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Ein Winter mit Baudelaire

Ein Winter mit Baudelaire

Titel: Ein Winter mit Baudelaire
Autoren: Harold Cobert
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eben auch Symptom einer beginnenden Krebserkrankung im Lymphsystem sein.«
    Wieder werden Blicke gewechselt.
    »Was würden Sie mir raten?«, fragt Philippe in die Stille hinein.
    »Weitere Untersuchungen, und zwar so schnell wie möglich … Die sind allerdings nicht gerade billig …«
    »Wie teuer?«
    »Um die hundert Euro. Vielleicht auch etwas mehr.«
    »Am Ende der Woche bekomme ich zum ersten Mal Sozialhilfe, das dürfte also kein Problem sein.«
    Der Tierarzt zieht einen Terminkalender aus seiner Ledertasche.
    »Können Sie nächsten Montag nach Maisons-Alfort kommen?«
    »Um wie viel Uhr?«
    »14 Uhr 30?«
    »Perfekt.«
    Der Arzt notiert die Adresse auf einem Zettel, gibt ihn Philippe, steht auf.
    »Und noch mal: Machen Sie sich nicht zu große Sorgen.«
    Er packt seine Sachen und geht mit Franck in die Nachbarkabine, um Dalida zu untersuchen. Édith de Rotalier streicht Philippe mit einem aufmunternden Lächeln überden Arm und geht, um sich anderswo nützlich zu machen. Serge klettert vom Bett herunter und gibt Philippe einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.
    »Komm, ich geb dir im Rauchsalon ne Zigarette aus.«
    Sie folgen Baudelaire, der munter vorausgelaufen ist, in den Gang.
    »Und mach dir keine Gedanken, große Dichter sind unsterblich …«

Küchenintrigen
    Am nächsten Tag geht Philippe zu Bébère, wo er nicht ihn, sondern nur Fatima antrifft, die gerade dabei ist, den Laden für die betriebsame Mittagszeit vorzubereiten.
    »Er ist zum Markt gegangen«, sagt sie mit einem Blick auf die Uhr. »Er müsste gleich zurück sein.«
    »Dann komme ich später noch mal vorbei, danke …«
    »Du kannst auch hier auf ihn warten, wenn du willst.« Philippe starrt sie verdutzt an.
    »Er hat mir das mit deiner Tochter erzählt … Setz dich.«
    Sie bietet ihm einen Stuhl an. Philippe bleibt erst wie angewurzelt stehen, dann nimmt er Platz. Baudelaire legt sich zwischen seine Beine.
    »Hast du Hunger?«
    »Ich … ähm …«, stammelt Philippe verwirrt.
    »Du hast Hunger«, fährt sie ihm über den Mund. »Ich mache Fleischbällchen.«
    Ohne ihm Zeit für eine wie auch immer geartete Antwort zu lassen, macht sie sich an die Arbeit.
    »Wann siehst du sie wieder?«
    »Sobald das Wetter besser wird.«
    »Warum nicht vorher?«
    »Nun, ich … Ich will lieber die Zeit mit ihr verbringen,mit ihr und Baudelaire durch Paris spazieren, als in einem Kino oder Café zu hocken …«
    Fatima nickt zustimmend. Sie kommt mit einem Teller und Baudelaires Napf zu ihm an den Tisch. Der Hund stürzt sich darauf.
    »Danke …«
    Sie nimmt ihm gegenüber Platz.
    »Ich habe deine Mutter angerufen.«
    Philippe schnappt nach Luft.
    »Bébère war eigentlich nicht damit einverstanden, aber ich habe mir gedacht …«
    »…«
    »Ich habe sie beruhigt. Man lässt eine Mutter nicht mit ihrem Kummer allein.«
    »Was haben Sie ihr gesagt?«
    » Nardinamouk , seit wann siezt du mich eigentlich?«
    Sekundenlang verschlägt es Philippe die Sprache, während Baudelaire lautstark seinen Napf ausleckt.
    »Also, was hast du ihr gesagt?«, fragt er schließlich noch einmal.
    »Die Wahrheit.«
    »Was?«
    »Die Wahrheit!«
    »…«
    »Aber ich habe ihr gesagt, dass es dir jetzt besser geht und dass du auf dem richtigen Weg bist.«
    Baudelaire hebt den Kopf. Während er sich die Lefzen leckt, wandert sein Blick zwischen den beiden hin und her, dann legt er sich wieder schnaufend zwischen Philippes Füße.
    »Sie würde sich freuen, wenn du sie mal anrufen würdest …«
    »…«
    »…«
    »Fatima, ich … Ehrlich gesagt weiß ich nicht …«
    »Ich aber, und sie auch.«
    »He, was wird denn hier ausgeheckt?«
    Bébère ist durch den Hinterhof hereingekommen. Baudelaire begrüßt ihn stürmisch.
    »Hallo, wie geht’s meinem Lieblingsdichter?«
    Er stellt seine Sachen ab, um Baudelaire ausgiebig zu kraulen, ehe er sich zu Fatima und Philippe setzt.
    »Und? Was ist mit der Diagnose?«
    Während ihm Philippe berichtet, was der Tierarzt gesagt hat, stupst Baudelaire den Hausherrn mit der Schnauze mehrmals am Ellbogen an.
    Als Bébère endlich den Arm hebt, legt er ihm den Kopf in den Schoß.
    »Wir helfen dir«, sagt Fatima, kaum dass Philippe die Lage geschildert hat.
    Bébère sieht sie verblüfft an.
    »Übermorgen bekomme ich zum ersten Mal meine Sozialhilfe überwiesen, es wird schon gehen.«
    »Wir helfen dir trotzdem«, erwidert Fatima.
    Philippe steht auf. Bébère sieht ihn an, als verstünde er die Welt nicht mehr, und macht eine vage
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