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Ein Vampir für alle Fälle

Ein Vampir für alle Fälle

Titel: Ein Vampir für alle Fälle
Autoren: Charlaine Harris
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gewesen zu sein.«
    »Mein Sohn hat mir den Kontakt mit dir verboten.«
    »Das hast du mir schon erzählt, aber ich verstehe es nicht. Warum? Er hat sich mir nie gezeigt, mich nie wissen lassen, dass er sich um mich sorgt. Nie hat er ...« Mit mir Scrabble gespielt, mir Geburtstagsgeschenke gemacht, mir zum Schulabschlussball eine Limousine gemietet, mir ein hübsches Kleid geschenkt, mich in die Arme genommen, wenn ich wieder einmal geweint habe (es ist nicht leicht, mit telepathischem Talent aufzuwachsen). Er hatte mich nicht vor dem Missbrauch durch meinen Großonkel geschützt oder meine Eltern aus der Überflutung gerettet, in der sie ertranken (dabei war mein Vater sein Sohn), oder den Vampir davon abgehalten, mein Haus in Brand zu setzen, während ich darin schlief. All dies angebliche Wachen und Beobachten meines angeblichen Großvaters Fintan hatte sich für mich nicht auf konkrete Weise ausgezahlt; und falls es sich auf unkonkrete Weise ausgezahlt haben sollte, so wusste ich nichts davon.
    Wären sonst etwa noch schlimmere Dinge passiert? Das konnte ich mir kaum vorstellen.
    Mein Großvater hätte vermutlich jede Nacht ganze Horden geifernder Dämonen von meinem Schlafzimmerfenster vertreiben können. Aber wie sollte ich Dankbarkeit dafür empfinden, wenn ich nichts davon wusste?
    Niall wirkte unglücklich, ein Gefühl, das ich noch nie zuvor an ihm bemerkt hatte. »Es gibt Dinge, die ich dir nicht erzählen kann«, sagte er schließlich. »Wenn ich darüber reden kann, werde ich es tun.«
    »Okay«, erwiderte ich trocken. »Aber ich muss sagen, das ist nicht gerade das Geben und Nehmen, wie ich es mir mit meinem Urgroßvater gewünscht habe. Es läuft darauf hinaus, dass ich dir alles erzähle und du mir nichts.«
    »Es mag nicht das sein, was du dir gewünscht hast, aber es ist das, was ich geben kann«, sagte Niall etwas steif. »Ich liebe dich, und ich hatte gehofft, allein darauf käme es an.«
    »Es freut mich zu hören, dass du mich liebst«, sagte ich sehr langsam, denn ich wollte nicht riskieren, dass er die fordernde Sookie einfach stehen ließ. »Aber es wäre besser, wenn du dich auch so verhalten würdest.«
    »Ich verhalte mich nicht so, als würde ich dich lieben?«
    »Du verschwindest und erscheinst, wie es dir passt. All die Hilfe, die du anbietest, ist keine praktische Hilfe wie die anderer Großväter - oder Urgroßväter. Sie reparieren das Auto ihrer Enkelin, helfen bei den Studiengebühren fürs College oder mähen ihren Rasen, damit sie es nicht selbst tun muss. Oder sie nehmen sie mit auf die Jagd. All das tust du nicht.«
    »Nein«, sagte Niall, »das tue ich nicht.« Der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Du würdest auch nicht mit mir auf die Jagd gehen wollen.«
    Okay, das würde ich erst gar nicht genauer durchdenken. »Wie wollen wir also je richtig etwas miteinander zu tun haben? Du stehst völlig außerhalb meines Lebenskreises.«
    »Verstehe«, sagte Niall ernst. »Alle Urgroßväter, die du kennst, sind Menschen, und das bin ich nicht. Aber du bist auch nicht das, was ich erwartet habe.«
    »Ja, ist mir schon klar.« Kannte ich überhaupt andere Urgroßväter? Freunde meines Alters hatten größtenteils nicht mal mehr Großväter, noch viel weniger Urgroßväter. Aber alle, die ich kennengelernt hatte, waren zu hundert Prozent Menschen gewesen. »Hoffentlich bin ich keine allzu große Enttäuschung für dich.«
    »Nein«, erwiderte er bedächtig. »Ich bin überrascht, nicht enttäuscht. Deine Handlungen und Reaktionen sind für mich genauso unvorhersehbar wie meine für dich. Wir müssen uns einander langsam annähern.« Wieder fragte ich mich, warum er sich nicht stärker für Jason interessierte. Der Gedanke an meinen Bruder versetzte mir einen schmerzlichen Stich. Eines nicht so fernen Tages würde ich mit ihm reden müssen, aber das wollte ich mir jetzt lieber noch nicht vorstellen. Fast hätte ich Niall gebeten, doch mal nach Jason zu sehen, überlegte es mir aber anders und sagte nichts. Niall musterte mein Gesicht.
    »Du verschweigst mir irgendetwas, Sookie. Ich mache mir immer Sorgen, wenn du das tust. Aber meine Liebe zu dir ist aufrichtig und tief, und ich werde für dich nach Remy Savoy suchen.« Er küsste mich auf die Wange. »Du riechst wie eine aus meinem Volk«, sagte er liebevoll.
    Und löste sich in Luft auf.
    So war auch dies wieder eines der rätselhaften Gespräche mit meinem rätselhaften Urgroßvater, das er nach eigenem Gutdünken
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