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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen
Autoren: Melanie Barbera
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denn sie habe andere Termine als den ganzen Tag im Heu zu verschlafen, dann erfreute sie sich ein wenig an der Tatsache, dass sie sich wieder auf fester Erde befand und ging zumindest etwas erleichtert darüber dem Tod eine weiteres Mal entgangen zu sein, zurück zum Haus.
    Die massiven, dunklen Holztüren öffnete sie mit einem hohen Jammern, um sie hinter sich wieder ins Schloss fallen zu lassen, wo sie laut knallten und die bunten Fenster dazu brachten, solidarisch mit ihnen zu zittern. Dann war es still bis auf das Staccato ihrer Stiefel auf dem steinernen Boden der Eingangshalle. Guinievaire passierte das verhasste Standbild vom Amor und Psyche, das geschmacklos war und links neben der Treppe stand, und sie folgte dem burgunderroten Läufer, der die engen Stufen herablief wie ein blutiges Rinnsal und dabei ihre Schritte dämpfte, hinauf in den ersten Stock mit der niedrigen Decke und den engen Gängen. Wegen der überdimensionalen Ausmaße des großen Salons im Erdgeschoss war dieser Teil des Hauses, der nicht für Besuch vorgesehen war, bedeutend klaustrophobischer, schmaler und enger ausgefallen. Große Ölbilder von unattraktiven Landschaften in tristem Gelb und stechendem Rot hingen an den Wänden, und dies taten sie vermutlich schon seit Jahrhunderten. Guinievaire ließ die Finger gerne über ihre rauen Oberflächen gleiten, wenn sie an ihnen vorbeiging, um dann in ihr Zimmer auf der rechten Seite zu biegen. Ihr Vater saß vermutlich im kleinen Salon, den sie beide benutzten, und las die Zeitung. Wenn sie Glück hatte, dann musste sie ihn heute nicht mehr sehen und konnte sich ungestört den Kopf zerbrechen, wie sie es in Anflügen von Panik immer wieder tat in den letzten Tagen.
    Guinievaires Zimmer hatte nichts gemein mit dem Rest des unheimlichen Hauses, weil es erst vor Kurzem renoviert worden war, um allein ihrem feinen Geschmack zu entsprechen. Die Tapeten an allen vier Wänden waren übervoll mit tausenden von pastellrosa Blüten und alles hier, das Mobiliar, der Boden, die Teppiche und die Dekoration, war bonbonfarben, glitzerte meist und war ausnehmend hübsch. Der süße Geruch ihres Parfüms hing immer in der Luft und in den schweren, pinken Vorhängen um das helle Fenster herum. Es gab ein großes Himmelbett und einen Sekretär, außerdem einen Schminktisch und eine Türe hinüber in ihr begehbares Ankleidezimmer, das beinahe noch einmal so groß war wie der eigentliche Raum. Seitdem alles neu war, hatte sie sich eigentlich beinahe gerne hier aufgehalten, aber in letzter Zeit war es schwierig für sie geworden, leider. Ein weiterer Grund, aus dem sie ausziehen wollte: alle Erinnerungen, die sie an dieses Zimmer banden, taten ihr lange nicht mehr gut.
    Seufzend löste Guinievaire ihren Hut aus ihrem etwas nassen Haar und verpackte ihn behutsam in seiner Schachtel, die in einem Regal in der Garderobe aufbewahrt wurde, zwischen zahllosen weiteren Hüten und Accessoires, Kleidern, teuren Abendroben, Jacken, Handschuhen und Schuhen. Sie knöpfte ihren Mantel auf und platzierte ihn wieder ordentlichst auf seinem Bügel, um dann zurückzukehren in ihr warmes Zimmer, wo sie sich erschöpft auf ihre herrlich weiche Matratze fallen ließ, die ihr jedoch leider keinen Trost spenden konnte in diesen erschöpften Minuten. Wann immer Guinievaire alleine war und nicht für Tony voller Zuversicht lächeln musste, da holten ihre Sorgen sie schnell ein. Es ging ihr grauenhaft seit einigen Wochen, sie konnte aber nicht mit ihm besprechen, warum, und es ging ihr nicht besser, als sie ein Blatt Papier, das sich als ein Brief an sie herausstellte, fand, während sie sich müde nach hinten fallen ließ und dabei dramatisch seufzte.
    Die lange gezogenen und elegant geschwungenen Lettern darauf waren leicht zu identifizieren. Wissend, dass er nur schlechte Nachrichten enthalten konnte, öffnete Guinievaire ihn dennoch, denn um den Freitag einigermaßen unbeschadet überstehen zu können, musste sie auch um die kleinste Eventualität wissen. Alex hatte geschrieben. Er und Cici würden kommen, denn Guinievaires Vater hatte sie eingeladen und sie wisse doch, dass die beiden gute Freunde waren. Guinievaire verdrehte die Augen an diesem Punkt, selbst wenn keiner es sehen konnte. Außerdem, so schrieb er, habe er sie lange nicht gesehen und nun etwas mit ihr zu besprechen. Großartig. Das hatte Guinievaire auch.
    Sie erhob sich und legte den Brief zu den anderen in ihrem Sekretär, zu den Schreiben und den Kärtchen, die sich
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