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Ein Vampir für jede Jahreszeit

Ein Vampir für jede Jahreszeit

Titel: Ein Vampir für jede Jahreszeit
Autoren: Lynsay Sands
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einredete, lächelte und versuchte, ihm zu schmeicheln, und sich schließlich darauf verlegte, ihn zu bestechen. Er zog ein kleines Säckchen, in dem sich vermutlich einige Münzen befanden, hervor und drückte es dem Mann in die Hand. Das Gebaren des Kochs veränderte sich schlagartig. Er verwandelte sich von einem widerspenstigen Griesgram in einen vergnügten, pausbäckigen Engel, drückte Jonathan einen Korb in die Hand und begann, ihn durch die Küche zu führen, wobei er ihm den Tragekorb mit Essen füllte. Alice schob die Tür vorsichtig wieder zu.
    Als Lord Jonathan einen Augenblick später auf den Gang gestolpert kam, schleppte er einen übervollen Korb und hatte einen Schlauch Wein unter seinem Kinn klemmen. Alice musste über seinen bestürzten Gesichtsausdruck lachen. Dann nahm sie ihm schnell den Wein ab.
    »Ein zuvorkommender Bursche, nicht wahr?«, fragte sie belustigt.
    »Zumindest, nachdem ich einige Münzen springen ließ.« Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht war ich ein wenig zu großzügig.«
    Alice lachte leise. »Nun ja, das Säckchen, das du ihm angeboten hast, schien mir gut gefüllt.«
    »Ich war so hungrig, dass ich ihm sogar die Hälfte von Fairley Castle gegeben hätte … Anfangs habe ich befürchtet, dass ich das tatsächlich müsste. Er war nicht gerade erpicht darauf, uns zu versorgen.« Er schmunzelte.
    Alice grinste ebenfalls und beugte sich dann im Gehen über den Korb. »Was hat er dir mitgegeben?«
    »Alles.« Jonathan ging etwas langsamer, damit sie nicht stolperte, weil sie gleichzeitig versuchte, zu laufen und die Ausbeute zu begutachten. »Es wäre einfacher, aufzuzählen, was er uns nicht gegeben hat.«
    Uns . Alice unterbrach die Inspektion des Tragekorbs und sah zu dem Ritter auf. Dann wandte sie eilig den Blick wieder ab. Das Wort hallte in ihrem Kopf wider. Uns . Als wären wir ein Paar , dachte sie bei sich, während sie den Wohnturm auf demselben Weg wieder verließen, auf dem sie ihn betreten hatten. Die Vorstellung gefiel ihr ungemein. Sie konnte es tatsächlich selbst kaum fassen, wie sehr. Uns . Sie folgte Jonathan hinaus in die Finsternis und ertappte sich dabei, wie sie heimlich vor sich hin lächelte.
    »Hier. Das ist der perfekte Platz.«
    Er blieb stehen. Auch Alice begutachtete die Stelle, die er ausgewählt hatte. Sie befanden sich auf einer kleinen Lichtung tief in den königlichen Gärten. Am Wegesrand standen zwei Bänke, eine davon unweit von einer Statue, die im Mondlicht silbrig schimmerte. Das Standbild verriet ihr, wo genau sie sich befanden: Dies war dieselbe Lichtung, auf der sie Lord Jonathan an jenem Morgen zum ersten Mal begegnet war, als er ihr mit seiner Mutter die Aufwartung gemacht hatte. Sie betrachtete noch einmal die Statue. Bei Tag wirkte sie so lieblich und das Gesicht der weiblichen Figur zeigte einen wehmütigen und liebevollen Ausdruck. Doch nun, da der Mond tiefe Schatten über sie warf, sah sie vollkommen anders aus. Ihre rührenden Gesichtszüge muteten nun verführerisch an, als würde sie nach einem Liebhaber Ausschau halten. Auch die Robe, die im Hellen nüchtern und züchtig ausgesehen hatte, schien sich nun viel enger an ihren Leib zu schmiegen und ihre üppigen Formen zu betonen.
    »Ah.«
    Alice riss sich vom Anblick der Statue los und konzentrierte sich wieder auf Jonathan. Er hatte sich auf der Bank niedergelassen, auf der sie auch an jenem ersten Tag gesessen hatten, räumte den Korb aus und arrangierte dessen Inhalt in der Mitte der Bank. Alice wandte sich von der Statue ab und ging zu ihm. Sie verfolgte schmunzelnd, wie er begeistert jeden einzelnen Schatz bewunderte, den er aus dem Korb zutage förderte. Offenbar hatte er nicht darauf geachtet, was der Küchenmeister ihm mitgegeben hatte, denn er wirkte von den vielen Dingen, die er hervorholte, aufrichtig überrascht.
    »Oh ja, ein wahrhaft königliches Mahl.« Seufzend platzierte er das letzte Lebensmittel auf der Bank und stellte den Tragekorb beiseite.
    »In der Tat.« Auch Alice bestaunte die Speisen mit großen Augen.
    »Wie viele Münzen befanden sich doch gleich in dem Beutel, den du dem Küchenmeister überreicht hast?«
    »Offenbar zu viele«, gestand der Ritter schmunzelnd. »Setz dich.«
    Er klopfte auf den freien Platz auf der Bank. Sie ließ sich nieder. Er bot ihr eine Hähnchenkeule an, die sie nur zu gern annahm, denn zu ihrer eigenen Überraschung war sie wirklich sehr hungrig. Sie aßen schweigend, bis sie beide ein wenig gesättigt waren. Dann
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