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Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)

Titel: Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
Autoren: Christian Knieps
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soeben ein Paar mittleren Alters um die Ecke des Hotels. Die Dame trug einen langen Mantel, dessen Enden im Wind wehten, während sie damit beschäftigt war, mit dem Hut zu kämpfen, der aufgrund seiner Größe wegzuwehen drohte. Der Mann dagegen trug – wie Elle mir am Abend erklärte – einen modischen Frack nach neuestem Londoner Schnitt und einen Hut, der höher war als alle Hüte, die ich jemals auf dem Kopf eines Mannes gesehen hatte. Die beiden stellten sich uns als Edward und Josephine Pennymaker vor.
    Auch das Geheimnis seines riesigen Hutes wurde gelüftet, als Edward Pennymaker erklärte, dass er in London einen kleinen Laden für extravagante Hutmoden habe. Erst jetzt bemerkte ich, dass der Hut, den Josephine Pennymaker trug, ebenfalls seltsam war, nicht in der Form, sondern im Stoff. Ich war mir sehr sicher, dass es bestimmt irgendein neuartiger Stoff war, von dem alle jungen Mädchen in Plymouth sprachen und niemand wusste, wie diese Stoffe nun aussahen.
    „Neue Gäste sieht man immer gerne“, sagte Mr. Pennymaker, aber seine Stimme klang nicht so, als würde er seine Aussage ernst meinen.
    „So? Wie lange sind Sie denn schon vor Ort?“ fragte mein Vater, nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt hatten.
    „Seit sieben Wochen!“ meinte Mrs. Pennymaker, und betonte die Zahl sieben sehr deutlich. „Wir haben noch drei weitere vor uns. Der Arzt sagte…“
    „Sprich doch nicht immer vom Arzt, Liebling“, fuhr ihr Mann in einem Tonfall dazwischen, der das Wort Liebling seltsam klingen ließ. „Die anderen Gäste interessieren sich nicht dafür, ob es mir gut oder schlecht geht!“
    „Na jedenfalls“, fuhr Mrs. Pennymaker unbeirrt fort, „hat der Arzt gemeint, dass Edwards Nervenleiden schneller ausheilen würde, wenn er weit weg von seinem Geschäft sei. So weit wie nur möglich!“
    „Und deswegen sind wir nach Cornwall gefahren“, sagte Mr. Pennymaker und hatte scheinbar nun nichts mehr dagegen, dass seine Frau den Arzt und seine Leidensgeschichte erwähnt hatte.
    „Woher kommen Sie, wenn ich fragen darf?“ wollte Mrs. Pennymaker wissen.
    „Aus Plymouth“, antwortete mein Vater, „und Sie haben Recht – wir sind heute angekommen und hoffen, hier vor Ort drei ruhige Wochen zu verleben. Meine Frau feiert zwischendrin einen runden Geburtstag, da…“
    „Den vierzigsten, nehme ich an“, meinte Mr. Pennymaker, doch ich sah ihm direkt an, dass er meiner Mutter nur schmeicheln wollte.
    „Den fünfzigsten“, antwortete meine Mutter jedoch mit leichter Röte im Gesicht.
    „Meine Güte – Sie sehen keinen Tag älter als vierzig aus! Auf mein Wort! Auf meine Ehre!“ lobte Mr. Pennymaker und lobte einmal zu viel, womit sein Charme einfach sinnlos verpuffte.
    „Sie schmeicheln mir“, sagte meine Mutter, und ich merkte an ihrem Unterton, dass ihr die Schmeichelei nicht so gefiel, wie sie es mit Worten ausdrückte.
    „Nun, wie gesagt“, unternahm mein Vater einen neuerlichen Versuch, „wollen wir hier drei ruhige Wochen verbringen…“
    „Drei ruhige Wochen?“ unterbrach Mr. Pennymaker erneut, sodass mein Vater über dessen rüdes Verhalten leicht erbost war, „die bekommen Sie hier nie! Denn Sie müssen wissen, dass es hier…“
    „Edward!“ keifte mit einem Mal seine Frau dazwischen.
    „Was denn? Die neuen Gäste haben ein Anrecht darauf zu erfahren, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht.“
    „Aber du weißt doch gar nicht, dass es hier spukt“, sagte Mrs. Pennymaker und hielt sich sogleich den Mund zu, als ihr auffiel, dass sie das Geheimnis selbst ausgeplaudert hatte.
    „Meine Dame“, sagte mein Vater mit einer milden Tonlage, „wir haben bereits von mehreren Personen gehört, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugehen soll, aber ich kann Ihnen sagen, dass sich das ganze bestimmt auf normale Weise erklären lässt. Immerhin geht hier vor Ort ein steifer Wind und…“
    „Haben Sie zufällig den Mann vorbeifahren sehen, der heute Morgen blitzartig das Hotel verlassen hat?“ fragte nunmehr Mrs. Pennymaker, ohne die Erklärung meines Vaters bis zum Ende hören zu wollen.
    „Ja, das haben wir!“ meldete ich mich zu Wort, denn ich freute mich, dass auch außerhalb meiner Familie jemand das Gefühl hatte, dass an diesem Ort nicht alles mit den rechten Dingen zuging. „Als wir zwischendurch Rast hielten, sprengte ein Zweispanner vorbei, und im Wagen saß ein Mann, der mehr als verwirrt schien – fast sogar verrückt.“
    „Das ist er bestimmt gewesen! Nein,
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