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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter
Autoren: Anna Gracie
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Gäste wirklich verschwunden sind." Er stapfte wieder in die Dunkelheit.
    Faith war erschrocken über die Feindseligkeit dieses Mannes.
    „Beachten Sie ihn nicht weiter, Miss", sagte Stevens und machte sich an dem Kessel zu schaffen. „Mac hat nicht viel mit Damen im Sinn, mit keinem weiblichen Wesen, genauer gesagt. Er hat vor ein paar Jahren eine bittere Enttäuschung erlebt, und seitdem benimmt er sich wie ein Bär mit Kopfschmerzen. Aber er bellt nur und beißt nicht."
    „Er sollte besser weder bellen noch beißen, wenn ich in Hörweite bin", meinte Nicholas Blacklock mit einem sanften, dennoch drohenden Unterton, als der Koloss ans Feuer zurückkehrte.
    Mac sah ihn erschrocken an und setzte sich hastig. „Darf ich Ihnen etwas Wein einschenken, Miss?" Seine Stimme klang widerwillig, aber durchaus höflich.
    Wie macht Blacklock das bloß?, fragte sie sich staunend, als sie den Becher mit Wein annahm. Er hob niemals die Stimme, sprach immer ruhig und sanft, und doch ertappte sie sich dabei, dass sie - und nun auch dieser Riese - stets sofort gehorchte, ohne darüber nachzudenken. Trinken Sie das. Rühren Sie um. Setzen Sie sich auf diesen Felsen. Bleiben Sie zum Essen. Sei höflich zu dieser Frau. Lag es an seiner sehr tiefen Stimme? Eine wirklich tiefe Männerstimme hatte durchaus etwas Bezwingendes, wie sie ehrlich feststellen musste.
    Stevens reichte ihr eine Schale mit Eintopf und einen Kanten Brot. „Hier, Miss, essen Sie, solange es noch heiß ist."
    „Vielen Dank, Mr Stevens." Sie wartete, bis alle ihre Mahlzeit vor sich hatten, dann schloss sie die Augen, um ein Tischgebet zu sprechen. Doch lautes Schmatzen kam ihr zuvor.
    „Miss Merrit, würden Sie bitte das Tischgebet für uns sprechen!" Blacklock, der Mann an ihrer Seite, betonte dies mit allem Nachdruck.
    Sämtliche Kaugeräusche erstarben. Stevens hielt mitten in seinen Bewegungen inne, den Löffel wollte er gerade zu seinem Mund führen. „Verzeihung, Miss", murmelte er noch kauend. Danach senkte er den Löffel weder und wartete auf das, was er fast vergessen, aber einmal gelernt hatte.
    Mit glühenden Wangen sprach Faith rasch das Tischgebet, ehe sie sich ganz auf ihren Eintopf konzentrierte. Das Fleisch war zart und wohlschmeckend, vermischt mit Kartoffelstücken und gewürzt mit Wein und Kräutern.
    „Es ist köstlich, Mr Stevens", sagte sie. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen besseren Eintopf gegessen zu haben."
    Stevens strahlte über das ganze runzlige Gesicht. „Nehmen Sie ruhig noch mehr, es ist genug da, Miss!"
    „Vielleicht hätte Miss Merrit gern eine Tasse Tee, Stevens?", schlug Blacklock vor, als sie mit dem Essen fertig waren.
    Tee! Faith wusste nicht, wann sie das letzte Mal eine anständige Tasse Tee getrunken hatte. Die Franzosen bereiteten ihn anders zu, und Felix verabscheute Tee. Er trank nur Wein oder Kaffee.
    „Ist das so, Miss?", fragte Stevens.
    „Das wäre wundervoll, d...danke." Ihre Stimme brach, weil sie plötzlich von ihren Gefühlen überwältigt wurde. Faith biss sich angestrengt auf die Lippen und kämpfte gegen ihre Tränen an. Nun hatte sie schon so viel durchgemacht, ohne auch nur eine einzige Träne zu vergießen, da war es gerade zu lächerlich, wegen etwas so Banalem wie einer Tasse Tee die Fassung zu verlieren. Vor allem jetzt, nachdem sie soeben ein köstliches Essen genossen hatte und sich zum ersten Mal seit Wochen warm und sicher fühlte. Sie würde wie eine Mimose wirken, wenn sie jetzt in Tränen ausbrach, und eine Mimose war sie nun wirklich nicht! Sie zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich energisch.
    Nicholas Blacklock beobachtete sie stirnrunzelnd. So einer Frau war er noch nie begegnet. Jung, aus gutem Haus und zierlich gebaut, war sie nur um Haaresbreite einem Gewaltakt entgangen. Und hinterher hatte sie eisern darum gekämpft, ihre Fassung wiederzugewinnen. Sie hatte den Schmerz ertragen, als Salzwasser in ihre Wunden drang, ohne auch nur einmal zu klagen. Sie hatte auch nicht gejammert, als er ihren verstauchten Knöchel bandagiert hatte. Doch jetzt kämpfte sie mit den Tränen, nur weil man ihr eine Tasse Tee angeboten hatte.
    Sie hatte Klasse, durch und durch.
    In den letzten Jahren hatte er nicht viel Umgang mit vornehmen jungen Damen gehabt - trotz der Bemühungen seiner Mutter. Aber während des Krieges, in Spanien, da hatte er ein paar von ihnen kennengelernt. Miss Faith Merrit übertraf sie jedoch noch bei Weitem.
    Irgendetwas oder irgendjemand hatte sie in
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