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Ein neuer Anfang?

Ein neuer Anfang?

Titel: Ein neuer Anfang?
Autoren: SHARON KENDRICK , Pößneck GGP Media
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Blumenkasten mit einigen kümmerlichen Narzissen von derselben Farbe wie die Haustür. Die Blumen wirkten staubig, und sie hätten Wasser brauchen können. Doch sie lebten und wuchsen: ein Zeichen der Hoffnung.
    Der Stein, in den sich sein Herz verwandelt hatte, bekam die ersten Risse. „Das hier ist es“, sagte Adam rau. „Das war unser Haus.“
    Er blickte die schmale, heruntergekommene Straße entlang. Zum ersten Mal betrachtete er seine Kindheit aus einer anderen Perspektive. Aus der Sicht seiner Mutter. Wie mochte sie ihre Existenz hier erlebt haben? Er hatte ihr Verhalten damals verurteilt und sie gehasst. Verständlicherweise, nachdem sie ihn betrogen und verlassen hatte. Nie hatte er ihren Kampf ums Überleben und die Mühe gewürdigt, die es sie gekostet haben musste, ihn zu ernähren und einzukleiden.
    Adam versuchte, sich Kiloran oder eine andere Frau in derselben Situation vorzustellen. Allein, schwanger, ohne Ausbildung oder jemanden, der ihr Kind betreuen konnte. Solche Bedingungen waren auch dieser Tage noch kein Zuckerschlecken für allein stehende Frauen. Damals musste es schrecklich gewesen sein. Ein Leben ohne jede Zukunft. Ein bloßes Dahinvegetieren in tiefer Armut, von der Gesellschaft abgelehnt und verachtet.
    Konnte er es seiner Mutter wirklich verübeln, dass sie ihr einziges Kapital eingesetzt hatte, um ihre Lage zu verbessern? Dass sie mit ihrer Jugend und Schönheit versucht hatte, einen Mann zu finden, der sie lieben und für sie sorgen würde? Adam war einer der Hauptgründe für ihre missliche Lage gewesen, auch wenn ihn daran keine Schuld traf. Ein Kind bedeutete Verpflichtungen und Einschränkungen. Seine Mutter hatte ihre Sache vielleicht nicht besonders gut gemacht, doch wahrscheinlich hatte sie es nicht besser gewusst.
    Adam sah Kiloran an, die immer noch das Haus betrachtete. Dann lächelte er zynisch. Fast wie in alten Zeiten. „Ziemlich klein, was?“
    Sie hielt seinem Blick stand. „Ja, das stimmt. Aber es ist egal, ob groß oder klein. Erst das Innere eines Hauses macht es zu einem Heim.“
    Er merkte, dass auch sie mit gemischten Gefühlen an ihre Kindheit zurückdachte. Ihre Familie hatte zwar Geld, doch das zweifelhafte Benehmen ihrer Mutter war für ein sensibles junges Mädchen wie sie sicher oft peinlich gewesen.
    In diesem Moment wurde ihm klar, dass seine Herkunft keine Rolle mehr spielte. Jetzt zählte nur noch, was aus ihm geworden war. Was für ein Mann war er? Würde er sich mögen, wenn er es wusste? Und Kiloran?
    „Lass uns gehen!“ sagte er unvermittelt.
    „Willst du nicht wenigstens klingeln?“
    Adam sah sie erstaunt an. „Wozu denn das?“
    „Vielleicht wissen sie, wohin deine Mutter …“
    Er schüttelte den Kopf. „Sieh dich doch um, Kiloran! Hier wohnen Menschen, die nicht lange bleiben. Nirgendwo. So war es früher, und so ist es immer noch.“
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Ist dir noch mehr eingefallen?“
    Wieder schüttelte er den Kopf, fast als wollte er die Erinnerungen abschütteln.
    Zurück wählten sie einen anderen Weg, der sie an der alten Bäckerei vorbeiführte. Adam blieb vor dem Schaufenster stehen und sah starr die Attrappe einer Hochzeitstorte an, die in der Mitte der Auslage stand. Seit er sich erinnern konnte, stand diese Torte schon dort.
    Jetzt war es, als hätten sich die Schleusen mit einem Mal aufgetan. Er erinnerte sich. Bilder und Szenen überfluteten ihn beinah.
    „Adam?“ Kiloran berührte vorsichtig sein Gesicht, denn Adam war plötzlich aschfahl geworden und stand offensichtlich unter Hochspannung. „Adam, was ist los?“
    Wieder schüttelte er den Kopf. Wie benommen stand er da, während Szenen aus Vergangenheit und Gegenwart wild durcheinander und beängstigend real vor seinem geistigen Auge auftauchten. Seine Mutter war damals verschwunden, und danach hatte er niemanden mehr gehabt. Lange Zeit hatte er sich in einem seltsam sinn- und ziellosen Zustand befunden. Seither hatte er sich leer gefühlt.
    Kiloran wusste nicht, wie lange sie dort vor dem Schaufenster gestanden hatten. Doch als Adam irgendwann nickte, als wäre etwas vollendet, wusste sie, ohne zu fragen, dass sein Gedächtnis praktisch von einer Minute auf die andere zurückgekehrt war.
    „Erinnerst du dich?“ flüsterte sie.
    „Ja. Ja, ich erinnere mich. Jetzt weiß ich wieder, warum ich bei euch gearbeitet habe. Meine Mutter hatte Schulden hinterlassen, und mein Ruf war ruiniert.“
    „Adam …“
    „Nein.“ Er wollte weder
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