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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben
Autoren: Hans Fallada
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sich Vorwürfe.
    »Ja, hier Siebrecht.«
    »Hier Ilse. Ich möchte dich heute abend noch gern sprechen, Karl … Es ist dringend, verstehst du!«
    »Ja. Ich komme gerne, Ilse …« Er flüsterte nur. Er sah vom Telefon die Hallentreppe, Herthas Tür: es war schlimm, ein schlechtes Gewissen zu haben.
    »Willst du in einer Viertelstunde im Garten bei uns sein?«
    »Aber gern, nur wird es etwas länger dauern. Ich habe meinen Wagen nicht hier.«
    »Ja, ich habe es schon von Vater gehört. Sie haben es ihm vom Geschäft telefoniert. – Also, so bald wie möglich!«
    »Natürlich, Ilse. Wenn ich ein Taxi erwische, bin ich in einer Viertelstunde dort. Sonst spätestens in einer halben.«
    »Gut, ich warte auf dich, Karl. – Aber bestimmt, ganz bestimmt, Karl! Es muß heute noch sein!«
    »Es wird heute sein, Ilse, sehr bald.« Er hängte den Höreran und drehte dabei der Treppe den Rücken. Als er sich wieder umwandte, sah er Hertha die Stufen herabkommen. Sie lächelte ihm zu.
    »Einen Augenblick, bitte, Karl«, sagte sie. »Mir ist eben etwas eingefallen.«

119. Du sollst frei sein!

    Sie setzte sich in einen Sessel und sagte zu ihm, der zögernd, unentschlossen vor ihr stand: »Ich muß dich etwas fragen. Mir ist eben etwas eingefallen.«
    »Ja, bitte?« sagte er langsam und setzte sich.
    Sie sah völlig verändert aus, sie
war
völlig verändert. Als habe sie eine sehr gute Nachricht bekommen. Ihre Wangen hatten Farbe, in ihren Augen war Licht, in ihrer Stimme Wärme, ihre Bewegungen waren rasch und sicher. »Entschul dige «, sagte sie, »ich habe vorhin nicht recht zugehört. Ich war in Gedanken. Es fiel mir wieder ein, als ich oben war. Du hast das Auto verkauft?«
    »Ja …«
    »Und du willst die Möbel verkaufen?«
    »Ich weiß noch nicht. Ich habe mich nie ganz an sie gewöhnt. Sie sind wirklich sehr dunkel.«
    »Du bist also in Schwierigkeiten, Karl?«
    »Gott, Schwierigkeiten … Ich bin ein wenig knapp, aber ich denke, ich werde das schon in allernächster Zeit regeln.«
    »Durch den Möbelverkauf?«
    »Auch. Wie gesagt, das ist noch nicht entschieden.«
    »Und wo sollen wir dann wohnen?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Du verstehst, es war erst eine Idee.«
    »Dachtest du, ich sollte zu Vater zurückgehen, und du würdest wieder irgendwo hausen, wie früher –«
    Er antwortete gereizt: »Ich habe noch gar nichts gedacht. Es war nur eine Idee. Ich denke nicht mehr daran.« Er stand halb auf. »Vielleicht entschuldigst du mich jetzt, Hertha. Ichhabe ziemliche Kopfschmerzen. Ich wollte noch ein paar Schritte gehen.«
    »Einen Augenblick nur noch, Karl! Warum hast du mir von diesen Schwierigkeiten nichts gesagt?« – Er schwieg. – »Hast du mit anderen darüber gesprochen?«
    »Es ist im Geschäft natürlich bekannt. Es handelt sich um einen persönlichen Vorschuß von mir. Bremer fing an zu drängeln.«
    »Bremer? Siehst du!«
    »Er ist schon erledigt. Ich habe ihn für zwei Monate in Urlaub geschickt, und wahrscheinlich wird er nicht wieder zurückkommen.«
    »Hast du sonst noch mit jemand über diese Sache gesprochen, außer mit denen im Geschäft?«
    »Ja …«
    »Mit wem?«
    »Mit Ilse Gollmer – gestern abend.«
    »Und warum hast du mit mir nicht davon gesprochen?«
    »Ich wollte mit dir davon sprechen, auch gestern.«
    »Und warum hast du es nicht getan?«
    »Weil die Sache mit Senden dazwischen kam. Du gabst mir schon für ihn Geld. Ich wollte dich nicht noch einmal bitten. Übrigens hatte ich das im Augenblick ganz vergessen. Ich ärgerte mich so, daß ich den Scheck für Senden in der Tasche hatte.«
    »War es wirklich so? Wolltest du wirklich auch mit mir davon reden oder nur mit anderen?«
    »Ich wollte mit dir davon reden. Lange hatte sogar schon einen Vertrag deswegen aufgesetzt, in dem ich dir die Möbel übereignete. Ich hatte ihn in der Tasche, als ich gestern bei dir war.«
    »Hast du ihn jetzt auch bei dir?«
    »Ja.«
    »Bitte, gib ihn mir, Karl, ich möchte ihn einmal durchsehen.«
    Bittend sagte er: »Muß das alles gerade jetzt sein, Hertha?Können wir das nicht morgen erledigen? Ich wäre wirklich gern noch ein wenig gegangen.«
    »Du kannst sofort gehen. Ich möchte nur erst den Vertrag sehen. Ich muß wissen, Karl, ob du gestern wirklich mit mir darüber reden wolltest.«
    »Es müßte dir eigentlich genügen, wenn ich es dir sage, Hertha.«
    »Muß es mir wirklich genügen? Glaubst du das wirklich, Karl? Bitte, gib mir den Vertrag.« – Er
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