabel in die Richtung des Königs und der Prinzessin. »Was für ein wunderschönes Paar«, sagte er.
    Und der zweite entgegnete: »Ja, nur schade, dass es damit bald vorbei ist.«
    Der erste sagte: »Was meinst du?«
    »Na ja«, antwortete der zweite Rabe, »sobald das Schiff Land erreicht, wird ein bildschöner, haselnussbrauner Hengst auf die Gruppe zugaloppieren. Der König wird beschließen, auf ihm zum Schloss zu reiten. Aber sobald er das tut, wird das Ross ihn abwerfen und er stirbt.«
    »Großer Gott, ist das schrecklich!«, sagte der erste Rabe. »Kann das denn niemand verhindern?«
    »Es gibt tatsächlich einen Weg«, entgegnete der zweite Rabe. »Jemand muss das Pferd töten, bevor der König aufsteigt. Aber was würde das schon helfen? Denn wenn ererzählt, warum er es getan hat, verwandelt er sich in Stein – von den Zehenspitzen bis zu den Knien.«
    »Zu Stein?«, fragte der erste Rabe.
    »Genau, zu Stein«, bestätigte der zweite.
    Da mischte sich der dritte Rabe ein, der bisher ruhig zugehört hatte. »Es kommt noch schlimmer«, sagte er. »Wenn es den Liebenden gelingt, dieser Gefahr zu entrinnen, erwartet sie schon die nächste. Sobald sie das Tor zum Schloss erreichen, wird dort ein hinreißendes Hochzeitskleid aus purem Gold liegen, gebettet auf lilafarbenen Blumen. Selbstverständlich wird die Prinzessin es anziehen wollen. Doch sobald sie es berührt, wird sie jämmerlich verbrennen, und übrig bleibt nur ein Häufchen Asche.«
    »Großer Gott, ist das schrecklich!«, rief der erste Rabe. »Kann das denn niemand verhindern?«
    »Oh doch«, sagte der dritte Rabe. »Falls jemand das Kleid aufhebt, bevor sie es berührt, und es ins Feuer wirft, würde er das Leben der Prinzessin retten. Doch was würde das schon helfen? Denn sobald er erzählt, warum er es getan hat, verwandelt er sich in Stein, von den Knien bis zu seinem Herzen.«
    »Zu Stein?«, wiederholte der erste Rabe.
    »Zu Stein«, bestätigte der dritte
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