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Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Titel: Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
Autoren: Christian Knieps
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zu verziehen, und ganz gleich, ob es das Lächeln oder die Worte meiner Mutter waren, ließ mein Vater von mir ab und wandte sich zurück in Richtung des Hotels.
    „Dann wollen wir jetzt was zu Abend essen!“ sagte er und nahm wieder seinen gewohnten Schritt auf.
    Meine Mutter und ich folgten ihm schweigend. Meinen Arm eingehakt stützte mich meine Mutter und tätschelte dabei meine Hand, als wäre ich ein altes Großmütterchen, das beim Gehen beschützt werden müsse. Und tatsächlich hatte ich mich noch nie so alt gefühlt wie in diesem Moment, als mir die Knie weich wurden. Der Schatten im Fenster blieb im Übrigen verborgen, bis wir zusammen das Hotel erreichten und das Fenster aus meinem Blickwinkel verschwand.
    Menschen können sich selbst verrückt machen, indem sie sich Sachen einreden, die nicht existieren, die sie aber für existent halten. Mit diesem Gefühl saß ich in dem kleinen Speisesaal des Hotels, wartete gemeinsam mit meinen Eltern darauf, dass sich Teresa oder Francis blicken ließen und dachte darüber nach, ob ich jemals wieder den Mut finden würde, in dieses Zimmer zu gehen. Doch wie auch vorhin schon war die Angst, als kleines Mädchen vom Vater betüddelt zu werden, viel zu groß, sodass ich meine Sorgen von mir fort schob und versuchte, meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
    Zum Glück kam Teresa bald nachdem wir Platz genommen hatten. Da sie neben dem Dienstmädchen auch die Bedienung dieses Hotels war, nahm sie unsere Bestellung auf, korrigierte meinen Vater bei zwei Gerichten, wo das Hotel zwar über das Gros der Zutaten verfügte, aber nicht über alles und am Ende hatten sich mein Vater und Teresa auf ein Menü geeinigt, dass sie als eine gute Wahl versprach. Sie verschwand in der Küche – sicherlich um das Menü mit Francis durchzusprechen – und kam mit mehreren Flaschen Wein und Sekt zurück, von denen sich mein Vater einen Wein aussuchte. Auch diesen nannte Teresa eine gute Wahl titulierte, obgleich ich wusste, dass meinem Vater auch französischer Landwein als Prachtwein verkauft werden konnte – und er es nicht einmal gemerkt hätte.
    Mein Vater gab zu verstehen, dass auch ich ein Glas Wein trinken dürfe – weil ich doch bald achtzehn würde –, und ich vermied es in diesem Augenblick zu erwähnen, dass ich bereits vor einigen Jahren das erste Glas Wein bei meiner Tante getrunken hatte. Ich gab mich ganz als kleine Lady und nippte nur langsam an dem angeblich so neuen Getränk, ließ die klugen Sinnsprüche meiner Eltern über mich ergehen und hüstelte bei einem größeren Schluck, um die kleine Farce vollständig zu machen.
    Alsdann wurde bereits aufgetragen – es gab Suppe als Vorspeise und so schnell sie zubereitet worden war, so schnell war sie auch verspeist, sodass wir Zeit besaßen, eine weitere, uns bisher nicht bekannte Familie kennen zu lernen, die ebenfalls in diesem Hotel Urlaub zu machen schienen.
    Peter Boughound, genauer gesagt 3rd Baron Boughound, machte mit seiner Frau, Baroness Amber Boughound, und Tochter Esther ebenfalls Urlaub in diesem Hotel. Die Familie befand sich gerade in der zweiten Woche. Baron Boughound stammte aus dem englischen Adel und obwohl sein Großvater ein bedeutendes Mitglied des englischen Unterhauses gewesen war, woraus sich auch der Baron-Titel erklärte, war Baron Peter Boughound vielleicht der ärmste englische Adelige, den ich jemals kennen lernen durfte. Nicht nur, dass sein Vater, der 2nd Baron Boughound, das gesamte Vermögen des Vaters an der Börse durchgebracht hatte, nein, er hatte auch dem Sohnemann einen riesigen Schuldenberg hinterlassen, den dieser selbst nach der Hochzeit mit Baroness Amber nur ansatzweise zu tilgen vermochte. Wenn nicht der liebenswürdige Vater Ambers wäre, der für diese kleine Familie alles tat, was in seiner Macht stand, um seiner Enkeltochter Esther ein gutes Leben zu ermöglichen, wäre diese Familie trotz adeliger Abstammung hoffnungslos verloren.
    Während der Baron und die Baroness joviale Zeitgenossen waren, die sich sofort mit meinen Eltern verstanden, war das Verhältnis zur gleichaltrigen Esther mehr als unterkühlt. Auf keine meiner Fragen gab Esther eine ausführliche Antwort. Zudem sah sie sehr kränklich aus. Ihr Gesicht war eingefallen, die Haut war aschfahl und kaum ein Zeichen des Lebens versprühten ihre Augen. Doch ihr kränkliches Aussehen wurde noch gesteigert, als sie sich hinsetzte und kurz das Gesicht verzog, als hätte sie nicht gerade geringe
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