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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt
Autoren: Gayle Callen
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jüngeren Schwester zu nehmen, auf die sich zwischenzeitlich alle Erwartungen der Mutter gerichtet hatten.
    Rebecca konnte sich noch gut daran erinnern, dass sie anfangs versucht hatte, den Wünschen und Hoffnungen ihrer Mutter zu entsprechen. Damals war sie noch ganz begeistert gewesen, die lästigen Krankheiten endlich hinter sich zu haben und sich wie andere junge Damen ins gesellschaftliche Leben stürzen zu können. Wobei Männer vorerst eine fremde Spezies für sie blieben, die es noch zu erforschen galt.
    Dann war die Nachricht vom angeblichen Tod ihres Bruders eingetroffen und das trostloseste Jahr ihres jungen Lebens angebrochen. Alles schien sich verändert zu haben und sie auch. Als die Mutter nach dem Ende der Trauerzeit wieder nach einem passenden Mann für Rebecca Ausschau hielt, hatte diese Tochter ebenfalls jedes Interesse an einer Ehe verloren. Sie sehnte sich jetzt danach, die Welt zu sehen, zu reisen und eigene Erfahrungen zu machen. Stattdessen erwartete man von ihr, eine gute Partie zu machen und ein genauso normales Leben wie alle anderen zu führen. Undenkbar.
    Trotzdem entwickelte sie Schuldgefühle wegen ihrer ablehnenden Haltung, und ihre Mutter vermutete, dass die spannungsvolle elterliche Ehe schuld an Rebeccas Desinteresse war. Nicht zu Unrecht, doch Rebecca verschwieg die Wahrheit, um ihrer Mutter nicht zusätzlich wehzutun. Lady Rose und Professor Randolph Leland hatten einander die meiste Zeit ihres Zusammenlebens misstraut, was nicht ohne Folgen für die Familie geblieben war. Die Aussicht auf Unabhängigkeit und Abenteuer erschien Rebecca also ungleich verlockender … Hinzu kam, dass sie all ihre männlichen Bekannten bieder, gesetzt und gekünstelt fand, was ihren Widerstand gegen eine Ehe nur noch verstärkte. Wie konnte sie davon ausgehen, dass solche Männer ihr unkonventionelle Freiheiten gewährten?
    Der Earl of Parkhurst dagegen schien von ganz anderem Schlag. Sie hielt überrascht den Atem an, als er ihr über den Kopf ihrer Mutter hinweg einen Blick zuwarf. Wieder lag dieses kaum als höflich zu bezeichnende Lächeln auf seinen Lippen, und seine Augen schauten erneut so durchdringend, als wolle er jedes einzelne ihrer Geheimnisse ergründen. Gütiger Himmel, was glaubte er denn, wie viel es noch zu entdecken gab, nachdem er das Gemälde gesehen hatte?
    »Worüber sie wohl reden?«, fragte Susanna.
    Rebecca lächelte. »Mama preist unsere Vorzüge an. Denk daran: Niemand wird uns je so sehr lieben wie unsere Mutter.«
    Susanna warf ihrer Schwester einen scharfen Blick zu, bevor sich ihr Gesicht in einem amüsierten Grinsen entspannte. »Ja, ich weiß. Aber manchmal ist sie so … hartnäckig.«
    »Ich glaube, jetzt hat sie ihren Meister gefunden«, meinte Rebecca und schaute etwas verunsichert in Richtung des Springbrunnens. Sie bekam ganz große Augen, als sie ihre Mutter und Parkhurst auf sich und ihre Schwester zukommen sah. »Wappne dich.«
    »Nein, du solltest dich wappnen, Rebecca. Er ist hinter dir her! Leo Wade ist bestimmt nicht so gefährlich wie er.«
    Ein leiser Schauer der Erregung durchrieselte Rebecca, während sie Julian Delane beobachtete, der direkt auf sie zusteuerte. Alle, Frauen wie Männer, machten ihm den Weg frei, doch er würdigte keinen eines Blickes, hatte nur Augen für sie. Ein warmes Prickeln begann sich von ihrem Nacken aus in ihrem ganzen Körper auszubreiten, und sie spürte nicht einmal Susannas Finger, die ihren Arm umklammerten. Nichts zählte in diesem Moment außer ihm. Mein Gott, dachte Rebecca, gegen ihn bin ich geradezu winzig!
    Sie hatte sich so sehr danach gesehnt, dass ihr Leben eine interessante Wendung nehmen möge. War sie das jetzt? Verkörpert in seiner Person, die da so groß, dreist und bedrohlich vor ihr stand, wild unter der gesellschaftskonformen Oberfläche.
    Lady Rose strahlte ihre Töchter an. Sie hatte das gleiche dunkelbraune Haar wie Rebecca und warme braune Augen. Sie war eine beeindruckende Frau mit dem selbstverständlichen, eleganten Auftreten, wie es eine hohe Geburt als Tochter eines Dukes mit sich brachte, verbunden jedoch mit Großherzigkeit und Generosität. Trotz aller Widrigkeiten, die auch sie erdulden musste – eine schwierige Ehe, ein verschollener Sohn, eine kränkliche Tochter – , hatte nichts sie zu brechen vermocht. Lady Rose bewahrte stets Haltung. Das Einzige, woran ihr noch wirklich gelegen zu sein schien, war die erfolgreiche Verheiratung ihrer Töchter. Rebecca bedauerte es fast, dass sie
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